Was wollen wir heute vorberaten und am nächsten Dienstag beschließen?
Das ist die grundsätzliche Neuordnung der Kulturförderung auf Basis von vier Säulen, statt bislang nur zwei.
Bislang gibt es für die freie Szene nur die Möglichkeit einer institutionellen Förderung oder einer Projektförderung.
Alle Einrichtungen, für deren tagtägliche Arbeit keiner der verschiedenen Projekttöpfe passte oder verlässlich war, mussten daher versuchen, nach einer längeren Prozedur des Vorsprechens vor allen Fraktionen – mit ungewissem Ausgang – in die institutionelle Förderung zu kommen. Diese Prozedur musste sich alle zwei Jahre wiederholen. Das Ergebnis war ein Haushalt mit völlig kleinteiligen einzelnen Haushaltstiteln von zum Teil weniger als 3000 €.
Für all diejenigen unter uns, die den Anspruch haben, der freien Kulturszene und ihrer Arbeit fachlich gerecht zu werden und tatsächlich unsere kulturpolitischen Leitlinien auch zu leben, war die schiere Menge dieser Gespräche nicht mehr verantwortungsvoll zu bewältigen, ganz zu schweigen davon, dass wir den Einzelnen weder inhaltlich noch fachlich gerecht werden konnten.
Wir haben auch gesehen, dass wir den Ansprüchen der Kulturszene mit dieser groben Zweiteilung -institutionelle Förderung oder Projektförderung – nicht annähernd gerecht werden. Bei den Chören, bei denen es ja bereits eine breite Basisförderung gab, ist deutlich geworden, dass die Ausgestaltung der Förderung einerseits nicht passgenau auf die Bedürfnisse der Chöre abgestimmt ist und andererseits die Unterscheidung dort zwischen institutioneller Förderung und Basisförderung nicht anhand fachlicher Kriterien nachvollziehbar ist. Deshalb haben wir die beiden interfraktionellen Anträge gestellt.
Weil wir mehr Transparenz und damit auch mehr Berechenbarkeit für die freie Kulturszene erreichen wollen. Gerade für die kleineren Einrichtungen soll nicht mehr entscheidend sein, wer in der besten Tagesform den besten Pitch vor den Fraktionen macht, sondern wer fachlich gute Arbeit leistet und damit auf unsere kulturpolitischenZielsetzung einzahlt.
Weil wir mehr gemeinsame Verantwortung von Gemeinderat und Kulturverwaltung und Kulturschaffenden erreichen wollen. Dieses Pingpongspiel, wie wir es in den letzten Haushalten erlebt haben, ging ja so: die Kulturverwaltung würde ja für die eine oder andere Einrichtung fachlich eine höhere Förderung befürworten, der Haushaltsentwurf sah aber dennoch diese Mittel nicht vor, sondern überließ es in jedem Einzelfall, bei jeder kleinen Erhöhung, den Fraktionen, hier eine Entscheidung zu treffen. Das wollen wir mit der Einrichtung einer Fachjury ändern. Natürlich geben wir hierbei ein Stück an persönlicher Wichtigkeit ab, indem wir als Teil einer Jury agieren und die Kulturschaffenden nicht bei uns einzeln vorsprechen lassen.
Wenn wir nun für die kleineren Einrichtungen unter 30.000 € Förderung mit einer gemeinsamen Fachjury Entscheidungen treffen, so tragen wir hierfür alle in gleicher Weise Verantwortung. Und selbstverständlich bleibt immer das letzte Recht des Haushaltsbeschlusses und der Haushaltsmittel für die unterschiedlichen Töpfe beim Gemeinderat.
Wenn wir bei der Basisförderung den kleineren Einrichtungen nicht nur zwei, sondern vier Jahre Fördersicherheit geben, schaffen wir mehr Verlässlichkeit und entlasten auch die Kulturschaffenden.
Wenn wir anhand von klaren fachlichen Kriterien fördern, schaffen wir Berechenbarkeit für die Kulturszene: nicht wer den besten Pitch vor den Fraktionen macht im Rahmen der Haushaltsberatungen oder wer die richtigen Leute kennt, wird gefördert, sondern diejenigen, die einen wichtigen Beitrag leisten für eine vielfältige Kulturszene in Freiburg und somit für die Menschen.
