Rede zum Doppelhaushalt 2015/2016 29. April 201522. September 2020 Fraktionsvorsitzende Maria Viethen (Bild: Britt Schilling) Maria Viethen: Rede zu TOP 1 der Gemeinderatssitzung am 28.04.2015 zum Thema: Grundsatzreden der Fraktionen, Fraktionsgemeinschaften und Gruppierungen zum Doppelhaushalt 2015/2016 Freiburg verändert sich I. Kurze Standortbestimmung: Wir leben in spannenden Zeiten Vor zwei Jahren bei der Verabschiedung des DHH 2013/14 lag die Phase der Haushaltskonsolidierung gerade hinter uns. Die städtischen Schulden waren um fast ein Drittel reduziert worden, der Einstieg in den Kommunalen Versorgungsverband war geschafft. Schon damals kündigte sich ein Aufbruch an, der mittlerweile in vollem Gange ist. Die Stadt Freiburg, die wir kennen, verändert sich. Sichtbarster Ort der Veränderung ist der Platz der Alten Synagoge, wo der Bau der neuen Universitätsbibliothek bald abgeschlossen sein wird. Freiburg erhält eine neue Mitte, die Innenstadt dehnt sich nach Westen aus. Davon erwarten wir auch eine Entspannung der Gewerbemieten in der Innenstadt, die weitere Ansiedlung von Handel und Dienstleistung, und damit auch eine größere Anziehungskraft für Gäste und Touristen.Foto: Britt Schilling Die alte Kronenbrücke wird abgerissen, ab Mitte 2017 werden die Gleise der Stadtbahn von der neuen Brücke auf den Rotteckring führen. Schon Ende dieses Jahres 2015 sollen die ersten Straßenbahnen vom Universitätszentrum in der Stadtmitte zur Technischen Fakultät im Westen fahren. 2017 soll dann auch das letzte Teilstück zur Neuen Messe fertig sein. Das Handlungsprogramm Wohnen kommt langsam in Fahrt. Beim Stadtplanungsamt sind derzeit rund 50 Bebauungspläne in Bearbeitung. Es wird zwar noch ein paar Jahre dauern, bis im neuen Stadtteil Dietenbach tatsächlich die Bagger rollen. Aber das Baugebiet Gutleutmatten geht – hoffentlich jetzt doch etwas zügiger – in die Umsetzung. Auf dem Güterbahngelände werden vermehrt Wohnungen gebaut, das Baugebiet Zinklern in Lehen ist auf den Weg gebracht. Und die Umgestaltung des Schildackers steht auf der Agenda. Wir haben einen Bürgerentscheid hinter uns. Die Wählerinnen und Wähler haben mit deutlicher Mehrheit die Entscheidung des Gemeinderats bestätigt, dem Freiburger Sportclub den Bau eines neuen Stadions im Westen zu ermöglichen. Auch das wird die Stadt umkrempeln und das Gewicht der westlichen Stadtteile stärken. Freiburg wächst und wird weiter wachsen. Das Gutachten von Empirica zählt Freiburg zu den sog. Schwarmstädten, in die es junge Leute zieht. Gleichzeitig steigen die Übernachtungszahlen, und das trotz Übernachtungssteuer! Seit über zwanzig Jahren liegt Freiburg im Land an der Spitze beim Zuwachs an sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätzen. Dies alles trägt neben der stabilen Konjunktur zu steigenden Einnahmen bei, es bedeutet aber auch eine weitere Zuspitzung der Nutzungskonflikte und weiteren Druck auf den Wohnungsmarkt. II. Bewertung des Haushaltsentwurfs Die Grünen sind mit diesem Doppelhaushalt hoch zufrieden. Es ist ein spektakulärer Haushalt. Freiburg investiert in diesen zwei Jahren 120 Mio. Euro, so viel wie noch nie zuvor in der Geschichte der Stadt. Wie im Durchschnitt der vergangenen Jahre fließen pro Haushaltsjahr 10 Mio. Euro