„Bedarfsgerechter Wohnraum, insbesondere auch für Familien“

Auf einen interfraktionellen Antrag hin wurde im Gemeinderat über das Thema „Familienfreundliche Eigentumspolitik in Freiburg“ diskutiert. Unsere Fraktionsvorsitzende machte klar, dass hier einerseits einiges unternommen wird und andererseits die Frage, für wen gebaut werden soll, von der getrennt werden muss, wen wir mit öffentlichen Geldern unterstützen wollen.

Rede von Stadträtin Maria Viethen zu TOP 18 der Gemeinderatssitzung vom 07.03.2023: „Familienfreundliche Eigentumspolitik in Freiburg“ (G-23/056)

Sehr geehrte Damen und Herren,

in den letzten Monaten habe ich mehrfach an dieser Stelle zur Wohnungspolitik gesprochen: zum Flächennutzungsplan, zur ambitionierten Wohnbau- und Klimaschutzoffensive der Freiburger Stadtbau und natürlich zum neuen Stadtteil Dietenbach. All diese Reden haben eines gemeinsam: im Mittelpunkt steht die Herausforderung, genügend bedarfsgerechten Wohnraum für die Menschen in unserer Stadt zu schaffen; insbesondere auch für Familien. Daher ist es wenig überraschend, dass die heute angesetzte Debatte eher aus Wiederholungen als aus neuen Ideen besteht.

Die Drucksache listet auf, was alles getan wird: Familien werden als Zielgruppe bei Vermarktungskonzepten besonders berücksichtigt, sie bekommen Sonderkonditionen bei der Vergabe von Erbbaurechten, die Programme der Landeswohnraumförderung werden um einen städtischen Zinszuschuss ergänzt und für Dietenbach gibt es einen Topf mit 40 Mio. € für besondere Wohnformen.

Dennoch ist unstrittig: der Wohnraumbedarf ist nach wie vor deutlich größer als das Angebot und auch viele Familien aus der Mittelschicht können sich kein Wohneigentum mehr leisten. Das liegt auch an schwierigen Rahmenbedingungen, die wir durch kommunales Handeln nicht vollständig ausgleichen können: die allgemeine Inflation, steigende Baukosten, die rasant gestiegenen Zinsen, hohe Bodenpreise, geänderte Förderkulissen und so weiter. Klar ist, dass z.B. die Voraussetzungen für die Baugruppen und genossenschaftlichen Projekte für Kleineschholz schwierig geworden sind; da braucht es bessere Förderbedingungen von Bund und Land – für diese sollten wir uns gemeinsam einsetzen; als Kommune allein werden wir dies nicht stemmen können.

Die Flächen und finanziellen Ressourcen der Stadt sind begrenzt und damit stellt sich die Frage, wo der Fokus liegen sollte. Es ist meines Erachtens nicht die Aufgabe der Stadt, den normalen Wohnungsmarkt zu subventionieren. Und auch nicht, Mittelstandsfamilien mithilfe öffentlicher Gelder zu einer Altersvorsorge zu verhelfen, die im wesentlichen auf der Wertsteigerung von Grundstücken bestehen wird – so nachvollziehbar ich diesen Wunsch auch finde. Unsere Aufgabe ist es doch, dort einzugreifen, wo der Markt außer Kontrolle ist und öffentliche Gelder dort zu investieren, wo Menschen mit Wohnraum versorgt werden müssen, die sonst auf der Strecke bleiben würden. Vor diesem Hintergrund gehe ich davon aus, dass der Vorschlag, Geld aus dem städtischen Haushalt für eine Subvention bei der Grunderwerbsteuer in die Hand zu nehmen, vom Tisch verschwindet.

Die Bedarfslage ist klar; ich zitiere aus der Drucksache vom vergangenen Jahr: „Auf Basis der Wohnungsmarktanalyse sind somit Knappheiten bei bezahlbaren Mietwohnungen, bei bezahlbaren Eigentumsformen, bei familiengerechten Wohnungen sowie bei genossenschaftlichen und kooperativen Wohnformen festzuhalten. Familiengerechtes Wohnen wird in der Studie insbesondere über entsprechend große Wohnungen mit einer ausreichenden Anzahl an Zimmern definiert (z. B. mindestens 3 oder mehr Zimmer). In diesen Segmenten besteht nach der Wohnungsmarktanalyse und -bedarfsprognose für eine bedarfsgerechte Wohnraumversorgung zukünftig Handlungsbedarf.“ Hier sollten wir ansetzen und hier setzen wir doch auch die Schwerpunkte.

Ein Wort noch zur erneuten Forderung, den Mix der FSB-Bauvorhaben von 25%/75% Eigentumsmaßnahmen/Mietwohnungen zu 40%/60% ändern: Die FSB kann nicht unendlich Wohnungen bauen. Wie schon im letzten Jahr gesagt: „Wenn wir tatsächlich das Ziel verfolgen, die Wohnungsbestand bei der Stadtbau im Saldo um dann 1.000 Mietwohnungen aufzustocken, ist dies bis 2030 nicht zu erreichen, wenn 40 % als Eigentumsmaßnahmen konzipiert werden.“ Und diese Mietwohnungen brauchen wir dringend!

Meine Damen und Herren, so wie es falsch ist, wenn von der einen Seite behauptet wird, wir würden nicht genug für bezahlbare Mieten machen, so falsch ist es, wenn von der anderen Seite der Eindruck erweckt wird, wir würden uns „nur“ um den Sozialen Wohnungsbau kümmern und nicht um die Mittelschicht.

Schauen Sie sich zum einen die Einkommensgrenzen in der aktuellen Landeswohnraumförderung an: Ein Haushalt mit zwei Personen kann mit einem Haushaltseinkommen von bis zu 52.700 Euro pro Jahr einen Wohnberechtigungsschein für geförderte Mietwohnungen erhalten, bei einem Haushalt mit vier Personen sogar bis zu 70.700 Euro – und bei der Eigentumsförderung liegen die Grenzen nochmals jeweils 10.000 € höher. Das geht doch weit in die Mittelschicht hinein!

Und dann schauen Sie sich zum anderen die aktuellen und geplanten Baugebiete an, dort wird doch beides entwickelt: die 50%-Quote ist keine 0%-Quote und keine 100%-Quote!
Ob bei Dietenbach, bei der Neuaufstellung der Freiburger Stadtbau oder beim neuen Flächennutzungsplan: Wir müssen die Frage trennen, für wen gebaut werden soll und wen wir mit öffentlichen Geldern unterstützen wollen. Größe und Zuschnitt der geplanten Wohnungen müssen sich am tatsächlichen Bedarf ausrichten, vor allem am Bedarf von Familien. Öffentliche Gelder hingegen sind prioritär dafür da, Familien, Alleinerziehende, aber auch Senior*innen und Alleinstehende mit Wohnraum zu versorgen, die die Kriterien für den sozial geförderten Wohnungsbau erfüllen.

Vielen Dank!