Zur aktuellen Freiburger Wagenburg-Debatte

Stadtrat Timothy Simms
Stadtrat Timothy Simms (Bild: Britt Schilling)

Stellungnahme von Stadtrat Timothy Simms, stellvertretender Fraktionsvorsitzender von B90/Grüne im Freiburger Stadtrat, vom 08.10.2014

Wie stehen die Freiburger Grünen und die Gemeinderatsfraktion zu Wagenburgen?

Für uns Grüne gehören Wagenburgen und andere Formen experimentellen Wohnens zu Freiburg. Neben einer ganzen Reihe von Stellflächen auf privatem Gelände (z.B. Susi/Vauban) gibt es insgesamt drei Wagenburgen auf städtischen Flächen, darunter zwei soziale Projekte. In unserem Wahlprogramm zur Kommunalwahl 2014 haben wir diese positive Grundhaltung zu Wagenburgen bekräftigt.

In Freiburg sind Flächen sehr knapp und der Wohnungsmarkt ist sehr angespannt. Deshalb versucht die Stadt auch Flächen für einen neuen Stadtteil zu finden. Bis dahin hoffen wir, dass durch Innenentwicklung zusätzlicher Wohnraum geschaffen werden kann. Aktuell kommt noch das Thema Flüchtlingsunterbringung dazu: Auch hier benötigt die Stadt dringend Flächen und Wohnmöglichkeiten für Menschen, die aus Krisengebieten kommen und in unserer Stadt Zuflucht suchen.

In dieser schwierigen Situation sind wir der Auffassung, dass neue Wagenflächen auf städtischem Gelände vorrangig als Zwischennutzung möglich sind – auf Gelände, das aktuell keiner anderen Nutzung unterliegt. Wir sind auch der Auffassung, dass es nicht Aufgabe der Stadtverwaltung ist, aktiv nach solchen Flächen zu suchen, wohl aber diese wohlwollend zu prüfen, wenn Vorschläge auf dem Tisch liegen (ebenso wie es auch nicht Aufgabe der Stadt ist, jemandem mit Bauwunsch das passende Grundstück zu suchen). Einen entsprechenden Antrag haben wir im Mai gemeinsam mit den Unabhängigen Listen gestellt, er fand eine große Mehrheit im Gemeinderat. Es wurden fünf Flächen geprüft, die sich aber leider als baurechtlich nicht realisierbar erwiesen. Damit sind ältere, sehr restriktive Beschlüsse aus den 90er Jahren, die seinerzeit gegen die Grünen gefasst wurden, hinfällig. (Meine Rede, die ich damals im Gemeinderat gehalten habe, findet ihr hier.)

Warum ist es so schwer, einen Wagenplatz zu finden?

Unsere Rechtsordnung macht es schwer, eine Wagenburg rechtssicher auf einem Gelände zu ermöglichen. So scheiden beispielsweise Gewerbe- und Industriegebiete weitestgehend aus, weil die Baunutzungsverordnung das Wohnen in diesen Gebieten sehr stark einschränkt. Auch landwirtschaftliche Flächen sind in Freiburg sehr knapp, und viele andere Flächen unterliegen verschiedenen Schutzstufen – z.B. als Naturschutzgebiet oder regionaler Grünzug. Änderungen im Zuge eines Bebauungsplans, um beispielsweise eine Sonderfläche „Experimentelles Wohnen“ auszuweisen sind langwierig und stehen zudem dem Wunsch nach reiner Zwischennutzung entgegen. Angesichts der oben geschilderten Flächenknappheit ist es auch kaum vermittelbar, Wagenburgen hier vor anderen Nutzungen zu bevorzugen. Mitglieder der Fraktion unterstützen die Wagengruppe „Sand im Getriebe“ aktiv auf der Suche nach Flächen.

Der einfachste Weg scheint zu sein, Wagenburgen nicht rechtlich abzusichern, sondern die Nutzung einer Fläche durch Wagenburgen zu tolerieren. Dazu besteht aufgrund der schlechten Erfahrungen in der Vergangenheit seitens der Verwaltung aber kein Interesse. Vor drei Jahren hatte die Wagenburg „Kommando Rhino“ sich nicht an entsprechende Vereinbarungen gehalten, was zu einer Räumung mit massivem Polizeieinsatz führte.

Warum könnt ihr nicht dafür sorgen, dass die Verwaltung die beschlagnahmten Wagen herausrückt?

Die Beschlagnahme und die damit verbundenen Folgen – aktuell die drohende Einziehung und Verschrottung der Wagen – sind Geschäft der laufenden Verwaltung und fallen damit nicht in die Zuständigkeit des Gemeinderats. Wir können daher die Verwaltung nicht zu einer Herausgabe der Wagen zwingen, sondern nur an die Verwaltung appellieren, die Wagen herauszugeben. Das haben wir bereits im Mai im Gemeinderat getan. Unserem Appell an die Verwaltung hat sich damals eine Mehrheit des Gemeinderats angeschlossen. Die Verwaltung hat diesem Appell jedoch nicht entsprochen.

Wie geht es nun weiter?

Die Verwaltung hat der Wagengruppe „Sand im Getriebe“ ein 400 qm-großes Grundstück angeboten. Dieses ist für die gesamte Gruppe zu klein, aber die beschlagnahmten Wagen passen vermutlich auf diese Fläche. Um die Verschrottung dieser Wagen abzuwenden, müssen nun Gespräche darüber laufen, ob diese Fläche von „Sand im Getriebe“ genutzt werden kann. „Sand im Getriebe“ hat sich diesbezüglich schon mit der Verwaltung in Verbindung gesetzt. Wir hoffen, dass diese Gespräche zu einem guten Ende kommen und gehen davon aus, dass während dieser Gespräche keine Verschrottung der Wagen stattfindet. Parallel dazu geht die Suche nach weiteren Flächen weiter. Ich selbst habe hierzu in den vergangenen Wochen zahlreiche Gespräche mit „Sand im Getriebe“ geführt und unterstütze diese Suche aktiv.