in die Schulsanierung. Für 2016 sind bereits 3 Mio. Euro Planungsmittel für den Neubau der Staudinger Gesamtschule vorgesehen, der in den kommenden Jahren große Kraftanstrengungen der Stadt erfordern wird. Weitere Millionenbeträge werden auch in diesem Doppelhaushalt in den Bau neuer Kitas investiert. Ein anderer Investitionsschwerpunkt ist der Ausbau des ÖPNV, wobei die Kosten für das Schienennetz selbst bis 2019 bei brutto 240 Mio. Euro liegen. Nach Abzug der Zuschüsse von Bund und Land bleibt ein Betrag von rund 150 Mio. Euro, der im Haushalt der VAG gestemmt werden muss. Im aktuellen Doppelhaushalt der Stadt finden wir dazu Kapitalerhöhungen an die VAG von 4,5 Mio. in 2015 vor, und 5,0 Mio. Euro in 2016. Die Kosten der Begleitmaßnahmen, insbesondere für die Umgestaltung des Platzes der alten Synagoge, im DHH weitere 10 Mio. Euro, trägt ebenfalls der städtische Haushalt. Ein weiterer – ich würde sagen grüner – Schwerpunkt des Haushalts ist der Ausbau des Radwegenetzes. 2,3 Mio. Euro fließen in den Ausbau der sog. Vorrangstrecken. Das ist der zweithöchste Betrag, der jemals in einem Doppelhaushalt der Stadt für den Radverkehr ausgegeben worden ist. Trotzdem wird das auf Dauer nicht reichen, wenn wir die ehrgeizigen Konzepte zum Radverkehr umsetzen wollen, die wir beschlossen haben. Im nächsten Doppelhaushalt werden wir deshalb unsere Anstrengungen für den Radverkehr weiter intensivieren müssen. Und damit auch in den kommenden beiden Jahren Gelder für dringende Sicherheitsmaßnahmen auf den Radwegen bereitstehen, werden wir nachher bei der Abstimmung der strittigen Anträge der Einstellung von zusätzlichen 100.000 Euro pro Jahr zustimmen. Bei den sonstigen Investitionsvorhaben finden sich neben der Sanierung Weingarten-West einige markante Kulturprojekte: so etwa die Rate an den Eigenbetrieb Theater für die Sanierung der Bühnentechnik, 7,7 Mio. Euro für die Fortsetzung der Sanierung des Augustinermuseums, die Einrichtung des Literaturhauses. Auf Initiative meiner Fraktion hat der Gemeinderat beschlossen, dass ab 2015 25 % der Konzessionsabgabe der Badenova gezielt in zusätzliche Klimaschutzprojekte fließen sollen. Das erhöht den Förderrahmen auf mehr als 3 Mio. Euro pro Jahr. Schwerpunkt diesmal ist die energetische Sanierung des städtischen Gebäudebestandes, insbesondere auch die Ausstattung von Schulgebäuden mit Blockheizkraftwerden und Photovoltaik-Anlagen. Wir unterstützen ausdrücklich die Schwerpunktsetzung im Bereich der Kinderbetreuung. Im Jahre 2016 erreichen die Bruttoausgaben hierfür fast die 100 Millionen-Euro-Grenze. Allein ein Teilbetrag von 33 Mio. Euro fließt dabei in die Bildung und Betreuung von Unter-Dreijährigen. Dieser Erfolg beruht vor allem auf dem Engagement der grün-roten Landesregierung. Sie erinnern sich: ab 2013 wurde die Grunderwerbssteuer erhöht. Seitdem übernimmt das Land 68% der Betriebskosten der Betreuungseinrichtungen für Unter-Dreijährige. Die eigentlich angepeilte Betreuungsquote von 50% bei den Kindern unter drei Jahren haben wir nicht erreicht, wir liegen derzeit bei etwa 45%. Das ist kein Versagen, sondern schlicht der erfreulichen Tatsache geschuldet, dass es einfach immer mehr Kinder in Freiburg gibt. Grund für die Schwerpunktsetzung im Bereich