Rede von Bärbel Schäfer, Sprecherin für Kultur, zu TOP 9 der Gemeinderatssitzung am 9.12.2025 „Neuordnung Kulturförderung – Umsetzung der Anträge zur Neuordnung der Projektmittel im Kulturbereich und zur Chorförderung vom 07.02.2025 (Grundsatzbeschluss)“
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Damen und Herren,
Was wollen wir heute beschließen? Und was beschließen wir heute eben nicht?
Heute gilt es, eine neue Struktur für die Kulturförderung auf den Weg zu bringen. Auf dem Weg zu bringen heißt, die Richtung vorgeben. Nicht mehr und nicht weniger. Die Förderrichtlinien werden wir in aller Ruhe im Verlaufe des nächsten halben Jahres miteinander erarbeiten. Empörung, dass hier irgendetwas übers Knie gebrochen wird, ohne die Betroffenen anzuhören, ist also nicht angesagt.
Beginnen werden wir mit der Chorförderung. Nur wenige Chöre sind bislang in der institutionellen Förderung, die weitaus größere Menge ist bereits jetzt in der Basisförderung. Zum einen ist diese Abgrenzung nicht fachlich wirklich nachvollziehbar und die bisherige Basisförderung entspricht auch nicht den Bedürfnissen der meisten Chöre im Hinblick auf ihre Reisetätigkeiten, Wettbewerbe und Projekt Vorhaben. Dem begegnen wir mit der neuen Kombinationsmöglichkeiten von Basis- und Projektförderung.
Für alle anderen Bereiche gab es bislang nur die Möglichkeit entweder Projektförderung oder institutionelle Förderung. Wer daher nicht nur ab und zu ein Projekt machte, musste versuchen, nach einer längeren Prozedur des Vorsprechens vor den Fraktionen, in die institutionelle Förderung zu kommen. Mit ungewissem Ausgang. Zugegebenermaßen: wer da einmal drin war, hat sich sicher gefühlt, für neue war der Weg schwer.
Das Ergebnis war ein Haushalt mit völlig kleinteiligen einzelnen Haushaltstiteln von zum Teil weniger als 3000 €. Für all diejenigen unter uns, die den Anspruch haben, der freien Kulturszene und ihrer Arbeit gerecht zu werden war dies inhaltlich nicht mehr verantwortbar. Das wollen und müssen wir ändern. Weil wir mehr Transparenz und damit auch mehr Berechenbarkeit für die freie Kulturszene erreichen wollen. Gerade für die kleineren Einrichtungen soll nicht mehr entscheidend sein, wer in der besten Tagesform den besten Pitch vor den Fraktionen macht, wenn er überhaupt das Glück hat, einen Termin zu bekommen, sondern wer fachlich gute Arbeit leistet und damit auf unsere kulturpolitischen Zielsetzungen einzahlt.

Weil wir mehr gemeinsame Verantwortung von Gemeinderat, Kulturverwaltung und Kulturschaffenden erreichen wollen. Dieses Pingpong-Spiel, wie wir es in den letzten Haushaltsjahren immer hatten, ging ja so:
Die Kulturverwaltung würde ja für die eine oder andere Einrichtung fachlich eine höhere Förderung befürworten, der Haushaltsentwurf sah aber dennoch diese Mittel nicht vor, sondern überließ es bei jeder kleinen Erhöhung den Fraktionen, hier eine Entscheidung zu treffen, eine Mehrheit zu finden.
Das wollen wir ändern: mit einer Fachjury, die gut besetzt sein muss, mit genügend Fachlichkeit für die jeweiligen Bereiche, aber auch mit einem angemessenen politischen Einfluss. Da wird es eine Entscheidung geben, für die alle dann einzustehen haben. Natürlich geben wir als einzelne Gemeinderätinnen und Gemeinderäte hier ein Stück von unserer persönlichen Wichtigkeit ab, indem wir nur als Teil einer Jury agieren. Doch letztlich bleibt es dem Gemeinderat immer vorbehalten und es ist seine Aufgabe, im Rahmen der Haushaltsbeschlüsse, die nötigen Mittel für die einzelnen Förderbereiche bereitzustellen.
