Rede zum Klimaschutz in Freiburg

Stadtrat Eckart Friebis
Stadtrat Eckart Friebis (Bild: Britt Schilling)

Eckart Friebis: Rede zu TOP 1-4 der Gemeinderatssitzung am 03.03.2015 zu den Themen: Klimaschutzbilanz 2012 / Zusätzliche Klimaschutzmaßnahmen aus 25% der Konzessionsabgabemittel / Studie energetische Sanierungsrate im Freiburger Wohngebäudebestand / Förderprogramm “Energiebewusst Sanieren“

Sehr geehrte Damen und Herren,

heute haben wir ja insgesamt vier TOPs zum Thema Klimaschutz und energetische Sanierung zur Beratung und es bietet sich an, dies in einer verbundenen Debatte zu tun.

Ausgangspunkt sollte dabei die neueste Klimaschutzbilanz 2012 sein, die ja bei den absoluten CO2-Emissionen eine Stagnation verzeichnet, was angesichts einer stark an Einwohnern, Wohnraum und Arbeitsplätzen zunehmenden Stadt, bei gleichzeitig guter wirtschaftlicher Konjunktur, auch kaum anders sein kann und was sich auch in den nächsten Jahren bei anhaltendem Bevölkerungswachstum nicht entscheidend ändern dürfte.

Aber die von den – im Saldo – zugezogenen Neu-FreiburgerInnen zusätzlich verursachten CO2-Emisionen fallen natürlich dort weg, wo im Gegenzug die Menschen fortgezogen sind. Und sie verursachen vermutlich hier in unserer Stadt z.B. wg. des guten ÖPNV, der Stadt der kurzen Wege und dem gegenüber dem Bundesdurchschnitt besseren energetischen Gebäudestandard weniger CO2-Emissionen als am vorherigen Standort. D.h., dass einer Zunahme der CO2-Emissionen bei uns eine größere CO2-Reduzierung woanders gegenübersteht und damit die absoluten CO2-Emissionen in der Gesamtschau dennoch zurückgehen.

Aber natürlich gibt es auch weitere Gründe, die es nicht nur uns hier in Freiburg schwermachen, unsere CO2 Emissionen wie gewünscht und erforderlich sukzessive und deutlich zu reduzieren: das ist vor allem die mangelhafte Umsetzung der Energiewende durch die Bundes- und auch Europapolitik – in deren Folge beispielsweise seit Jahren nun schon die Gasturbine des Wärmeverbundkraftwerks von Rhodia und Badenova stillsteht – weshalb der zuvor einigermaßen umweltfreundlich in Kraft-Wärmekopplung produzierte Strom jetzt von außen importiert werden muss, was lt. Verwaltungsangaben zu 30-40.000 Tonnen zusätzlicher CO2 Emissionen führt. Das hat mit dem verfehlten Strommarktdesign, v.a. dem Strompreisverfall an den Börsen und dem viel zu niedrigen Preis der CO2-Emissionszertifikate zu tun. Ganz abgesehen von den weiteren zahlreichen Hindernissen des verschlechterten Erneuerbare Energien-Gesetzes vom letzten Jahr, das zu erheblichen Einbrüchen bei der Fotovoltaik, der Windkraft und der Bioenergie geführt hat, genauso sieht es bei der sträflich vernachlässigten Förderung der Kraft-Wärme-Kopplung aus. Zu was das Abwürgen der zuvor sehr erfolgreichen Energiewende noch geführt hat, ist in Freiburg leider drastisch zu spüren, wenn wir die Schicksale beispielsweise der Solarstrom AG oder der Solarfabrik sehen – und auch unser so erfolgreiches Fraunhofer ISE hat ja aktuell ganz erhebliche Einbrüche bei der MitarbeiterInnenzahl zu beklagen.

Doch nochmals kurz zurück zur Klimabilanz: Trotz der geschilderten schwierigen Rahmenbedingungen konnte bei der eigentlich viel aussagekräftigeren Pro-Kopf-Emissionsmenge ein leichter Rückgang auf nun 8,02 To CO2 erzielt werden, im Vergleich zum Basisjahr 1992 immerhin ein Rückgang um 25,1 %. Auch wenn damit angesichts unseres Zieles einer Klimaneutralität bis 2050, was umgerechnet einem CO2-Ausstoß von 2 To pro Kopf entspricht, doch noch ein weiter Weg vor uns liegt.

Und grundsätzlich sollten wir uns – angesichts der vorhin aufgezeigten Probleme mit der Aussagekraft absoluter CO2-Mengen – künftig verstärkt auf diese weit aussagekräftigeren Pro-Kopf-Werte konzentrieren.

