Rede

Mietspiegelfortschreibung: „Prognosen sind schwierig, insbesondere wenn sie die Zukunft betreffen.“

Mietspiegel

Gemäß den bundesgesetzlichen Vorgaben erstellt die Stadt Freiburg regelmäßig einen qualifizierten Mietspiegel, der für zwei Jahre gilt. Nach zwei Jahren kann dieser einmalig fortgeschrieben werden. In der Vergangenheit wurde dazu eine Indexanpassung gewählt, die aufgrund der enorm gestiegenen Lebenshaltungskosten dieses Mal aber zu einer drastischen Erhöhung führen würde. Daher begrüßen wir den Vorschlag der Verwaltung, für die anstehende Fortschreibung auch eine Stichprobe in Auftrag zu geben. Mit einem interfraktionellen Ergänzungsantrag wollen wir prüfen lassen, ob im nächsten Mietspiegel die energetische Beschaffenheit sowie die Barrierefreiheit von Wohnungen besser abgebildet werden kann.

Rede von Stadträtin Maria Viethen zu TOP 14 der Gemeinderatssitzung vom 28.06.2022 „Mietspiegelfortschreibung 2023/2024“ (G-22/086)

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
sehr geehrte Damen und Herren

Regelmäßig alle zwei Jahre steht das Thema Mietspiegel auf der Tagesordnung des Gemeinderates. Entweder steht eine neue Erhebung an, oder wir diskutieren über eine Fortschreibung. Fakt ist, dass die Mieten in Freiburg weiter steigen, und zwar nach wie vor in einem Tempo, das uns alle erschüttert. Wir versuchen gegenzuhalten mit dem Bau neuer Wohnungen, insbesondere mit dem Bau eines neuen Stadtteils, der nicht nur klimaneutral werden soll, sondern vor allem preiswerten Wohnraum für gering verdienende Menschen zur Verfügung stellen soll. Wir Grüne halten nach wie vor fest daran, dass auf Dietenbach 50 % der Wohnungen öffentlich gefördert sein sollen. Natürlich ist das risikoreich, aber anders als die Sparkasse sind wir nicht nur einem soliden Umgang mit den der öffentlichen Finanzen verpflichtet, sondern verfolgen auch politische Ziele für einen sozial-ökologischen Umbau der Stadt.

Noch einmal zur Erinnerung: Der Mietspiegel ist – anders als immer wieder reißerisch behauptet wird – kein Mieterhöhungsspiegel. Er bildet schlicht die Entwicklung auf dem Mietmarkt der letzten 6 Jahre ab. Es handelt es sich um eine der drei Alternativen, mit der ein Vermieter die Erhöhung einer Miete im freifinanzierten Wohnungsbau begründen kann. Ein qualifizierter Mietspiegel, der in einem genau festgelegten Verfahren ermittelt wird, ist bindend für beide Vertragsparteien, also VermieterInnen und MieterInnen.

Fraktionsvorsitzende Maria Viethen (Bild: Britt Schilling)

Würden wir als Gemeinderat keinen qualifizierten Mietspiegel verabschieden, so könnte jeder Vermieter zu den beiden anderen Möglichkeiten greifen, um eine Mieterhöhung zu begründen. Entweder nämlich das Gutachten eines Mietsachverständigen einholen oder aber drei Vergleichswohnungen benennen, bei denen die Miete entsprechend höher liegt. Dies würde gerade den großen Wohnbaugesellschaften, Stichwort etwa: Vonovia, nicht schwer fallen. Sollte ein Vermieter hingegen die Miete ohne jegliche Begründung erhöhen, so kann jeder Mieter/jede Mieterin überprüfen, ob dies gerechtfertigt ist und gegebenenfalls auch dagegen klagen; bzw. einer Klage des Vermieters ruhig entgegen sehen. Dass mittlerweile der Mietspiegel kostenfrei auf der Website der Stadt abgerufen werden kann, verdankt sich übrigens einer Initiative meines Kollegen Gerhard Frey in der letzten Sitzungsperiode.

Heute gestaltet sich die Lage sehr knifflig: Der geltende Mietspiegel läuft zum 31.12.2022 aus. Wir müssen den Mietspiegel fortschreiben, wollen wir den VermieterInnen und MieterInnen der Stadt weiter dieses Instrument an die Hand geben. Es gibt nun die einfache Möglichkeit, den Mietspiegel über einen Index fortzuschreiben. Zwingend vorgeschrieben ist dabei der Preisindex für die Entwicklung der Lebenshaltung aller privaten Haushalte in Deutschland, der VPI, und zwar bezogen auf die letzten zwei Jahre. Dieser Index bildet jedoch nicht nur die Steigerung der Mieten ab, sondern umfasst auch die übrigen Lebenskosten, die bekanntlich in den letzten Monaten sehr stark gestiegen sind, insbesondere beispielsweise die Energiekosten. Bei Zugrundelegung des VPI Ende Mai 2022 würde eine Erhöhung von 10 % in den Mietspiegel einfließen müssen.

Wir haben alternativ die Möglichkeit, uns ein genaues Bild zu verschaffen, nämlich eine Stichprobe einzuholen. Dies ist nur dann wirksam, wenn genug Menschen befragt werden und der Rücklauf ausreichend ist. Ob bis zur letzten Sitzung des Gemeinderates im Dezember 2022 eine qualifizierte Strichprobe vorliegt, ist fraglich. Schließlich müsste die Erhebung in den Sommerferien beginnen. Deshalb schlägt die Verwaltung vor, für die letzte Gemeinderatssitzung in diesem Jahr parallel sowohl eine Indexfortschreibung vorzubereiten, wie auch eine Stichprobe zu erheben. Ersteres für den Fall, dass die Stichprobenerhebung nicht den gesetzlichen Voraussetzungen entspricht bzw. nicht rechtzeitig fertiggestellt werden kann. Sollten wir aber eine wirksame Stichproben-Erhebung haben, so werden wir dieser folgen müssen, weil es die exaktere Methode ist, selbst wenn dies zu noch höheren Mieten führt wie die Erhöhung über einen Index. Die Erhebung einer Stichprobe würde dem städtischen Haushalt Mehrkosten von € 77.500 bescheren, ich halte dies jedoch trotzdem für einen guten Vorschlag der Verwaltung, weil ich der Hoffnung bin, dass der Index überzogen ist. Aber wissen tut das niemand. Wie sagte schon Karl Valentin: „Prognosen sind schwierig, insbesondere wenn sie die Zukunft betreffen.“

Noch etwas zu unserem interfraktionellen Antrag. Wir wollen, dass geprüft wird, ob nicht auch die energetische Ausstattung von Wohnungen ein Merkmal ist, an dem sich die Höhe der Kaltmiete auf dem Markt orientiert, und in den Mietspiegel einfließen soll. Teilweise dürfte die energetische Ausstattung schon in anderen Merkmalen versteckt sein, die bislang bereits bei der Mietspiegelerstellung berücksichtigt werden. Es wäre jedoch gut, wenn dies in Zukunft sichtbarer gestaltet werden könnte, um doch eine gewisse Lenkungswirkung zu entfalten. Das gleiche gilt für das Merkmal der Barrierefreiheit. Ich glaube schon, dass für die Mieterinnen und Mieter einer Wohnung von Bedeutung ist, ob sie ihre Wohnung auch im Alter weiter nutzen können, sollte sich das eine oder andere Handicap einstellen.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit, meine Fraktion wird der Vorlage zustimmen.

Interfraktioneller Ergänzungsantrag

Rede von Stadträtin Maria Viethen

Gemeinderatssitzung vom 28.06.2022