Wenn wir anhand von klaren, fachlichen Kriterien fördern, schaffen wir mehr Berechenbarkeit für die Kulturschaffenden. Gleichzeitig zeigen wir auch auf, was Kultur, was die freie Kulturszene leistet. Und das ist doch enorm, und es wird immer bedeutender in einer Gesellschaft, die mehr und mehr an Zusammenhalt und Solidarität verliert, in der die soziale Herkunft immer noch entscheidend ist für Wohlstand und Wohlbefinden und für Zugehörigkeit.
Und weil wir der Überzeugung sind, dass Kultur auf vielen Ebenen Demokratie stärkt, bildet, zusammenführt, Solidarität und Verantwortung fördert, wollen wir eins ganz bestimmt mit dieser neuen Förderung nicht: wir wollen nicht an der Kultur sparen. Das Gegenteil ist der Fall: wir wollen Kultur stärken, indem wir deutlich sichtbar machen, was sie leistet und warum sie unsere Förderung mehr als verdient. Das wollen wir mit unserem Antrag 1 auch deutlich machen: Begrenzung der Mittel ist kein Ziel der Neuordnung.
Und sicher ist auch: die Basisförderung wird keine Förderung 2. Klasse sein, nur weil eine Jury entscheidet.
Wichtig ist uns hierbei, dass wir weder die inhaltlichen Kriterien noch die 30.000 € Grenze zwischen institutioneller und Basisförderung als harte Grenze sehen, sondern als grobe Richtschnur. Da wird es noch viele Gespräche geben, wie wir genau diese Abgrenzung machen und das wird sicher auch für die verschiedenen Bereiche unterschiedlich sein.
Insofern verstehen wir auch unsere Anträge als Impulse für die weiteren Gespräche. Diese Impulse haben wir aus den zahlreichen Gesprächen, die wir als Fraktion bereits geführt haben, mitgenommen:
- Nachdem wir für die kleineren Einrichtungen eine Planungssicherheit für vier Jahre schaffen möchten, stellt sich die Frage, inwieweit dies nicht auch für die institutionell geförderten möglich ist. Zumindest diejenigen, mit denen wir Zielvereinbarungen treffen, sollten ähnlich, wie es beim Theater der Fall ist, auch eine längere Planungssicherheit haben.
- Die vielfältige und kreative Kulturszene prägt das gute Leben in Freiburg ganz maßgeblich. Deshalb müssen die Projekttöpfe quantitativ und qualitativ passen. Und daran fehlt es unseres Erachtens noch im Bereich der Festivals. Da ist viel Kraft und Innovation in der freien Szene, da können wichtige Impulse für unsere Stadt entstehen. Das wollen wir angemessen fördern.
- Und da möchten wir niemand ausgrenzen und keine Förderungen erster und zweite oder dritter Klasse schaffen. Deshalb bitten wir auch nochmals die Säule der Lokalspezifischen Förderung inhaltlich und offen in dem kommenden Prozess zu prüfen.
Bis zum 1. Schritt im nächsten Doppelhaushalt werden wir daher noch zahlreiche Gespräche führen und Anregungen aufnehmen.
Doch meine ich schon, dass wir bei aller Offenheit heute in die Verantwortung gehen müssen und unser Ziel klar vorgeben sollten, dass wir eintreten für mehr Fachlichkeit, Berechenbarkeit, Transparenz und Fairness bei der Vergabe der Kulturfördermittel.
Und ich bin der Überzeugung, dass wir hierbei das Interesse der Kulturschaffenden und das Interesse an einer vielfältigen und kreativen Kulturlandschaft hier in Freiburg über unser persönliches Geltungsbedürfnis stellen sollten.