Die Verwaltung präsentiert auch die neue Berechnungsmethode Klimaschutz-Planer, die vom Bundesumweltministerium entwickelt wurde und mit Hilfe einer einheitlichen bundesweiten Systematik künftig eine Vergleichbarkeit zwischen den Klimaschutzbilanzen einzelner Städte ermöglichen soll. Damit wird zwar einerseits die lokale Situation etwas weniger ortsspezifisch dargestellt, weil als Emissionsfaktor für Strom künftig statt des lokalen Mixes ein bundesweiter Strommix herangezogen wird und eine Witterungsbereinigung des Verbrauchs unterbleiben soll. Dies ist aber hinnehmbar, weil so künftig die Anstrengungen aller Städte tatsächlich auf gleicher Basis und nicht mehr Äpfeln mit Birnen verglichen werden.

Die Freiburger Reduktionszahlen nach der neuen Methode sehen zwar besser aus als bei der alten Berechnungsmethode, damit wir uns da aber nicht in die Tasche lügen, werden in den nächsten Jahren noch beide Berechnungen parallel angewandt, so dass wir die tatsächliche Entwicklung gut erkennen können.

Klar ist, dass wir uns auch künftig kräftig in allen Bereichen anstrengen müssen, um Energie zu sparen, effizient zu nutzen und zu immer größerem Anteil umweltfreundlich und regenerativ zu erzeugen, um unseren Pro-Kopf-CO2-Ausstoß sukzessive und deutlich Richtung der genannten 2-Tonnen-Marge zu reduzieren.

Das trifft auch für unsere Pläne eines neuen Stadtteils zu, der mindestens klimaneutral, besser noch ein Plusenergiestadtteil sein muss; das trifft auch für den Ausbau der Windenergie zu, wo wir noch dieses Jahr auf eine Offenlage zusätzlicher Standorte drängen, genauso wie auf den Ausbau des ÖPNV und des Radverkehrs (auch das Thema Lastenräder scheint dabei interessant), um den Anteil des motorisierten PKW- und LKW und damit deren Schadstoffemissionen weiter zu reduzieren.

Dass dabei auch und insbesondere die bundespolitischen Rahmenbedingungen eine ganz wichtige Rolle spielen, hatte ich vorhin schon angedeutet – und mitmachen müssen natürlich auch alle, die öffentliche Hand, die Wirtschaft und wir alle als VerbraucherInnen.

Warum ich aber einigermaßen zuversichtlich bin, dass wir trotz der aktuell stagnierenden Emissionen auf einem guten Weg in Freiburg sind, das ergibt sich aus der Vorlage zur Mittelverwendung aus der Konzessionsabgabe für zusätzliche Klimaschutzmaßnahmen.

Ich will daran erinnern, dass wir ja hier im Gemeinderat vor fast genau einem Jahr am 25.3.14, ich glaube einstimmig, beschlossen haben, die zuvor lediglich 10% der jährlichen Konzessionsabgabe umfassenden Finanzmittel für zusätzliche Klimaschutzmaßnahmen, künftig auf 25% zu erhöhen.

Und dies ist nun erstmals zum DHH 2015/16 der Fall: das heißt wir haben nun pro Jahr über 3 Mio € und im Doppelhaushalt mehr als 6,1 Mio € für solche zusätzlichen Klimaschutzmaßnahmen zur Verfügung, also zweieinhalbmal so viel  wie in den Vorjahren. Das ist doch ein Wort!

In der Drucksache sind die vielen Maßnahmen beschrieben, die innerhalb der Verwaltung in intensiven Gesprächsrunden einvernehmlich erarbeitet und nun dem GR zur Zustimmung vorgelegt werden.

Mit Hilfe dieser vielen Projekte aus unterschiedlichen Bereichen wird es hoffentlich gelingen, in der nächsten bzw. übernächsten Klimabilanz aus der derzeitigen Stagnation v.a. des CO2-Pro-Kopf-Verbauchs wieder eine deutliche Reduzierung zu machen. Auch wenn die Einsparungen an CO2 im einen oder anderen Falle sicher nicht einfach zu quantifizieren sein dürften.

Ich möchte angesichts der Vielzahl der vorgelegten Maßnahmenvorschläge nur die wichtigsten kurz nennen:

Im Bereich „Energie“ werden vier neue Blockheizkraftwerke in Schulen installiert, es gab und wird weiter eine BHKW-Sonderschau auf der GETEC-Messe geben, zwei PV-Anlagen zur Eigenstromerzeugung werden auf Schuldächern realisiert, was auch finanzielle Einsparungen bringt. Dazu kommt ein Solar-Carport beim neuen Technischen Rathaus mit einer von zwei Ökostrom-Tankstellen für die künftig auf Elektrobetrieb umzustellende Fahrzeugflotte der Stadt.

