Rede

„Konsequent die großen Linien fahren“

Die Anpassung des Förderprogramms „Klimafreundlich Wohnen“, die Empfehlungen des Klimabürger_innenrats und die aktuelle Klimaschutzbilanz – in der heutigen Sitzung des Gemeinderates drehen sich gleich drei Drucksachen um das Thema Klimaschutz. Stadträtin Sophie Schwer fordert Gemeinderat und Verwaltung auf, daraus die richtigen Schlüsse zu ziehen: große Linien fahren statt politische Profilprojekte verfolgen und demnächst einen Klima-Haushalt vorlegen.

Rede von Stadträtin Sophie Schwer zu TOP 5-7 der Gemeinderatssitzung vom 22.11.2022 „Anpassung Förderprogramm ‚Klimafreundlich Wohnen'“, „Klimabürger_innenrat Region Freiburg zur Bearbeitung des Themas ‚100% Erneuerbare Energien Region‘ – Vorstellung der Empfehlungen“ & „Klimaschutzbilanz der Stadt Freiburg bis 2020 und Zielsetzung Klimaneutralität bis 2035“

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
liebe Bürgermeisterin, liebe Bürgermeister,
sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen,

wir haben heute die aktuelle Klimaschutzbilanz auf dem Tisch, die uns wie immer unangenehm deutlich sagt, wie weit wir noch von unserem Ziel entfernt sind. Das Vorziehen des Ziels auf 2035 statt 2038 ist richtig – bringt uns dem Ziel alleine aber noch nicht näher.

Die Zeit wird immer knapper und es kann hierauf nur eine Antwort geben: Wir müssen unsere Bemühungen intensivieren. Klimaschutz schaffen wir nicht mit einer Vielzahl kleiner politischer Profilprojekte, wir müssen kommunal konsequent die großen Linien fahren: Unsere Gebäude sanieren, unseren Energieverbrauch senken, unsere Wärmeversorgung umbauen und vor allem die Erzeugung erneuerbarer Energien hochfahren. Das sind die Stellschrauben einer Kommune und das sind die Aufgaben, die nur wir (!) übernehmen können und die daher unbedingt Priorität haben müssen.

Stadträtin Sophie Schwer (Bild: Britt Schilling)

Das bedeutet für mich mit Blick auf den kommenden Haushalt: Die Sanierung (zum Beispiel) der Max-Weber-Schule ist dringend geboten und die Instandhaltung unseres Gebäudebestandes muss Vorrang haben vor parteipolitischen Lieblingsprojekten einzelner Bürgermeister und Gemeinderäte.

Wir haben ausserdem das erste Mal den Klimaschutzfonds in nie dagewesener Höhe, der für zusätzliche Klimaschutzprojekte da ist und dessen Mittel nach wissenschaftlichen Kriterien vergeben werden. Auch hier gilt: Effizienz vor Parteipolitik. Ich kann nur an alle hier im Hause appellieren, dass wir dem Votum des eigens dafür gegründeten wissenschaftlichen Beirates folgen und nicht in den Verhandlungen daran „herumdoktern“.

Ich möchte im Angesicht der gestiegenen Energiepreise an dieser Stelle darauf hinweisen, dass PV-Anlagen, Umstellung auf LED-Beleuchtung und smarte Energiekonzepte keine ökologischen Extras sind, die aus diesem Topf bezahlt werden müssen. Das sind ökonomisch gebotene Entscheidungen, die die Verwaltung auch bitte gerne so in den Haushalt stellen darf.

Im letzten Haushalt musste wir hier im Gemeinderat erheblich nachjustieren, was das Thema Klimaschutz anging, insbesondere und in Millionenhöhe bei Photovoltaik und Wärmeversorgung. Dieses Mal fordere ich Sie als Verwaltung auf: Legen Sie für die Stadt Freiburg in zwei Wochen einen Klima-Haushalt vor!

Der Klimabürger_innerat bestätigt Ihnen, dass dies das ausdrückliche und eindeutige Begehren der Stadt ist, nicht nur von jungen Menschen, nicht nur von Grünen Wähler*innen sondern von einer ganz breiten Mehrheit in der Stadtgesellschaft.

Das ist eine gemeinsame Anstrengung, bei der wir gemeinsam Prioritäten setzen müssen.

Das Programm „Klimafreundlich Wohnen“ ist dabei ein hilfreicher Baustein und wir begrüßen die Drucksache zum Ausbau des Programms. 

Dem Antrag von ESFA zu einer Erhöhung und Verkomplizierung der ohnehin schon hohen und bisher doch erfreulicherweise sehr einfach zu bekommenden Förderung für Balkonsolarmodule erteilen wir daher eine Absage. Die Förderung und das vorgeschlagene Prozedere stehen in keinem Verhältnis zum Nutzen der Module, weder ökologisch noch sozial. Die Module sind genauso wie bisher eine nette Ergänzung im Förderprogramm, aber nicht die Rettung für finanziell Schwächere in Zeiten der Energiekrise. Das sagt auch das Öko-Institut hier in Freiburg: Über Tag klaffen Solarstromerzeugung und Bedarf auseinander, die tatsächliche Rendite für den Haushalt muss man wirklich kritisch sehen: den Großteil des Stroms verbraucht der Durchschnittshaushalt am Abend, wenn das Modul keinen Strom erzeugt. Der Strom, der am Mittag erzeugt wird, wird unvergütet ins Netz eingespeist. Das ist nicht schlecht für die Energiewende (jede kWh zählt und deswegen fördern wir die Module ja auch schon mit einem hohen Betrag), aber für die Mieter*innen ist der Mehrwert in der Praxis sehr überschaubar. Für uns ist dies ein klassischer Versuch sich parteipolitisch profilieren zu wollen bei den wichtigen Themen „Energie und Soziales“, wo wir uns solche Showanträge wirklich nicht leisten können.

Der einzige Punkt, den wir unterstützen können, ist die Vereinfachung des Anschlusses der Module. Es ist zwar meines Wissens noch nicht klar, ob das überhaupt voll gesetzeskonform ist, aber ich betrachte das als Prüfauftrag. Wenn es möglich ist, begrüssen wir einen erleichterten Anschluss, wenn es gesetzlich aus Sicherheitsgründen vorgeschrieben ist, ist der Beschluss hinfällig und die bisherige Praxis natürlich fortzuführen.

Den Antrag zum Klimamobilitätsplan halten wir für ähnlich kontraproduktiv. Eine Neuausrichtung (wie vorgeschlagen) verhindert hier das Erreichen des eigentlichen Zwecks, nämlich möglichst zeitnah den Plan abzuschliessen, damit dann das Maximum an Fördermitteln zu bekommen und jetzt in die Umsetzung zu starten! 

Bei der Wärmeplanung ist der Antrag ähnlich unsinnig; denn es liegt doch auf der Hand, dass wir die Massnahmen die wir dort erarbeitet haben, schlicht schneller umsetzen müssen. Keinesfalls, wirklich keinesfalls, sollte man hier jetzt eine Warteschlaufe und mehr Papier einfordern, indem wir diesem Antrag folgen.

Was wir jetzt machen müssen ist die Umsetzung beschleunigen. Für Profilierung über bergeweise Anträge und Papierkram haben wir ganz objektiv keine Zeit. Lasst uns also die großen Themen angehen und insbesondere im nächsten Haushalt unsere Ressourcen und Kapazitäten drauf konzentrieren.

Vielen Dank!

Rede von Stadträtin Sophie Schwer in der Gemeinderatssitzung am 22.11.2022