Kinderbetreuung ist zum einen die Förderung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Wir wollen, dass hier lebende junge Leute Arbeitsplätze finden und Familien gründen können. Gleichzeitig dient die Betreuung in Kitas der Förderung von Kindern aus bildungsfernen Familien und damit der Chancengerechtigkeit. Die Förderung muss so früh wie möglich einsetzen. Diesem Zweck dienen auch die umfangreichen Beträge, die in diesem Doppelhaushalt wieder für Sprachförderung in Grundschulen und Kindergärten, für Schulkind-Betreuung, für Schulsozialarbeit und Schulverpflegung eingesetzt werden. III. Feinjustierung: Grüne Anträge Herr Mauch hat in der Badischen Zeitung erneut kritisiert, der Gemeinderat habe geradezu ein „Füllhorn“ an die Zuschuss-Empfänger ausgeschüttet. Ich möchte ihm auch diesmal widersprechen: Die bislang erfolgreichen Erhöhungsanträge für laufendende Zuschüsse machen bei einem Haushaltsvolumen im Ergebnishaushalt von nahezu 800 Mio. Euro pro Haushaltsjahr nicht viel mehr als 1 Promille aus! Die Zuschüsse an freie Träger im sozialen, kulturellen und ökologischen Bereich wachsen deutlich langsamer als das Haushaltsvolumen selbst oder auch nur die Einkommensentwicklung im öffentlichen Dienst. Allein durch die erhöhten Zuschüsse des Landes an das Stadttheater, die wir als Deckungsvorschlag angeboten haben, werden die bislang erfolgreichen Zuschuss-Anträge wieder wettgemacht. Nun kurz zu den Schwerpunkten der Anträge meiner Fraktion: Die Jugendtreffs in Freiburg benötigen eine auskömmlichere Personalausstattung. Da ist zunächst das ArTik, für das demnächst auch die Frage neuer Räumlichkeiten ansteht. Daneben haben wir mit anderen Fraktionen gemeinsame Anträge gestellt für das Haus 197 in der Schwarzwaldstraße, das gute Arbeit leistet mit Jugendlichen aus Flüchtlingsfamilien. Weiter dann das Jugendforum Herdern und das JATZ in Zähringen. In einer immer enger werdenden Stadt sind Treffpunkte für Jugendliche besonders wichtig. Wir beobachten mit Erschrecken, dass Homophobie, also die Ablehnung von Schwulen und Lesben, unter Schülerinnen und Schülern wieder verstärkt aufkommt. Dass alle Menschen ihre sexuelle Orientierung frei leben können, war schon immer ein grünes Anliegen. Deshalb haben wir den Antrag von Fluss e.V. unterstützt, der wertvolle ehrenamtliche Aufklärungsarbeit an Schulen leistet. Wir freuen uns sehr, dass auch unsere Anträge auf Erhöhung der Zuschüsse für die Schwulen- und Lesben-Filmtage eine Mehrheit gefunden haben. Dies sind zwei Veranstaltungen, die dazu beitragen, schwules und lesbisches Leben in der Stadt sichtbar und selbstverständlicher zu machen. Mein Rat: Gehen Sie mal hin, das lohnt sich durchaus auch für Heterosexuelle. In der Kulturpolitik wollen wir mit unseren Anträgen – natürlich im Rahmen der Möglichkeiten des Haushalts – Schritte zur Umsetzung des städtischen Kulturkonzepts unternehmen.Wir haben erneut Einrichtungen, die wichtige Arbeit im Bereich kulturelle Bildung leisten, auskömmlicher ausgestattet. Diesmal ging es um die Erneuerung der Technik im Theater im Marienbad sowie die Unterstützung des Centre Culturel und des Carl-Schurz-Hauses. Wir unterstützen die Fabrik für Ökologie und Handwerk beim Aufbau eines Angebots im Vor- und Grundschulbereich. Wegen