„Es ist im Klimaschutz in Freiburg schon viel erreicht worden, aber es gibt auch noch viel mehr zu tun, packen wir’s also an!“

Rede von Stadtrat Eckart Friebis zu TOP 3 Klimabilanz 2013/14, TOP 4 Freiburg klimaneutral bis 2050: Standortbestimmung Klimaschutz und TOP 5 Fortschreibung Förderprogramm „Energiebewusst Sanieren“ der Gemeinderatssitzung am 24.10.2017

Sehr geehrte Damen und Herren,

lassen Sie es mich vorweg ganz klar und deutlich formulieren:  Klimaschutz ist  d i e  Überlebensfrage der Menschheit schlechthin.

Stadtrat Eckart Friebis
Stadtrat Eckart Friebis (Bild: Britt Schilling)

Siehe die alltäglichen Schlagzeilen in den Medien: Überschwemmungen, Dürren, Hurrikans, Bergstürze, verheerende Waldbrände, insgesamt immer mehr und schlimmere Unwetterkatastrophen. Und nicht zu vergessen die oft damit verbundenen Flüchtlingsströme und das unermessliche menschliche Leid und die vielen Milliarden an Sachschäden.

Die Folgekosten des Klimawandels sind dabei weit höher als die Kosten für Präventivmaßnahmen – weshalb wir alle aufgefordert sind, noch mehr als bisher auf allen Ebenen vor allem für eine dezidierte Senkung der CO2-Emissionen zu sorgen!

Zurück zur Situation in Freiburg: Die vorliegenden Drucksachen sind ein eindrücklicher Beleg,  was alles hier vor Ort läuft, um dem Klimawandel entgegen zu wirken. Die Anlagen mit den Darstellungen der bisher 67 zwischen 2014 bis 2016 umgesetzten bzw. laufenden Maßnahmen sowie die bis 2020 noch geplanten weiteren 93 Maßnahmen sind ein echtes Nachschlagewerk für alle Interessierten und zeigen, dass in sämtlichen Handlungsbereichen schon vielfältige Aktivitäten ergriffen wurden und noch ergriffen werden sollen. Ein großes Dankeschön dafür an die vielen Beteiligten in verschiedenen Dezernaten, die hier äußerst engagiert waren und engagiert sind!

Und die Vorlagen zeigen, dass wir auf dem richtigen Weg sind und dies – im Vergleich mit anderen Städten – durchaus mit einigem Erfolg.

Und jetzt kommt natürlich das „Aber“!

Trotz aller Anstrengungen bisher ist es sehr belämmernd zu sehen, dass wir bei einem „weiter so“ niemals unsere Klimaschutzziele – minus 50% CO2 bis 2030 und klimaneutral bis 2050 – erreichen werden! Zwar sind minus 20% CO2 absolut und minus 30% CO2 pro Kopf im Vergleich zu 1992 nicht schlecht, aber doch noch weit, ja sehr weit von den angestrebten minus 50% bis in 13 Jahren oder gar bis minus 90% bis Mitte des Jahrhunderts entfernt.

Wir müssen also in allen Handlungsfeldern noch mehr tun und dies noch schneller als bislang umsetzen. Doch dazu müssen auch die politischen Rahmenbedingungen auf Landes-, Bundes- und EU-Ebene stimmen, sonst können wir unsere Ziele nicht erreichen, egal wie sehr wir uns anstrengen.

Wenige Stichworte hierzu sollen genügen: Es müssen endlich wieder faire Bedingungen und ehrgeizige Ausbauziele für die erneuerbaren Energien geschaffen werden, nachdem vor allem durch falsche politische Entscheidungen sowohl bei der Fotovoltaik als auch bei der Windenergie drastische Einbrüche zu verzeichnen waren. Siehe die aktuelle PV-Bilanz der Stadtverwaltung, wo in Freiburg zwischen 2012 und 2016 ein Rückgang von 7,8 MW neu installierter Anlagen auf unter 1 MW im letzten Jahr zu verzeichnen war, ein Rückgang auf ein Achtel! Durch die neue PV-Kampagne der Stadt gibt es zwar wieder einen Lichtblick, aber richtig helfen würden nur neue bundespolitische Rahmenbedingungen wie die Abschaffung der Sonnensteuer/EEG-Umlage auf selbstverbrauchten Strom aus größeren PV-Anlagen sowie eine erleichterte Umsetzung von Mieterstromprojekten.