Gefördert wird die modellhafte energetische Sanierung des denkmalgeschützten Stube-Areals in St. Georgen, das zu einem Stadtteilzentrum mit Veranstaltungsräumen, gewerblicher und bürgerschaftlicher Nutzung ausgebaut wird und insbesondere in energetischer Hinsicht – vielleicht auch mittels einer gläsernen Baustelle – eine Vorbildwirkung für Nachahmer aus dem privaten, öffentlichen oder auch gewerblichen Bereich haben könnte. Wir möchten dazu aber auch erneut darauf hinweisen, dass die Mittel aus der Klimaschutzpauschale selbstverständlich ausschließlich für über das normale Standardmaß hinausgehende energetische Sanierungen gedacht sind und dies auch belegt werden muss.

Zum Antrag der UL, jetzt schon ein Mikro-BHKW festzusetzen: das mag als Ergebnis der Energiegutachten durchaus herauskommen, wir sollten uns aber nicht schon heute auf bestimmte Dinge vorfestlegen, sondern die Aussagen der Fachleute abwarten.

Im Bereich „Mobilität“ wird mit jährlich 25.000 € ein betriebliches Mobilitätsmanagement unterstützt, wir sind gespannt auf das Konzept des Garten- und Tiefbauamtes (GuT), das ja auch die Arbeit der bisherigen Macher aus der „AG Umweltfreundlich zum Betrieb“ integrieren bzw. weiterführen soll. Auch das schon weit gediehene intermodale Mobilitätskonzept soll weitergeführt  und das städtische Fahrradmarketing intensiviert werden. Auch unsere Freiburger CarSharing-Strategie (siehe den entsprechenden Bebauungsplan, der im nächsten GR zur Satzung ansteht) oder ein aktuelles Verkehrsmodell mit neuen Modal-Split-Zahlen, das auch der Entwicklung von Verkehrsszenarien aus Umweltsicht dient, profitieren von den Klimaschutzmitteln.

Weitere Projekte sind die Kofinanzierung von Klima-Managern für die lokalen Kliniken und das IG Nord, das zum „Green Industry Park Freiburg“ werden soll. Auch Einzelmaßnahmen des auslaufenden Stadtteilprojekts „Energiequartier Haslach“ werden fortgeführt, samt Übertragung wesentlicher Erkenntnisse auf weitere Stadtquartiere, wobei ein „Sanierungsmanager“ helfen soll.

Der kostenlose Tausch alter Kühlschränke gegen energieeffiziente Neugeräte für einkommensschwache Haushalte wird weiter finanziert, ein Konzept für klimafreundliche Gewerbebauten beauftragt und die städtische Weihnachtsbeleuchtung auf stromsparende LED-Technik umgerüstet.

Wenn wir das alles wie vorgesehen umgesetzt haben sind wir wirklich ein gutes Stück weiter mit unserer Klimaschutzpolitik in Freiburg.

Und last not least auch noch ein paar Worte zum Thema energetische Sanierung des Altbaubestandes, dem sich ja die zwei weiteren vorliegenden Drucksachen widmen:

Weil ¾ der eingesetzten Primärenergie in den Haushalten für Heizenergie verbraucht werden, kommt der energetischen Gebäudesanierung natürlich eine ganz herausgehobene Rolle beim Klimaschutz zu. Und hier scheinen wir in Freiburg – zumindest im Vergleich mit dem Bundesdurchschnitt – gar nicht schlecht zu liegen, auch wenn wir – absolut gesehen – noch einen Zahn zulegen müssen. Aber dafür haben wir ja jetzt unseren neuen Umweltamtsleiter gleichen Namens – den Kalauer hat er sicherlich schon hundertmal gehört – sorry.

Doch zurück zu den Fakten, die ja ganz aktuell im Rahmen einer GEWOS-Studie ermittelt wurden:

Danach ist die Sanierungsquote, also die Anzahl jährlich zusätzlich gedämmter Gebäude, in Freiburg, ich zitiere „deutlich überdurchschnittlich hoch“. Ich will auf die verwirrenden Einzelzahlen gar nicht im Detail eingehen, aber nur betonen, dass die hiesige Modernisierungsrate bei den Gebäudehüllen mindestens um die Hälfte (und mehr) über dem Bundesdurchschnitt liegt. Und dennoch müssen wir uns weiter anstrengen, um die vom Ökoinstitut zur Umsetzung unserer Klimaschutzstrategie erforderliche Sanierungsrate von 1,8 bis 2,0% jährlich zu erreichen.

