Offener Brief der Freiburger grünen Ratsfraktion an zwei von drei Freiburger Naturschutzbeauftragten zu deren Ablehnung des Stadtteils Dietenbach und dem Alternativvorschlag einer Bergwaldbebauung

Sehr geehrte Frau Dr. Reduth,
sehr geehrter Herr Dr. Ludemann,

mit genausoviel Interesse wie Erstaunen haben wir der heutigen BZ Ihre Positionierung zum geplanten neuen Stadtteil Dietenbach entnommen*.

Mit großem Respekt nehmen wir zur Kenntnis, dass Sie als Freiburger Naturschutzbeauftragte die große Offenlandfläche Dietenbach erhalten wollen und stattdessen andere Alternativen vorschlagen.
Die genannten Alternativen werden bekanntlich schon seit Jahren intensiv seitens Stadtverwaltung und Gemeinderat verfolgt, erbringen aber angesichts des großen Wohnraumbedarfs leider weder die erforderliche Anzahl an Wohnungen, noch können sie für die besonders dringend benötigten preisgünstigen (vor allem Miet-) Wohnungen sorgen.

Hinzu kommt, dass im Falle eines Erhalts des Dietenbachgeländes infolge einer möglichen Ablehnung des neuen Stadtteils, sich ein Großteil des Bedarfs auf das Freiburger Umland verlagern würde – mit bis zu vierfachem Flächenverbrauch, einer Inanspruchnahme vermutlich naturschutzfachlich noch wertvollerer Offenland- bzw. Landwirtschaftsflächen sowie eine Zunahme des Autopendlerverkehrs, der sich negativ auf Mensch und Natur auswirken würde. Zudem würde es im Umland nicht die hohen ökologischen und sozialen Standards wie in Freiburg geben, was u.a. zu weit höheren CO2-Emissionen mit größeren Schäden für die Natur und einer zusätzlichen Verstärkung der Klimaerhitzung führen würde.

Deshalb haben wir GRÜNE uns in der Abwägung eindeutig pro Realisierung des neuen Stadtteils Dietenbach ausgesprochen, da er nach unserer Auffassung klar die nachhaltigere Alternative darstellt – zumindest wenn die Realitäten und absehbaren Folgewirkungen nicht völlig negiert werden und die Betrachtung nicht an den Freiburger Stadtgrenzen halt macht.

Was uns aber sehr verblüfft hat, ist Ihr Vorschlag, statt des Dietenbachgeländes einen Teil des Bergwaldes zu opfern.

Abgesehen davon, dass eine weitere Bebauung der Berghänge aus Sicht der GRÜNEN zur Erhaltung des Landschaftsbildes und zum Schutz der vielfältigen ökologischen und sozialen Funktionen des Bergwaldes ausgeschlossen sein muss, möchten wir Ihnen folgendes zu bedenken geben:

Allein schon angesichts der Topographie der waldbestandenen steilen Berghänge würde eine Bebauung mit den erforderlichen riesigen erdbaulichen Eingriffen keinesfalls preisgünstiges (Miet-) Wohnen ermöglichen, genauso wäre ein verdichteter flächensparender Wohnungsbau dort kaum denkbar.
Um dieselbe Zahl von Wohnungen im Vergleich zu Dietenbach zu erbringen, wäre deshalb ein mehrfaches an Fläche erforderlich, was also die Inanspruchnahme vieler Dutzend bis mehrerer Hundert Hektar Waldfläche bedeuten würde. Wie eine Erschließung von Tausenden Wohnungen an den ehemaligen Bergwaldhängen – vermutlich v.a. durch den Autoverkehr – erfolgen sollte, ist kaum vorstelllbar, zumal sich schon heute viele BewohnerInnen der Hangbereiche über die schwierige und gefährliche Verkehrssituation beklagen.

Sehr geehrte Frau Dr. Reduth, sehr geehrter Herr Dr. Ludemann, wir wären sehr daran interessiert zu erfahren, welche Bergwaldteile Sie als Alternative zum Bau des neuen Stadtteils Dietenbach konkret vorschlagen würden und wieviele bzw. welche Wohnungen dort realisiert werden könnten. Und inwiefern eine Bergwaldbebauung aus Sicht der Nachhaltigkeit als Alternative zur Bebauung überwiegend konventionell bewirtschafteter Ackerflächen bevorzugt werden sollte.

Ihrer Antwort sehen wir mit Interesse entgegen.

Mit freundlichen Grüßen

Für die Fraktion B’90/DIE GRÜNEN

gez. Maria Viethen
Fraktionsvorsitzende