Offener Brief

Bezahlkarten müssen Entlastung bringen – für Verwaltung und Geflüchtete

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident Kretschmann,

Lieber Winfried,

Die aktuelle Debatte um Bezahlkarten für Geflüchtete startete mit dem Ziel, Verwaltungen zu entlasten. Leider finden die Stimmen der Kommunen in der Aufregung der vergangenen Tage kaum Gehör. Daher möchten wir vor der nächsten MPK unsere kommunale Perspektive mit Dir teilen.

Was uns als Kommune tatsächlich Entlastung bringt, sind Bürokratieabbau und Erleichterungen bei der Anerkennung ausländischer Abschlüsse, damit eine schnelle Integration der Menschen auch in den Arbeitsmarkt möglich wird.

Die Erfahrungen der vergangenen Jahre haben gezeigt, dass durch neue Regelungen im Asyl- und Ausländerrecht die Komplexität zugenommen hat und die Arbeit vor Ort erschwert wurde. Wir fordern daher, dass nur geregelt wird, was wirklich geregelt werden muss, um Bezahlkarten rechtssicher einzuführen. Darüber hinaus muss die Bezahlkarte eine tatsächliche Entlastung für die Kommunalverwaltung bringen, wie das Beispiel der Stadt Hannover zeigt. Ob eine Bezahlkarte eine Entlastung darstellt, kann allerdings die jeweilige Kommune am besten selbst einschätzen. Angesicht der schwierigen Personalsituation in den Ämtern sollte kein weiterer Verwaltungsaufwand mit der Bezahlkarte entstehen. Wir fordern daher eine weitestgehende Selbstbestimmung der Kommunen.

Wir Grüne als mit Abstand größte Fraktion des Freiburger Gemeinderats wollen, dass Geflüchtete und Migrant*innen in der Gesellschaft ankommen, schnell in Ausbildung und Arbeit finden und am Stadtleben teilhaben. In einem Bargeldland wie Deutschland mutet es bizarr an, dass ausgerechnet diejenigen, die auf Bargeld angewiesen sind, diese Möglichkeit nicht mehr nutzen sollen und Überweisungen unmöglich gemacht werden.

Daher lehnen wir Verschärfungen im Sinn von Restriktionen für Geflüchtete ab. Restriktionen wie Bargeldgrenzen, Postleitzahlbeschränkungen sowie Eingrenzung der Waren und die daraus zwangsläufig folgenden Ausnahmen sind weder eine Entlastung für die Kommunalverwaltung noch eine Erleichterung für eine schnelle Integration. Gerade die Personen, die unter § 2 AsylbLG fallen, sind Personen mit sehr guter Bleibeperspektive, bei denen verstärkt auf Integration gesetzt werden muss und bei denen zu Recht Leistungen analog SGB II/SGB XII zu erbringen sind. Deshalb ist es wichtig, dass alle Asylbewerber*innen und Geduldete von der Bezahlkarte ausgenommen sind, bei denen die Chancen auf Anerkennung hoch und eine baldige Rückführung unwahrscheinlich ist. Dies gilt insbesondere für solche Asylbewerber*innen, deren Asylanträge nicht als unzulässig oder offensichtlich unbegründet abgelehnt werden. Die Bezahlkarte darf Integration nicht behindern, und sobald Geflüchtete Erwerbseinkommen generieren, ist ein Girokonto zwingend notwendig.

Wir bitten dringend darum, dass die politische Debatte wieder in vernünftige Bahnen gelenkt und eine evidenzbasierte Migrationspolitik betrieben wird. Es braucht keine Arbeitspflicht, sondern eine Streichung ideologischer und wirtschaftsfeindlicher Arbeitsverbote. Denn Deutschland ist in den kommenden Jahren auf eine jährliche Bruttozuwanderung von 1,5 Millionen Menschen angewiesen. Daher ist es sinnvoll, dass auch in unserer Region ausländische Fachkräfte angeworben werden. Es mutet aber gleichzeitig wie ein Schildbürger- Streich an, wenn wir als Politiker*innen scheitern, den Menschen, die bereits da sind, schnellstmöglich den Weg in die Ausbildung und Arbeit zu ermöglichen.

Lasst die Menschen arbeiten! Das wäre jetzt das richtige und wichtige Zeichen.

Herzliche Grüße
stellvertretend für die Grüne Fraktion Freiburg

Simon Sumbert, Fraktionsvorsitzender

Karim Saleh, Migrationspolitischer Sprecher