Digitalisierung: Chance für besseres ÖPNV-Angebot!

Noch nutzerfreundlicher dank Digitalisierung! Dass das möglich ist, zeigen Beispiele wie die Oystercard in London. Denn statt umständlich vor dem Fahrscheinautomaten zu grübeln, ob es nun günstiger ist, eine Monatskarte, Wochenkarte, Kurzstrecke oder Einzelfahrscheine zu kaufen, wird automatisch am Monatsende der günstigste Tarif berechnet. „Das ist ein Serviceplus – gerade für jene, die nur gelegentlich den ÖPNV nutzen und die sich im Tarifdschungel nicht so gut auskennen.“, so Stadtrat Timothy Simms. „Und die Daten, die über digitale Fahrscheine und Abrechnungen erhoben werden, können für eine bessere Verkehrsplanung genutzt werden.“ Was in London geht, wäre auch für die Regio ein Gewinn.

Digitale Tarifsysteme können darüberhinaus auch die Möglichkeit bieten, kilometergenau abzurechen. Neben dem Erfolgsmodell Regiokarte könnten so auch in Regio-Verkehrsverbund weitere attraktive Tarife entwickelt werden. Gemeinsam mit der FDP hat die Grüne Fraktion eine Anfrage zum Thema gestellt.

Chancen der Digitalisierung nutzen – Digitale Bezahlsysteme im ÖPNV – Interfraktionelle Anfrage nach §24 GemO

Sehr geehrter Oberbürgermeister Horn,

Stadtrat Timothy Simms
Stadtrat Timothy Simms (Bild: Britt Schilling)

Die Digitalisierung ermöglicht es, den ÖPNV noch nutzerfreundlicher zu gestalten. Von digitalen Bezahlsystemen wie beispielsweise der Oyster Card in London oder der OV Card in den Niederlanden profitieren sowohl der Kunde – der sicher sein kann, immer den günstigsten Tarif zu wählen – als auch das Verkehrsunternehmen, welches Zugang zu detaillierte Daten des Kundenverhalten bekommt. Diese Daten können die Basis sein für Verbesserungen des Angebots, für die Verkehrsplanung oder auch für eine Verteilung der Fahrscheinerlöse unter den Unternehmen.

Stadtrat Gerhard Frey
Stadtrat Gerhard Frey (Bild: Britt Schilling)

Digitale Bezahlsysteme sind darüberhinaus eine Basis für eine Weiterentwicklung bestehender Tarifsysteme. So sind Luftlinientarife (wie z.B. im Verkehrsverbund Rhein-Neckar) oder andere streckenbasierte Tarife möglich. Gemäß Anlage der Drucksache G-17/096 (Punkt III aktuelle Themen ZRF) gibt es auch bereits Überlegungen für unseren Verkehrsverbund und konkrete Planungen zur Einführung von verbundübergreifenden Tarifsystemen, die zumindest baden-württembergweit gelten sollen. Aus unserer Sicht sollten die Chancen, die digitale Bezahlsysteme im ÖPNV bieten, ergriffen werden. Wir fragen daher:

  1. Welches der oben genannten Systeme aus anderen Städten bzw. Ländern würde sich am besten für unsere Region eignen? Welche anderen digitalen Bezahlsysteme sind der Verwaltung bzw. städtischen Gesellschaften bekannt?
  2. Welche Vorteile haben zur Einführung dieser Systeme geführt und gibt es bereits Evaluationen zu Erfolgen dieser Modelle? Wurden Einnahmeverbesserungen erzielt? Wie hoch waren die Kosten für die Einführung und wie ist das Verhältnis zu möglichen Effizienzsteigerungen und Mehreinnahmen zu bewerten?
  3. Welche technischen Systeme für die  Abrechnung und Bereitstellung eines neuen Tarifmodels hinsichtlich der Lesegeräte, Kartensysteme, digitalen Apps, Software etc. erscheinen aus heutiger Sicht hinreichend zukunftssicher und kompatibel, um mit ihnen einen solchen Wechsel durchzuführen
  4. Lassen sich mit Blick auf den Datenschutz personalisierte Systeme darstellen, die hinreichend vor dem Missbrauch der Daten, z.B. für die Erstellung von Bewegungsprofilen, geschützt sind oder sind anonymisierten Systeme zu bevorzugen, bei denen erst gar kein Personenbezug hergestellt werden kann. Oder müssen mit Blick auf die bisherigen Systeme beide Varianten parallel angeboten werden?
  5. Wie sind die Positionen der einzelnen Verbundpartner im RVF zu solch einem Tarifsystemwechsel?
    Lassen sich durch diese Maßnahme neue Nutzergruppen für den ÖPNV generieren?
  6. Welche Nutzergruppen könnten am meisten von einem solchen System profitieren? Gibt es auch Gruppen, bei denen ein solcher Systemwechsel mit Nachteilen verbunden wäre?
  7. Wie könnte die Abrechnung bzw. die bisherige Verteilung der Einnahmen aus dem Kartenverkauf auf die einzelnen Verbundpartner profitieren?
  8. Wie lässt sich das bisherige Erfolgsmodell der Regiokarten in einem solchen System, beispielsweise durch Deckelung der Tarife ab einer gewissen Strecke oder Anzahl von Fahrten, integrieren? Wie lassen sich in einem solchen Tarifmodell Vergünstigungen für bestimme Personengruppen (Schüler_innen, Student_innen, Sozialticket etc.) abbilden?
  9. Wie sind die Möglichkeiten zu bewerten, ein solches digitales Tarifmodell auch für die Nutzung weiterer Verkehrsträger, insbesondere auch mit Blick auf car-Sharing oder Ebike-Sharing, zu nutzen? Könnte dies auch im Rahmen von frei.mobil bei der VAG erfolgen?
  10. Wie schnell ließe sich die Einführung eines solchen Systems realisieren und inwieweit müssen hier Planungen für verbundübergreifende, baden-württembergweite oder gar deutschlandweite und europaweite Lösungen berücksichtigt werden, um in Zukunft kompatible Systeme zu gewährleisten.
  11. Lässt sich für die Region eine grobe Kalkulation über die Kosten der Einführung sowie möglicher Effizienzgewinne und möglicher Mehreinnahmen analog zu Punkt 2 anstellen?

Mit freundlichen Grüßen

Gerhard Frey, stellvertretender Fraktionsvorsitzender Bündnis 90/Die Grünen
Timothy Simms, Stadtrat Bündnis 90/Die Grünen

Sascha Fiek, Stadtrat FDP
Christoph Glück, Stadtrat FDP