Rede zum Bürgerentscheid über das SC-Stadion 4. Februar 201522. September 2020 Fraktionsvorsitzende Maria Viethen (Bild: Britt Schilling) Maria Viethen: Rede zu TOP 1 der Gemeinderatssitzung am 03.02.2015 zum Thema: „Neues Fußballstadion am Flugplatz/Wolfswinkel“, hier: Bericht über das Ergebnis des Bürgerentscheids und weiteres Vorgehen Herr Oberbürgermeister, meine Damen und Herren, ich möchte zunächst noch einmal sagen, wie erleichtert ich über den Ausgang des Bürgerentscheids bin. Die Menschen in der Stadt haben mit deutlicher Mehrheit erklärt, dass sie dieses neue Stadion für den SC unterstützen, und sie haben damit eine wichtige Weichenstellung für die ganze Stadt Freiburg bekräftigt, die der Gemeinderat eingeleitet hat. Ich bin nach wie vor davon überzeugt, dass Fußball nicht nur eine Veranstaltung ist, bei der viel Geld bewegt wird, sondern dass der Sport eine der wenigen Großveranstaltungen ist, die Menschen aller Altersgruppen, aller sozialer Schichten, mit und ohne Migrationshintergrund zusammenführen kann. Für eine Stadt wie Freiburg ohne Industrie, die von der Universität und anderen Bildungseinrichtungen, von Dienstleistungsbetrieben und Tourismus lebt, ist ein Verein, der ein sympathisches Bild von Freiburg in die Welt trägt, wie ein Sechser im Lotto. Die Bürgerinitiative Pro Wolfswinkel wirft den Wählerinnen und Wählern in den anderen Stadtteilen vor, sie hätten nach dem St. Florians-Prinzip abgestimmt. Ich denke jedoch, letztendlich hat die Frage des Standorts für den Ausgang des Bürgerentscheids – mit Ausnahme im Mooswald – keine Rolle gespielt. Und auch da – die Badische Zeitung hat das heute vorgerechnet – auch im Mooswald haben, wenn man die verhältnismäßig geringe Wahlbeteiligung mit einrechnet, insgesamt nur 29 % der Bürgerinnen und Bürger gegen den Umzug des Sportclubs in den Wolfswinkel gestimmt. Der Wolfswinkel ist ein guter Standort, der beste unter denen, die wir in vielen Sitzungen untersucht haben. Er ist vor allen Dingen – und genau deshalb haben sich die Grünen so für diesen Standort eingesetzt – der einzige, der einigermaßen umweltverträglich umzusetzen ist, weil die Menschen wie bisher zu Fuß, mit dem Rad, oder mit der Straßenbahn dorthin gelangen können. Ich denke, die entscheidende Frage für die Bürgerinnen und Bürger war, ob die Stadt so viel Geld investieren soll, um das Überleben des Sportclubs zu sichern. Damit meine ich nicht das Überleben als Verein, sondern der Verbleib in der Bundesliga, nach Möglichkeit natürlich in der ersten Bundesliga. Das ist eine politische Frage, und man kann diese Frage auch durchaus mit Nein beantworten. Ich habe Respekt vor den Bürgerinnen und Bürgern, die nach Abwägung aller Argumente in dieser Frage eine andere Entscheidung treffen als ich selbst. Aber dass eine deutliche Mehrheit der Menschen, die zur Wahl gegangen sind, dieses Geld investieren wollen, werte ich als Bekenntnis dieser Stadt zu einem Sportclub, der solide wirtschaftet und bescheiden auftritt, zu einem Verein, der aus der Situation wirtschaftlicher Unterlegenheit mit guten Ideen und Spielwitz punktet, und der deshalb einfach gut zum Image der Stadt passt. Ich werte den Ausgang des Bürgerentscheids allerdings auch mit Freude als Bestätigung der Politik der Mehrheit dieses Gemeinderats. Bedanken möchte ich mich aber nicht nur für das klare Votum der Bürgerschaft, sondern vor allen Dingen auch bei der Verwaltung. Viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben mit großem Einsatz die sachlichen Grundlagen für die Entscheidung des Gemeinderates erarbeitet und in manchen öffentlichen Diskussionen auch für Sachlichkeit gesorgt. Ich habe Respekt vor dem Sachverstand und dem Engagement, mit dem die Ämter der Stadt den Gemeinderat unterstützt haben. Es geht wohl nicht anders, als auch einige Worte zum Stil dieses Wahlkampfs zu verlieren. Ich habe nun schon einige Wahlkämpfe erlebt, aber der hinter uns liegende Bürgerentscheid war in dieser Hinsicht schon außergewöhnlich. Wenn man am Stand steht und jemand mit Nein stimmen will, weil er im Falle eines Unfalls nicht schnell genug vom Rettungshubschrauber in die Klinik gebracht werden kann, dann macht einen so etwas echt sprachlos. Das hat mit zugespitzter Wahlwerbung nichts zu tun, sondern ist ein zynisches Spiel mit den Ängsten der Menschen. Kaum zu überbieten war in dieser Hinsicht auch das Flugblatt kurz vor Schluss an die Mieter der Stadtbau. Herr Kollege Harter, ich möchte Sie direkt ansprechen. Ihre Aussage, dass man sich diese Zielgruppe nicht hätte entgehen lassen dürfen, halte ich für völlig inakzeptabel. Sie wissen ganz genau, dass die Mietpolitik der Stadtbau nun aber auch gar nichts mit dem Investitionsprogramm der Stadt zu tun hat. Da hat es mich dann besonders gefreut, dass die Menschen in Weingarten sich nicht haben verunsichern lassen, sondern genauso abgestimmt haben wie der Rest der Stadt. Eine neue Qualität dieses Wahlkampfs waren auch die zahlreichen Verschwörungstheorien, die im Umlauf waren. Irgendwann habe ich aufgehört, die Diskussion im Internet zu verfolgen. Die Unterstellungen, die dort unterwegs waren, haben mich dann doch getroffen. Das gipfelte darin, dass selbst die Regierungspräsidentin als Mitglied eines Komplotts ‚entlarvt‘ wurde, und, nachdem das Innenministerium ihre Zuständigkeit bestätigt hat, das Ministerium dann gleich mit. Oder, dass meine Fraktion von Kolleginnen und Kollegen aus dem Gemeinderat auf Plakaten und Anzeigen der Lüge bezichtigt wurde. Die Menschen werden allerdings gemerkt haben, dass ausgerechnet die, die für Wahrheit in der Politik geworben haben, selbst mit nachweislich falschen Aussagen unterwegs waren. Es waren die gleichen Kolleginnen und Kollegen, die zwar in mehreren Workshops eingebunden waren, trotzdem aber immer wieder Transparenz bemängelt haben, und ihrerseits dann mit dubiosen Berechnungen und Verschwörungsfantasien gearbeitet haben, die in der offenen Diskussion nie auf den Tisch gekommen sind.
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