Ähnliches gilt für die Windkraft: Bei den neuen Ausschreibungen anstelle der 20-jährigen früheren Garantievergütung bekam Baden-Württemberg in den letzten Tranchen nicht eine einzige Anlage zugeteilt. Hier gilt es dringend zu handeln, damit auch Binnenlandstandorte wie im Schwarzwald eine Chance haben. Sonst haben wir zwar in Flächennutzungsplänen ausgewiesene Standorte, aber keine Investoren, weil ein Bau von Windkraftanlagen nicht wirtschaftlich darzustellen wäre – nicht einmal für die wenigen Standorte, die bei uns überhaupt übrig geblieben sind. Zusätzlich müsste das Repowering alter und wenig effizienter Anlagen erleichtert werden.

Doch aktuell haben alle regenerativen Anlagen, auch die Biomassenutzung, Probleme, während die CO2- und Schadstoff-Dreckschleudern Braun- und Kohlekraftwerke Tag und Nacht laufen, längst abgeschrieben sind und billige, aber CO2-reiche Kohle verfeuern. Und so dafür sorgen, dass Windkraftanlagen abgeregelt werden und halbwegs umweltfreundliche Gaskraftwerke mit Kraftwärmekopplung wegen teurer Gaspreise abgestellt bleiben – auch wegen zu geringer CO2-Zertifikatspreise beim Emissionshandel, die die schmutzige Kohlekraft bevorzugen, weil sie pro Tonne CO2 grade mal 5-6 Euro zahlen müssen, bei Folgekosten für die Gesellschaft von rund 80.-€ pro Tonne CO2 – d.h. sie zahlen grade mal 1/16 oder rund 6% der entstehenden Kosten!

Dass richtige politische Rahmenbedingungen etwas ändern können, zeigt gerade das Rhodia-Wärmeverbundkraftwerk im Industriegebiet-Nord:  Nachdem es jahrelang die Gasturbinen aus wirtschaftlichen Gründen stilllegen musste und keinen umweltfreundlicher Strom bzw. Wärme produzierte, hat sich die Situation aktuell durch bescheidene Verbesserungen der KWK-Gesetzgebung verändert, so dass pro Jahr jetzt wieder 200.000 MW Strom zusätzlich produziert und so rund 200.000 Tonnen CO2 eingespart werden könnten – immerhin rund 10% der gesamten Freiburger CO2-Produktion.

Wir erwarten im Energie- und Klimaschutzbereich deshalb von der neuen Bundesregierung auch klare und eindeutige Beschlüsse, die den Kohleausstieg beschleunigen und die erneuerbaren Energien voran bringen, genauso wie die Kraftwärmekopplung als nötige Übergangsenergie. Mal sehen, was aus dem Stichwort CO2-Steuer oder CO2-Abgabe wird!?

Auch im Bereich der energetischen Gebäudesanierung erwarten wir neue Aktivitäten von Berlin, die eine schnellere Sanierungsrate bewirken – denn alleine kommunale Maßnahmen wie unser sehr erfolgreiches Förderprogramm „Energiebewusst Sanieren“, mit dem bereits 10% der Freiburger Gebäude mit einer doppelt so hohen Sanierungsquote als im Bundesdurchschnitt erfasst wurden, reichen nicht aus. Wir sind gespannt, ob es dafür künftig steuerliche Abschreibungsmöglichkeiten oder ähnlich wirksame Maßnahmen als Anreiz für die Sanierung geben wird.

Wir haben ja jetzt das Förderprogramm mit ½ Million € pro Jahr erneut aufgrund der gemachten Erfahrungen geändert, fördern stärker die Installation von BHKW, von Stromspeichern und die Verwendung umweltfreundlicher Dämmstoffe. Lob an die Fachverwaltung, die hier stets den Finger im Wind hat und das Programm den aktuellen Entwicklungen anpasst. Aber wohl nur mit positiver Begleitmusik aus Berlin werden wir vermutlich die eigentlich erforderliche Sanierungsrate von mindestens 2%, noch besser Richtung 3% pro Jahr erreichen.