des besonderen, künstlerisch ausgerichteten Angebots für Jugendliche, die im normalen Schulalltag nicht erreichbar sind, haben wir – glücklicherweise erfolgreich – einen Antrag auf Förderung der Projektwerkstatt „Kubus³“ eingebracht. Die Förderung der Interkultur war die Motivation für die Anträge auf Unterstützung des Filmforums am Kommunalen Kino und des Festivals von Tamburi Mundi. Für die Förderung Freier Kultur- und Theatergruppen gibt es – das Stichwort hier ist: „Stadt der Künste“ – klare Kriterien, und die heißen schlicht: Qualität und Aktualität. Die hierzu eingerichteten Töpfe für Projektmittel verteilt nicht die Politik, sondern eine Jury aus Fachleuten unter der Leitung des Kulturamts. Wir haben diesmal erfolgreich die Übernahme von zwei Einrichtungen in die institutionelle Förderung vorgeschlagen, die seit Jahren Projekt- und Konzeptionsförderungen vom Kulturamt erhalten und sich so etabliert haben: zum einen das Theater der Immoralisten, das durch innovative Theaterprojekte überregional Anerkennung gefunden hat, zum anderen das Cargo-Theater, das sich in den letzten Jahren u. a. mit Stücken zu Migrationsthemen einen Namen gemacht hat. Aus genau diesem Grund kommt für uns jedoch eine institutionelle Förderung des Cala-Theaters nicht, bzw. noch nicht in Frage. „Jung und frisch und mal was anderes“ ist kein Kriterium für die Aufnahme in die institutionelle Förderung. Trotz der medialen Aufmerksamkeit haben wir keinen Antrag für die Anliegen der Gruppierung WIR und des Lokalvereins Innenstadt gestellt. Die Freiburger Abfallentsorgung, die schon jetzt auf hohem Niveau arbeitet, hat sich bereits der beklagten Lücken bei der Müllbeseitigung angenommen. Gestatten Sie mir hierzu eine kleine Anekdote: Gerade tagt die Findungskommission für die Nachfolge von Barbara Mundel als Theaterintendantin. Als einer der Kandidaten vor kurzem nach typischen Merkmalen der Stadt Freiburg befragt wurde, kam tatsächlich als erstes die „gepflegte Innenstadt“.Was die Lärmbelastung angeht, so wollen wir zunächst einmal abwarten, was die Einrichtung des Nachtverkehrs zur Entspannung der Nutzungskonflikte zwischen Nachtschwärmern und InnenstadtbewohnerInnen beiträgt. Für die Kontrolle der Gaststätten halten wir die jetzt angesetzte Erhöhung der Personalkapazität im Amt für öffentliche Ordnung zunächst einmal für ausreichend. Schließlich geht es nicht um die flächendeckende Kontrolle sämtlicher Gaststätten in der Innenstadt, sondern um eine Tag und Nacht erreichbare Beschwerdestelle in Zeiten besonderer Lärmbelastung und um gezielte Maßnahmen gegen „schwarze Schafe“ in der Gastronomie. Schon der Haushaltsentwurf, den die Verwaltung vorgelegt hat, schließt mit einem Minus ab. Die Grünen haben deshalb für diesen Doppelhaushalt ganz bewusst nur einen einzigen Antrag im Investitionsbereich gestellt, nämlich den Neubau einer Ganztageseinrichtung mit Schulkindergarten und Kita an der Adolf-Reichwein-Schule in Weingarten vorzuziehen und dafür 5,5 Mio. Euro zusätzlich in diesen DHH einzustellen. Weingarten ist bekanntlich ein Stadtteil mit hohem Migrationsanteil und einem großen Bestand an geförderten Mietwohnungen. Wir halten die Realisierung dieses Projekts für absolut vordringlich, auch wenn uns bewusst ist, dass