Rede zum Freiburger Sozialbericht 3. Februar 20153. Mai 2017 Stadtrat Gerhard Frey (Bild: Britt Schilling) Gerhard Frey: Rede zu TOP 4 der Gemeinderatssitzung am 03.02.2015 zum Thema: „Freiburger Sozialbericht“, hier: Fortschreibung 2014 Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, Sehr geehrte Damen und Herren, eine gute Datengrundlage ist die Voraussetzung für politische Steuerung im Gemeinderat. Mit dem heute vorliegenden Sozialbericht haben wir aktualisierte Daten zu Entwicklungen im sozialen Feld. Ergänzt durch den Bildungsbericht, den Gleichstellungsbericht, die gerade aktualisierte Bevölkerungsprognose und die Wohnungsmarktanalyse ergibt sich ein umfängliches Bild über die soziale Lage in Freiburg im Jahr 2014. Zieht man eine grobe Linie über die sozialen Entwicklungen der letzten Jahre in Freiburg, so kann man feststellen, dass die präventive Ausrichtung der Sozialpolitik die richtige Stoßrichtung hatte. Positive Entwicklungen in einzelnen Feldern sind erkennbar und trotzdem bleibt gleichzeitig noch viel zu tun. Auf Grund der Fülle an Themen will ich mich auf die Kommentierung der wesentlichen Entwicklungen beschränken. Zur Bevölkerungsprognose: Freiburg ist eine wachsende Stadt und dies ist positiv für die soziale Entwicklung. Die geburtenstarken Jahrgänge, der Bauch in der Bevölkerungspyramide, wird in Freiburg weitgehend kompensiert durch den Zuzug von Studenten und deren partiellem Verbleib nach dem Studium. Die Folge: Es gibt kein Einbruch bei der erwerbstätigen Bevölkerung – im Gegenteil die Erwerbstätigkeit nimmt sogar zu und damit verbleiben auch die Steuereinnahmen der Stadt (Einkommensteuer, Schlüsselzuweisung, Gewerbesteuer) auf einem soliden Niveau. Zum zweiten kompensiert eine relative junge Freiburger Bevölkerung partiell die Probleme, die durch das Ausschieden der geburtenstarken Jahrgänge aus dem Erwerbsleben auf die Stadt zukommen – die sogenannten Probleme des demographischen Wandels und der Altersstruktur. Der Sozialbericht zeigt, dass in diesem Feld in den letzten Jahren wichtige Weichen gestellt wurden. Ältere Menschen wollen möglichst lang in ihrem gewohnten Umfeld bleiben. Der bisher präferierte quartiersbezogene, sozialräumliche Ansatz muss deshalb gestärkt werden, um die Probleme im Zusammenhang mit dem Älterwerden zu lösen. Zum Thema Erwerbstätigkeit: Oben habe ich bereits erwähnt, dass die Zahl der Erwerbstätigen zunimmt. Grundsätzlich ist es positiv, wenn die Unternehmen in Freiburg Arbeitsplätze schaffen. Diese grundsätzlich positive Entwicklung trübt die Tatsache, dass auf Grund der tradierten Wirtschaftsstruktur, das durchschnittliche Einkommen in Freiburg im Vergleich zu Baden-Württemberg unterdurchschnittlich ist. Die zunehmende atypische Beschäftigung, wie in der Vorlage genannt, wird diesen Trend verstärken. Das Hauptproblem, welches sich aus der niedrigen Kaufkraft ergibt, sind das zu geringe Angebot an preiswerten Wohnungen, d.h. die in Bezug zur Kaufkraft zu hohen Mieten. Positiv zu sehen ist die sehr niedrige Jugendarbeitslosigkeit. Mit der gemeinsamen Anlaufstelle, die wir im Rahmen der Haushaltsberatungen voraussichtlich beschließen werden, wird ein weiterer Baustein geschaffen, um möglichst auch dem letzten jungen Menschen eine Chance auf dem Arbeitsmarkt zu eröffnen. Ein dickes Brett bleibt – und das zeigt der Sozialbericht deutlich – die doch sehr konstant hohe Zahl an Langzeitarbeitslosen im SGB II-Bezug. Mit Schwerpunktsetzungen im Jobcenter konnten erste Erfolge erzielt werden. Die Zahl der Menschen, die neben ihrer Erwerbstätigkeit auf ergänzende Hilfen aus dem SGB II angewiesen waren, wurde niedriger. Auch das kommunale Beschäftigungsprogramm und die Rekommunalisierung des VABE als Beschäftigungsträger zeigen erste Erfolge. Wie gesagt, Langzeitarbeitslosigkeit ist ein dickes Brett – aber seit rund vier Jahren wird es konsequent und zielgerichtet gebohrt. Zum Thema Familien, Kinder und Jugendliche: In diesem Aufgabenfeld müsste der Sozialbericht noch stärker mit dem Bildungsbericht verschränkt werden. Es gibt nach meiner Einschätzung kein Feld, in welchem der sozialpräventive Ansatz in der Freiburger Sozialpolitik deutlicher würde. Der Sozialbericht zeigt an diesem Punkt auch, dass ein Ansteigen von Fallzahlen, wie z.B. bei den Hilfen zur Erziehung, weniger mit einem Anwachsen von Problemlagen zu tun hat, sondern mit dem genaueren Hinschauen auf vorhandene Probleme. Mit dem Kompetenzzentrum frühe Hilfen, dem Ausbau der Familienhilfen, dem quantitativen Ausbau der U-3-Betreuung, den qualitativen Verbesserungen im Ü-3 Bereich, dem Bildungs- und Teilhabepaket, dem Ein-Euro-Mittagessen etc. wurde in Freiburg ein Niveau erreicht, das alle Problemlagen von Familien und Kindern im Blick hat. Die konsequente Weiterentwicklung und qualitative Verbesserung dieser Ansätze und Angebote wird sicherlich dazu führen, dass die soziale Herkunft als Ursache vieler sozialer Benachteiligungen von Kindern und Jugendlichen, langfristig in Freiburg einen geringeren Stellenwert einnimmt. Ein Problemfeld zieht sich jedoch durch den gesamten Sozialbericht: Das Fehlen von bezahlbaren Wohnungen. Wir können uns lange über Kinderarmut unterhalten, ein zentrales Problem hierbei wäre sofort gelöst, wenn wir bezahlbare Wohnungen für Familien hätten. Das gleiche Problemfeld öffnet sich beim Thema Älterwerden, beim Thema Durchschnittseinkommen der erwerbstätigen Bevölkerung, beim Thema Wohnungslosigkeit. Immer fehlen bezahlbare Wohnungen. Wenn es nicht gelingt, in dieser Stadt eine konsequente Mehrheit für Wohnungsbau in der Innenentwicklung – aber auch für eine gute bauliche Ausnutzung der Dietenbachniederungen – zu finden, dann verschärft sich massiv der Wohnungsmangel – und darin steckt unserer Meinung nach tatsächlich viel sozialer Sprengstoff. Vielen Dank
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