Rede

„Bittere Entwicklung am Wohnungsmarkt“

Rede von Stadtrat Simon Sumbert zu TOP 14 der Gemeinderatssitzung vom 21.10.2025 „Halbzeitbilanz ‚Gesamtkonzept bezahlbar Wohnen 2030’“ (G-25/157)

Sehr geehrter Oberbürgermeister Horn,
sehr geehrte Bürgermeisterin und Bürgermeister,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
liebe Anwesende,

Freiburg ist eine schöne Stadt, Freiburg ist eine junge Stadt, Freiburg ist eine universitär geprägte Stadt und gerade deshalb ist Freiburg, gemessen am Durchschnittseinkommen der Bewohner*innen hier auch keine reiche Stadt. Umso bitterer ist die Entwicklung am Wohnungsmarkt, die sich in den letzten Jahren und Jahrzehnten in Freiburg ihre Bahn gebrochen hat. 17,40 Euro/Quadratmeter ist die durchschnittliche Angebotsmiete in Freiburg letztes Jahr gewesen.
Das ist eine Zahl, die sitzt und die immer schlimmer wird: Allein in den letzten zwei Jahren ist dieser Wert auf dem Wohnungsmarkt um 13% gestiegen.

Die rasende Beschleunigung am Wohnungsmarkt ist neben der Klimakrise das dringendste Problem in unserer Stadt, auch weil es die Menschen hier ganz unterschiedlich stark betrifft. Wer sich eine Eigentumswohnung leisten kann, dem kann die Mietpreissteigerung vordergründig egal sein, aber Menschen mit weniger Geld, junge Studis und Familien, deren lebens- und Wohnsituation sich ändert, die sind dieser Entwicklung voll ausgesetzt.

Stadtrat Simon Sumbert (Photo: Britt Schilling)

Bevor ich selber eine Bilanz der Bilanz ziehe ist mir deshalb wichtig eines vor der Klammer zu sagen: Die immer steigenden Mieten, bedeutet dass sich unsere Stadt auch dann verändern würde, wenn wir das nicht wahrhaben wollen und zwar indem immer mehr Mieter*innen, die hier seit Jahren und Jahrzehnten wohnen, sich dieses Wohnen nicht mehr leisten könnten.

Und deswegen ist es wichtig immer wieder zu betonen, dass alles was wir wohnungspolitisch machen, insbesondere die neuen Baugebiete im Dietenbach, im Zinklern und in Kleinescholz machen wir nicht nur für Menschen, die neu in unsere Stadt kommen, sondern auch dafür, dass Freiburger*innen hierbleiben können und vor dieser Perspektive finde ich die Kritik an Baugebieten wie Dietenbach, gerade wenn sie aus einer sehr privilegierten Position heraus geäußert wird, mittlerweile echt wohlfeil.

Die Maßnahmen, die wir vor zwölf und fünf Jahren beschlossen haben, sind in den großen Linien gesprochen aus unserer Sicht gut und richtig. Es ist eine gute Sache, dass zumindest die Zahl der Sozialwohnungen in Freiburg entgegen dem Bundestrend steigt, dasselbe gilt für die Umsetzung der 50-% Quote für sozial geförderten Miet-Wohnraum und die Grundsatzentscheidung, dass wir keine städtischen Grundstücke mehr verkaufen, sondern in die andere Richtung gehen und versuchen mehr Steuerung und Handhabe über die Grundstücke in unserer Stadt zu bekommen.

Und gleichzeitig muss man festhalten, dass die Bilanz mir beim Lesen auch ein ungutes Gefühl verursacht hat, gerade weil die Wohnungssituation in Freiburg so krass ist. Die Mieten steigen, genauso wie die Zahl der Wohnungslosen in unserer Stadt und zu Beginn der Vorlage steht der bittere Satz: „Zusammenfassend muss festgehalten werden, dass sich trotz aller Bemühungen und Maßnahmen, die Wohnraumversorgung vor allem für Haushalte mit niedrigen und mittleren Einkommen nicht nachhaltig verbessern konnte.“

Dieser Satz muss und soll keine vernichtende Kritik sein, gerade weil es ja offensichtlich ist, dass wir auf kommunaler Ebene nur begrenzte Möglichkeiten haben, aber er sollte schon als Auftrag verstanden werden, nicht nur dranzubleiben, sondern immer wieder kritisch zu überprüfen, wie es noch besser gehen könnte.

In der Bilanz habe ich an vielen Stellen aber den Eindruck, dass es nicht darum geht, kritisch in der Sache und kritisch auf Ergebnisse, sondern lobend auf Bemühungen zu schauen. Das finde ich schwierig. Zum einen, weil ich glaube, dass ein solcher Blick verhindert, dass wir in der Sache noch besser werden. Ohne kritische Nachfragen im Bauausschuss, hätten wir aus der Bilanz beispielsweise nie entnehmen können, dass unsere Wohnungstauschbörse nicht so erfolgreich ist, wie sich das in der Bilanz liest und dann hätten wir heute auch keinen Antrag stellen können, wie man dieses Instrument vielleicht verbessern könnte. Auch an anderen Stellen fehlen Basis- und Vergleichswerte, sowie Angaben, wieviel Ressourcen in welches Projekt fließen. All das wäre für eine kritisch-konstruktive Evaluation wichtig gewesen und in dieser Hinsicht ist die Bilanz daher leider schon eine verpasste Chance.

Zum anderen befremdet es aber auch auf einer politischen Ebene, weil ich denke, dass gerade in Zeiten, in denen die tatsächlichen Lebens- und Wohnkosten für die überwiegende Mehrheit in unserer Stadt steigen und steigen und das Vertrauen in die Politik sinkt, wichtig ist, dass wir sagen, was ist. Die Wohnungsnot in Freiburg ist das größte Problem und zumindest in meinem Umfeld nehmen es einem die Menschen richtig übel, wenn man versucht die aktuelle Situation als Erfolg zu verkaufen. Am Ende des Tages gewinnt man in Politik eben nicht durch die Anzahl an Ausrufezeichen in einer Drucksache Vertrauen, sondern durch eine spürbare Verbesserung der Lebensrealität der Menschen und in dieser Hinsicht, kann niemand hier zufrieden sein.

Für uns als Grüne gilt deshalb nach wie vor: Wir tun an ganz vielen Stellschrauben, was wir tun können, um die Wohnungsnot abzumildern, aber es gibt zumindest bisher keine einfachen Lösungen und deswegen versprechen wir auch keine. Aber was wir versprechen ist, dass wir Kurs halten, wenn es darum geht das Thema zu priorisieren, nicht aufzuhören nach kleinen und großen Schritten zu suchen, die helfen und politisch Druck aufzubauen, dass wir auch auf anderen politischen Ebenen mehr Unterstützung bekommen.

Dankeschön an alle, die täglich daran arbeiten!

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