dies voraussichtlich mit einer Erhöhung der Kreditaufnahme finanziert werden muss. Viele andere wünschenswerte Investitionsmaßnahmen haben wir aus diesem Grund nicht beantragt. IV. Soziale Balance Dieser Doppelhaushalt leistet erneut einen Beitrag zur sozialen Balance in der Stadt. Nach wie vor setzen die Grünen auf die Unterstützung von Kindern und Jugendlichen, auf Investitionen in Schulen und Kitas, Kinderbetreuung, Sprachförderung, Schulsozialarbeit, um auch die Chancen junger Menschen aus finanzschwachen oder bildungsfernen Familien zu verbessern. Dafür enthält dieser Haushalt millionenschwere Ausgabenblöcke. In der Abwägung halten wir einen solchen Einsatz der knappen städtischen Finanzmittel für sinnvoller als manche vielleicht wünschenswerten, aber finanzaufwendigen sozialen Transferleistungen. (Sozial-Ticket) Diese Einschätzung bestimmt auch die Haltung meiner Fraktion zum Thema „Sozial-Ticket“. Die wissenschaftliche Untersuchung von INFAS aus dem September 2010 hat ergeben, dass ein großer Teil der Menschen, die in den Genuss der Preisermäßigung gelangen würden, schon jetzt eine Regio-Karte besitzen, d. h. ihren Mobilitätsbedarf bereits jetzt abdecken. Nach Einführung eines Sozialtickets würden diese Kunden die Regio-Karte schlicht zu dem ermäßigten Preis erwerben, was – je nach Höhe der Rabattierung – zu einem jährlichen Zuschuss-Bedarf durch den städtischen Haushalt von 2,4 bis über 4 Millionen Euro führen würde! In der Abwägung erscheint uns dieser Aufwand zu hoch für eine zwar wünschenswerte, aber nicht zwingende soziale Leistung.Ohnehin ist die Stadt Freiburg – einmal abgesehen von den Ortschaften am Tuniberg – so kompakt gebaut, dass normalerweise alle Wege zu Fuß oder per Fahrrad zurückgelegt werden können. Unterstützung benötigen gezielt Menschen mit eingeschränkter Mobilität, etwa ältere Menschen mit Gehbehinderung oder Alleinerziehende mit Kindern. Das werden wir verstärkt in den Fokus nehmen müssen. Einen umweltpolitischen Effekt erreichen wir ohnehin nicht mit einem flächendeckenden Sozialticket, sondern mit der Ausweitung des ÖPNV-Angebots zu einem akzeptablen Preis für alle, mit dem breite Bevölkerungsschichten zum Umsteigen veranlasst werden. Und gerade das nehmen wir – auch mit diesem DHH – energisch in Angriff. (Verlängerung der Belegungsbindung bei geförderten Stadtbauwohnungen) Das zweite – finanziell sehr aufwendige – Thema unter dem Oberbegriff „Soziale Balance“, das uns in wenigen Wochen erneut beschäftigen wird, ist die Frage, wie der Bestand an Wohnungen im unteren Preissegment in der Stadt gesichert werden kann.Schon vor zwei Jahren hat der Gemeinderat der Stadtbau aus Haushaltsüberschüssen 5 Mio Euro für die Erhöhung des Eigenkapitals zugeführt und in gleicher Höhe dann zusätzlich noch einen Zuschuss gewährt, um die Belegungsbindung von 455 Wohnungen für fünf Jahr zu verlängern. Auf eine Anfrage aus diesem Hause hat die Verwaltung nun mitgeteilt, dass eine weitere Verlängerung der Belegungsbindung für diese Wohnung um noch einmal fünf Jahre sowie eine Verlängerung von zehn Jahren für weitere rund 630 Wohnungen, die aus der Mietbindung fallen, rund 18 Millionen Euro kosten würde. 