Im Mobilitätsbereich kommen wir leider genauso wenig voran wie auf Bundesebene, obwohl wir ja super Zahlen im Modal Split erzielt haben, mit 34% Radanteil und nur noch rund 20% PKW-Anteil. Dennoch stagnieren die CO2-Emissionen in diesem Sektor, ja sind von 2013 auf 2o14 sogar angestiegen, vermutlich wegen des Durchgangsverkehrs, aber auch wegen immer mehr und immer größeren Fahrzeugen sowie immer größeren Fahrleistungen. Hier gibt’s also noch einiges zu tun: Stichworte weiterer Ausbau des Rad- und Fußwegenetzes, gutes ÖPNV-Angebot, Elektromobilität bei VAG, Stadtverwaltung, Taxis und Zustelldiensten sowie optimale Vernetzung der verschiedenen Verkehrsarten. Und wir müssen uns im nächsten Jahr dazu noch weitere Gedanken machen, wie wir den Auto- und LKW-Verkehr insgesamt reduzieren und dessen Emissionen verringern können. Ein Thema dabei könnte die City-Logistik sein, auch mit (Elektro) Lastenrädern.

Weitere wichtige Bereiche, um die wir uns allein schon wegen deren „Masse“ kümmern müssen wäre der der Ausbau der Nahwärmenetze, der KWK-Ausbau, ein zumindest klimaneutraler, besser Plusenergiestadtteil Dietenbach und (zumindest) die Beibehaltung unserer Gebäudeenergiestandards.

All die Möglichkeiten, die ja noch über die mehr als  150 dargestellten Einzelmaßnahmen hinausgehen müssen, sollen ja jetzt im Rahmen einer großen Bürgerbeteiligung zur Fortschreibung unseres Klimaschutzkonzepts im Dialog mit den zahlreichen Akteuren der Stadt diskutiert und bewertet werden. Damit dann Ende 2018 ein umfangreiches aktuelles Konzept als Richtschnur für die Stadt, nicht nur für die Stadtverwaltung, sondern für alle CO2-Produzenten, vorliegt. Wichtig ist auch, dass durch ein kontinuierliches Monitoring geprüft wird, wie die Maßnahmen im zeitlichen Verlauf wirken, damit im Bedarfsfalle rechtzeitig und zielorientiert nachgesteuert werden kann.

Deshalb ist es heute auch noch nicht erforderlich, alle möglichen und noch nicht einmal in den zuständigen gemeinderätlichen Gremien vorberatenen Zusatzanträge zu stellen, dafür bietet der bevorstehende Beteiligungsprozess noch genügend Gelegenheit.  Wenn die Verwaltung die jetzt kurzfristig von SPD, UL und FL/FF als Prüfaufträge umformulierten Anträge übernimmt, soll uns das aber auch recht sein.

Anders sieht es mit den vorliegenden beiden Pro-Holz-Anträgen aus, die ja Ergebnis der kürzlichen Exkursion nach Vorarlberg sind und schon intensiv zwischen den Fraktionen diskutiert wurden.

Das Ziel, künftig durch unterschiedliche Aktivitäten noch viel mehr – vor allem heimisches – Holz als CO2-Senke oder CO2-Speicher in allen Sektoren zu verwenden, werden ja vermutlich der Kollege Krögner und die Kollegin Hehn noch näher erläutern.

Erwähnen möchte ich auch noch den interfraktionellen Antrag aller im Bauausschuss der Freiburger Stadtbau vertretenen Fraktionen für die nächste Aufsichtsratssitzung im November, der die FSB auffordert, künftig bei allen Neubau- und Sanierungsvorhaben frühzeitig die Installation einer PV-Anlage vorzusehen bzw. eines BHKW, falls kein Nahwärmeanschluss verfügbar ist. Und den Gremien im Einzelfall darzulegen, falls das nicht klappen sollte.

Zusammen mit einer neuen FSB-Holzbauoffensive – es sind ja mehr als ein Dutzend Mehrfamilienhäuser in reinem Holzbau in der ECA-Siedlung und im Metzgergrün geplant – kann dies auch ein wesentlicher Beitrag zum Klimaschutz und zur CO2-Reduzierung sein.

Fazit:

Es ist im Klimaschutz in Freiburg schon viel erreicht worden, aber es gibt auch noch viel mehr zu tun, packen wir’s also an!

Und dabei sind wirklich  a l l e  gefordert, ob Stadt, Wirtschaft, Vereine, Bürgerschaft, Verbände, Institutionen oder wer auch immer.

Ich hoffe, dass bis Ende nächsten Jahres dann ein neues Klimaschutzkonzept vorliegt, mit dem unsere Klimaschutzziele auch erreicht werden können!

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.