Und damit komme ich zur letzten Vorlage, dem Förderprogramm „Energiebewusst Sanieren“, das ja auch heute wieder – wie bisher schon alle paar Jahre – den Erfahrungen und neuen Rahmenbedingungen angepasst werden soll.

Und wichtig ist es mir auch, kurz darzustellen, wie erfolgreich dieses Programm in den letzten Jahren war, allein schon angesichts der Investitionen, die damit angeregt und realisiert wurden:

Nach den vorliegenden Zahlen wurden bislang mit dem Förderprogramm bei 2.500 bewilligten Anträgen fast 10% des Freiburger Gebäudebestands erreicht, mit 3,3 Mio Zuschüssen rund 36 Mio Investitionen in energetische Sanierung initiiert, d.h. ein Fördereuro zieht 11 € Folgeinvestitionen nach sich – damit übertrifft allein schon die Mehrwertsteuer, die an den Staat fließt, die eingesetzte öffentliche Fördersumme. Leider kommt nur ein kleiner Anteil der Mehrwertsteuer an uns als Kommune zurück, aber für Klimaschutz, Gesamtstaatsetat und Arbeitsplätze eine totale win-win-Situation!

Dass jetzt ganz aktuell wieder die Bundespolitik, bzw. speziell die Regionalpartei der CSU innerhalb der Bundesregierung, beim Thema Gebäudesanierung eine Rolle rückwärts macht und den mühsam erreichten Kompromiss zwischen Bund und Ländern zur steuerlichen Förderung der Gebäudesanierung abgeschossen hat, ist ein trauriger Treppenwitz der bundesweiten Klimaschutzpolitik, der es auch uns hier vor Ort nicht einfacher, ja ganz im Gegenteil noch viel schwieriger macht, unsere Klimaschutzziele zu erreichen.

Zurück aber zu den Bausteinen des Förderprogramms, die ja wie schon erwähnt angesichts sich ständig ändernder gesetzlicher, finanzieller und technischer Vorgaben immer wieder angepasst und natürlich mit den maßgeblichen Akteuren vor Ort rückgebunden werden müssen.

Einige sehr begrüßenswerte Neuerungen will ich kurz skizzieren:

Es gibt künftig eine erste, einfache und kostenlose Fördermittelberatung beim städtischen Beratungszentrum Bauen und Energie (BZBE) sowie gestaffelte Zuschüsse für weitergehende Beratungsleistungen von qualifizierten Energieberatern. Dazu kommen kostenlose Vor-Ort-Checks für BHKWs.

Für den Einbau neuer umweltfreundlicher Heizanlagen mit erneuerbaren Energien oder mit Kraft-Wärme-Kopplung gibt es für Hundert Projekte innerhalb eines Jahres 500 € Zuschuss.

Die bisherige Förderung der Wärmedämmung bleibt im Wesentlichen erhalten.

Die Verwaltung ist gehalten, den Erfolg der neuen Bausteine fortwährend zu überprüfen und bei notwendig werdenden Veränderungen schnell zu reagieren, was ggfs. auch eine Umschichtung der Mittel umfassen kann.

Dieses Thema tangiert auch den Antrag der UL auf Erhöhung des Fördervolumens, der aber ein haushaltsrelevanter Antrag wäre und deshalb im Kontext des Gesamthaushalts zu sehen ist.

Wir haben bislang von einem entsprechenden Aufstockungsbetrag abgesehen, auch weil die Zusage der Verwaltung steht, bei absehbarem Mehrbedarf infolge einer höher als erwarteten Nachfrage, zeitnah in die Gremien zu gehen und über eine ggfs. erforderliche Aufstockung zu beraten. Insofern werden wir diesem Antrag nicht zustimmen.

Alles in allem glaube ich, dass wir mit unseren vielfältigen Aktivitäten im Bereich Klimaschutz auf dem richtigen Pfad sind, aber in unseren Anstrengungen keinesfalls nachlassen dürfen.

Und je nach Ausgang der nächsten Klimabilanz in zwei Jahren, müssen wir ggfs. erneut über ein Nachsteuern sowohl inhaltlicher als auch finanzieller Art beraten.

Bis dahin möchte ich mich aber auch bei den vielen VerwaltungsmitarbeiterInnen in den unterschiedlichen Dezernaten und Ämtern ganz herzlich für die engagierte Arbeit bedanken und sie ermuntern, auch künftig im Interesse des Klimaschutzes, aber auch des städtischen und privaten „Geldbeutels“ und im Interesse der Arbeitsplatzschaffung im Bereich Klimaschutz, weiter am Ball zu bleiben.