18 Mio. Euro sind viel Geld für die Unterstützung von wenig mehr als 1.000 der insgesamt über 8.000 Mietparteien der Stadtbau, von denen wir aktuell nicht einmal wissen, ob sie überhaupt noch bedürftig sind. Eine nochmalige Verlängerung der Belegungsbindung kommt für uns nur in Frage, wenn dies zielgenau und wesentlich kostengünstiger gestaltet werden kann. Tatsächlich lässt sich das Mietniveau in der Gesamtstadt nicht durch Leistungen an einzelne Haushalte dämpfen, sondern nur durch ein größeres Angebot von Wohnungen auf dem Markt. Mit einer Verlängerung der Belegungsbindung bei der Stadtbau wäre noch keine einzige neue Wohnung gebaut. Deshalb muss der Weg eher dahin gehen, bei Neubaugebieten weiter Vorgaben für den Bau geförderter Mietwohnungen zu machen und den eigentlich unwirtschaftlichen Bau von geförderten Wohnungen für sämtliche Wohnungsunternehmen attraktiver zu machen, sei es durch vorrangige oder preiswerte Abgabe von Bauland, sei es durch finanzielle Anreize, wofür insbesondere auch Bund und Land in die Pflicht genommen werden müssen. Wir plädieren dafür, die knappen städtischen Finanzen nicht nach ideologischen Zielen, sondern zielgenau und effektiv einzusetzen. Der städtische Haushalt ist schlicht nicht in der Lage, finanzielle Defizite ganzer Schichten der Bevölkerung zu kompensieren. Dies ist letztlich Aufgabe des Bundes. Wir sollten unsere Mittel bündeln, um die soziale Balance in der Stadt mittel- und langfristig durch Maßnahmen in zwei Bereichen zu stabilisieren, nämlich a) durch die Förderung von Kindern aus bildungsfernen Milieus, so wie es dieser Haushalt mit seinen millionenschweren Ausgaben bereits tut. Und b) durch den Bau möglichst vieler Wohnungen, darunter dann möglichst vieler geförderter oder gebundener Mietwohnungen, damit der Markt entspannt wird. V. Politische Steuerung Aus der Sicht des Gemeinderats ist die Umstellung des Haushalts von der Kameralistik auf die doppelte Buchführung zu begrüßen. Parallel zum Finanzhaushalt, mit dem Geldeingänge und -ausgänge für laufende Zwecke und Investitionen dargestellt werden, wird erstmals auch der Zuwachs an städtischem Vermögen durch Investitionen sowie der Wertverzehr des Vermögens über die regelmäßigen Abschreibungen sichtbar gemacht. Mit der Nachhaltigkeitssteuerung wird uns ein weiteres Instrument an die Hand gegeben, mit dem versucht werden kann, als Gemeinderat tatsächlich in die Position der Steuerung des Verwaltungshandelns zu gelangen. Da sind wir nämlich noch lange nicht. Es liegt nun am Gemeinderat, ob er den doppischen Haushalt tatsächlich dazu nutzt, politisch zu steuern, also politische Ziele zu formulieren und deren Erreichung dann auch zu kontrollieren. Bereits bei der Verabschiedung des letzten Doppelhaushalts haben wir vorgeschlagen, eine Haushaltsstrukturkommission einzurichten, in der sich der Gemeinderat mit der langfristigen Haushaltsentwicklung auseinandersetzt und größere Ausgabenblöcke unter die Lupe nimmt. Zur Einrichtung dieser Kommission ist es nicht gekommen, es hat sich damals im Gemeinderat kaum Unterstützung dafür finden lassen. Umso mehr freut uns, dass nun im Vorfeld der Haushaltsdiskussion Zustimmung von mehreren anderen Gruppierungen signalisiert wurde. Denn es besteht durchaus Handlungsbedarf: Wer sich den vorliegenden Haushaltsentwurf ansieht, gelangt rasch