Neue Windkraftpotentiale?

Windräder auf dem Rosskopf (Bild: Timothy Simms)

Das Land hat einen neuen Windkraftatlas erarbeiten lassen, damit liegt eine bessere Grundlage für die Beurteilung von Windkraftstandorten vor. Wir fragen nach, welche Auswirkungen das auf Freiburg hat.

Neuer Windatlas für Baden-Württemberg; hier: Anfrage der GRÜNEN Fraktion nach §24,4 GemO – Neue Windkraftpotenziale in Freiburg?

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,

heute hat der baden-württembergische Umweltminister Untersteller (GRÜNE) den neuen Windatlas Baden-Württemberg vorgestellt. Dieser neue Windatlas hat die Windkrafttauglichkeit aller potenziell geeigneten Flächen anhand neuester Daten und Methoden sowie der aktuell verfügbaren Windanlagentechnik bewertet. Er bildet damit eine weitaus bessere Beurteilungsgrundlage als der (veraltete) Windatlas aus dem Jahr 2011, der ja auch eine der Grundlagen für die Ausweisung von Windradstandorten auf der Gemarkung der Stadt Freiburg war. Im Ergebnis kommt der neue Windatlas landesweit – und offensichtlich auch für die in Freiburg relevanten Bereiche Schwarzwald und Vorbergzone – auf ein weit höheres Flächenpotenzial für Windkraftanlagen als bislang angenommen.

Bekanntlich hat ja die Fortschreibung des Freiburger Teilflächennutzungsplans Windkraft mit dem Feststellungsbeschluss Ende 2018 leider nur zur Ausweisung eines einzigen neuen Standortes für Windräder im Bereich Taubenkopf/Kappel geführt.
Die klimaschutzpolitischen Zielsetzungen der Stadt Freiburg, die ja auch ein konkretes Ziel zum Ausbau der regenerativen Stromerzeugung durch Windkraft umfassen – 10% des Gesamtstromverbrauchs sollten bis 2020  aus umweltfreundlicher lokaler Windkraft erzeugt werden, 15% bis 2030 – sind damit kaum zu erreichen, selbst wenn an den bereits vorhandenen Windanlagenstandorten Roßkopf und Holzschlägermatte künftig ein ehrgeiziges Repowering erfolgen sollte. Faktisch wurden in den vergangenen Jahren gerade einmal rund 1% (ein Prozent) des Gesamtstromverbrauchs durch die fünf Freiburger Windräder erzeugt!

In der Konsequenz muss dies bedeuten, dass die Stadt Freiburg – selbstverständlich in Abwägung mit anderen Belangen, wie bspw. dem Artenschutz – umgehend prüfen sollte, ob angesichts neuer Erkenntnisse (wie des nun vorgelegten Windatlasses Baden-Württemberg) zusätzliche geeignete Windkraftstandorte auf eigener Gemarkung – oder in Kooperation mit Nachbargemeinden – zur Erzeugung von möglichst viel umweltfreundlichem Windstrom verfügbar wären.

Auch die aktuelle Klimaschutzdiskussion deutschland- und europaweit und die unabdingbare Notwendigkeit, noch viel entschlossener und schneller wirksame Maßnahmen gegen die fortschreitende Erderhitzung mit ihren katastrophalen Folgen für Mensch und Umwelt zu ergreifen, muss uns vor Ort Verpflichtung sein, u.a. alle vertretbaren Möglichkeiten zur nachhaltigen Windstromerzeugung auszuschöpfen. Diesbezüglich wollen wir auch auf die aktuelle Beschlusslage des Freiburger Gemeinderates zur Verschärfung der Klimaschutzziele, zur Ausweitung des Klimaschutzfonds um drei Millionen Euro jährlich ab 2020 sowie auf das beauftragte Klima- und Artenschutzmanifest der Stadt Freiburg hinweisen. Eine Ausweisung weiterer Standorte für Windkraftnutzung hätte für alle drei genannten Aspekte eine wesentliche Bedeutung und wird explizit auch im fortgeschriebenen und gerade erst vom Gemeinderat beschlossenen Freiburger Klimaschutzkonzept 2018 gefordert (siehe S. 97 und S. 154)!

Vor diesem Hintergrund bitten wir um die Beantwortung nachfolgender Fragen:

  1. Welche neuen Erkenntnisse können aus dem aktuell präsentierten Windatlas des Landes Baden-Württemberg – gegenüber den bisher verwendeten Grundlagen zur Ausweisung von Windkraftstandorten im Flächennutzungsplan der Stadt Freiburg – gewonnen werden?
  2. Welche zusätzlichen Flächen sollten nach Auffassung der Verwaltung deshalb im Detail auf ihre Eignung für den Bau weiterer Windräder untersucht werden? Wieviele Anlagen mit welcher potenziellen Ökostromerzeugung könnten darauf neu entstehen?
  3. Wann kann die Verwaltung den zuständigen gemeinderätlichen Gremien wie Bau- und Umweltausschuss die gewünschten Auskünfte erteilen und gemeinsam über das weitere Vorgehen beraten?
  4. Wäre zur Ausweisung zusätzlicher Windradstandorte eine Änderung des Flächennutzungsplans erforderlich oder könnte dies auf anderem Wege erreicht werden?
  5. Haben sich seit dem im letzten Jahr abgeschlossenen Teil-FNP-Verfahren Windkraft neue Aspekte hinsichtlich der Artenschutzrelevanz – beispielsweise beim artenschutzbedingt bislang abgelehnten, aber äußerst windstarken Standort Ochsenberg nordnordwestlich des Schauinslandgipfels – ergeben, die erneute Standortprüfungen sinnvoll erscheinen ließen?
  6. Wie will die Stadt Freiburg – ohne zusätzliche Windradstandorte – ihre o.g. Klimaschutzziele im Bereich Windkraft erreichen?

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Horn, wir sind uns sicherlich einig in der Erkenntnis, dass wir auf allen politischen und gesellschaftlichen Ebenen angesichts der drohenden Klimakatastrophe unsere Anstrengungen zur Reduzierung der Klimagase erheblich und schnellstmöglich verschärfen müssen. Gemeinderat und Stadtverwaltung stehen dabei besonders in der Pflicht und die aktuellen Diskussionen und Wahlergebnisse haben gezeigt, dass die Bevölkerung genau dies auch von allen Entscheidungsträgern erwartet.

Mit freundlichen Grüßen

gez. Maria Viethen
Fraktionsvorsitzende

Eckart Friebis
Stadtrat
Fraktionsgeschäftsführer

Nachricht hiervon der Umweltbürgermeisterin, dem Baubürgermeister, den Fraktionen, dem RVSO sowie den örtlichen Medien