Und damit erreichen wir ein weiteres wichtiges Ziel: wenn wir anhand fachlicher Kriterien und auch mit Zielvereinbarungen deutlich machen, was Kulturschaffende zu erfüllen haben, um gefördert zu werden, zeigen wir innerhalb des Gemeinderats, der Verwaltung aber auch in der Bevölkerung, was Kultur, was die freie Kulturszene leistet. Und das ist enorm und es wird immer bedeutender in einer Gesellschaft, die mehr und und mir an Zusammenhalt und Solidarität verliert, in der die soziale Herkunft immer noch entscheidend ist für Wohlstand und Wohlbefinden und für Zugehörigkeit.
Und weil wir der Überzeugung sind, dass Kultur auf vielen verschiedenen Ebenen Demokratie stärkt, integriert, bildet, zusammenführt, Solidarität und Verantwortung fördert, wollen wir eins ganz bestimmt mit dieser neuen Förderung nicht: Wir wollen nicht an der Kultur sparen.
Das Gegenteil ist der Fall: wir wollen Kultur stärken, in dem wir deutlich sichtbar machen, was sie leistet und warum sie unsere Förderung mehr als verdient hat und warum unsere Gesellschaft beides braucht, städtische Einrichtungen, wie das Theater, aber eben auch die freie Kulturszene. Dazu gehören die Großen, die etablierte Institutionen Freiburg sind und die in Freiburg mehr als bekannt sind, genauso wie die kleineren, auf deren Bedürfnisse wir verlässlich, aber auch flexibel eingehen wollen, indem nämlich in Zukunft die Basisförderung, mit der Grundkosten wie Mietkosten und Equipment gefördert werden aber eben auch verbunden werden kann mit der Förderung für Aufwendungen, die eben für konkrete Projekte anfallen.
Was wir weder heute noch am Dienstag im Gemeinderat entscheiden:
wir entscheiden nicht über die neuen Kulturförderrichtlinien. Diese werden in den nächsten Wochen und Monaten in zahlreichen Gesprächen mit den Kulturschaffenden erörtert und erst dann verabschiedet werden. Um solche Gespräche aber sinnvoll führen zu können, müssen wir als Gemeinderätinnen und Gemeinderäte sagen, in welche Richtung wir hierbei wollen. Nicht mehr und nicht weniger tun wir heute und am Dienstag mit unserer Entscheidung.
Und dies tun wir, das kann ich für unsere Fraktion sehr deutlich sagen, nicht im luftleeren Raum, sondern im ständigen Gespräch mit den Kulturschaffenden. Wir sind im Gespräch und haben bereits jetzt schon viele wichtige Anreize und Anregungen bekommen, die wir in den weiteren Prozess mitnehmen werden. So zum Beispiel braucht es einen Topf für die Förderung von Festivals. Darauf werden wir hinwirken.
Es muss klar sein, dass die Basisförderung keine Förderung zweiter Klasse ist. Deshalb muss sie genauso indexiert werden wie die institutionelle Förderung und vor allem muss klar sein, dass sie eine vollständige Komplementärförderung für eventuelle Bundes- oder Landesmittel ist.
Und natürlich müssen die Jurys passgenau besetzt sein. Passgenau was die fachliche Einschätzung angeht, aber auch die politische Verantwortung.
Das alles und vieles mehr werden wir in den nächsten Wochen und Monaten auf unterschiedlichen Ebenen diskutieren, stets aber im Gespräch mit den Kulturschaffenden: Unser letztes Gespräch war vor wenigen Wochen, das nächste Gespräch das wir als Fraktion führen, wird übermorgen sein.
In diesem Sinne hoffen wir sehr, dass wir für diese Zielsetzung im Interesse der Kulturschaffenden nächste Woche eine klare Mehrheit finden. Eine Mehrheit, die das Interesse der Kulturschaffenden über das persönliches Geltungsbedürfnis einzelner stellen wird.