zu der Erkenntnis, dass die Fortschreibung aller angefangenen Projekte ein sehr ehrgeiziges Unternehmen werden wird. Allein die Projekte der Schulbausanierung, die vor uns liegen, werden mit jährlichen Investitionsraten von 10 Mio. Euro nicht zu stemmen sein. Das wird nicht einmal ausreichen, um den Neubau der Staudinger Gesamtschule, der auf über 90 Mio. geschätzt wird, in einer vertretbaren Zeitspanne umzusetzen. Auch für die Zeit danach warten weitere große Sanierungsprojekte wie etwa die Max-Weber-Schule, oder der Ausbau weiterer Ganztagsgrundschulen. Die Investitionen der nächsten Jahre werden nur zu bewältigen sein, wenn aus den laufenden Erträgen und Aufwendungen Überschüsse erwirtschaftet werden. Und dies ausgehend von einem DHH für 2015/2016, der – zumindest im Entwurf, wie wir hoffen, nicht im tatsächlichen Vollzug – eine zusätzliche Kreditaufnahme vorsieht. Ob und wie die Investitionsvorhaben der Zukunft mit dem weiteren Ausbau der großen Aufwendungsblöcke im laufenden Etat vereinbart werden könne, wird Thema dieser Kommission sein. VI . Ausblick Die Zukunft der Stadt Freiburg steht und fällt nicht zuletzt damit, ob wir, also die Politik, bei den Menschen in der Stadt Zustimmung für unsere Zielsetzungen erreichen können. Vorrangig an Bauprojekten, etwa am Beispiel des Platzes der Alten Synagoge, zeigt sich, dass die Frage der Bürgerbeteiligung nicht zufriedenstellend beantwortet ist. Einerseits geht es darum, die Motivation der Menschen zu wecken, sich über kommunalpolitische Themen zu informieren und ggfs. auch ihren Sachverstand einzubringen – was sich allerdings nicht darin erschöpfen darf, dass sich nur Einzelinteressen Gehör verschaffen und das Gemeinwohl auf der Strecke bleibt. Andererseits geht darum, das Verhältnis zwischen Bürgerbeteiligung und repräsentativer Demokratie in Gestalt des demokratisch gewählten Gemeinderats auszutarieren. Nicht zuletzt ist auch die Frage, mit welchen Instrumenten eine Beteiligung von Kindern und Jugendlichen an kommunalpolitischen Entscheidungen organisiert werden kann, noch zu beantworten. Was die bauliche Entwicklung der Stadt angeht, so setze ich große Hoffnungen auf den Perspektivplan, der Vorschläge machen soll, an welchen Stellen in der Stadt kompakter oder überhaupt noch gebaut werden soll, aber auch, wie dem Bedürfnis der Menschen nach wohnungsnahen Grün- und Freiflächen für Erholung und sportliche Aktivitäten entsprochen werden kann. Täuschen wir uns nicht: Die notwendigen Maßnahmen zur Dämpfung der Wohnungsnot werden Freiburg weiter verändern und zu Konflikten führen. Wir alle werden viel Stehvermögen brauchen, um diese notwendige Entwicklung der Stadt weiter anzustoßen, zu begleiten und in die richtige Richtung zu lenken. Einerseits sind die Ansprüche einer modernen Stadt und ihrer Bevölkerung im Hinblick auf Wohnversorgung, Arbeitsplätze, Mobilität, Erholung – aber auch auf gesellschaftliche und kulturelle Teilhabe zu erfüllen, andererseits müssen jedoch auch die soziale Balance und der unverwechselbare Charakter der Stadt Freiburg bewahrt werden. Die Grünen sind zuversichtlich, dass das gelingen kann. Und Zuversicht, meine Damen und Herrn, war bislang immer ein guter Ratgeber.
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