Grußwort

Chanukkah: Die Geschichte eines Leuchters

Anlässlich des traditionellen Lichterfests wird auch in diesem Jahr auf dem Platz der Alten Synagoge an acht Abenden eine Chanukka-Kerze angezündet. Stadtrat Lars Petersen durfte die dritte Kerze anzünden und dazu ein paar Worte sprechen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Frau Katz,

ich freue mich sehr, heute meinen kleinen Teil zum diesjährigen Lichterfest beisteuern und die dritte Kerze anzünden zu dürfen.

Ich möchte Ihnen eine kleine Geschichte erzählen, die Geschichte eines Bildes und eines Chanukkah-Leuchters.

Das Bild kennen Sie vielleicht, ich möchte es Ihnen aber dennoch beschreiben. Es ist in schwarz-weiß. Man blickt aus einer Wohnung in einem Mehrfamilienhaus durch das Fenster hinaus auf die andere Straßenseite. Dort steht ein mächtiges, dunkles Haus, das beflaggt ist – mit einer großen Hakenkreuz-Fahne. Es ist das Gebäude der NSDAP-Kreisleitung.

Aber im Vordergrund, auf der Fensterbank, steht der neunarmige Chanukkah-Leuchter!

Er dominiert das Bild.

Wir befinden uns nämlich in der Wohnung der Familie von Rabbiner Dr. Akiba Posner, dem letzten Rabbiner der Gemeinde Kiel vor dem Holocaust. Zum Chanukkahfest 1931 fotografierte Rahel Posner, die Frau des Rabbis, den Chanukkah-Leuchter der Familie.

Familie Posner emigrierte im Juni 1933 nach Belgien und im folgenden Jahr nach Jerusalem. Der Leuchter befindet sich heute als Leihgabe der Familie Posner in der Gedenkstätte Yad Vashem.

Stadtrat Lars Petersen (Bild: Britt Schilling)

Wie Sie wissen, bin ich ja aus Kiel. Ich freue mich deshalb nicht nur, heute hier zu sein, sondern auch darüber, dass der Leuchter in der vergangenen Woche zumindest für ein paar Tage in seiner, aber eben auch meiner Heimatstadt verweilen durfte. Ein Enkel von Rabbi Posner hat den Leuchter persönlich dem OB von Kiel übergeben. Der Leuchter war so für einige Tage Teil der Ausstellung „Kiel, Chanukka 1931 – Rahel Posners Foto erzählt“ – ich fahre morgen nach Kiel und werde mir die Ausstellung anschauen!

Gestern war der Leuchter übrigens bei unserem Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier in Schloss Bellevue in Berlin, der daran eine Kerze entzündete.

Zurück zum Foto: Auf der Rückseite des Fotos hat Frau Posner folgendes notiert:

„Juda verrecke“ Die Fahne spricht –

„Juda lebt ewig“ Erwidert das Licht.

Ich möchte auch, das Juda ewig lebt. Hier, in unserer Mitte, öffentlich und im Zentrum unserer Stadt.

Ich möchte, dass in Deutschland Jüdinnen und Juden zu jeder Zeit und an jedem Ort sichtbar Davidstern oder Kippa tragen können.

Ich wünsche mir, dass durch Veranstaltungen wie diese, durch interreligiösen Dialog, durch sichtbares bürgerschaftliches Engagement für Frieden und gegen Antisemitismus der – zweifellos zutreffende – Satz unseres Bundespräsidenten, wonach das „Judentum Deutschland mitgeprägt hat“, aus der Vergangenheitsform in die Gegenwart geholt wird.

Für ein offenes, selbstbewusstes und durch uns alle vor Antisemitismus geschütztes jüdisches Leben – hier und jetzt und heute.

Ihnen allen ein fröhliches, friedliches Chanukkah. Vielen Dank!