Interview

Kultur im Doppelhaushalt 2023/24

Zu einigen Themen sehen wir Grüne Änderungsbedarf. Wir haben dazu mit Anke Wiedemann, stellvertretende Fraktionsvorsitzende und Mitglied im Kulturausschuss, gesprochen.

Anke, bei der Bürgerumfrage rangiert die Kultur immer ziemlich weit unten. Viele fragen sich: Warum sollte der Gemeinderat über Fraktionsanträge noch mehr Geld für Kultur lockermachen?

Weil wir eine Verantwortung für die Kulturszene und die dort Tätigen in Freiburg haben und die Stadtverwaltung und der Kulturbürgermeister hier leider alles dem Gemeinderat überlässt. Ein Beispiel: Das Theater im Marienbad kann aktuell keine Mindestgagen zahlen, weil der städtische Zuschuss zu gering ist. Auch Schauspieler*innen sind von Inflation und hohen Mieten betroffen. Das Marienbad ist so ein wichtiges Theater für die Schüler*innen und Kinder in unserer Stadt, das wollen wir erhalten. Deshalb möchten wir den Zuschuss erhöhen, denn auch für das Personal des Stadttheaters oder der Stadtverwaltung werden die Tariferhöhungen von der Stadt finanziert. Mehr Geld für die freien Kultureinrichtungen bedeutet daher oft schlicht Gleichbehandlung mit den städtischen Kultureinrichtungen.

Es ist ja im Übrigen nicht so, dass nur die Stadt Kultur fördert. Viele Kultureinrichtungen in Freiburg machen qualitativ so gute Arbeit, dass sie auch von Bund und Land gefördert werden und viele Projektmittel von Stiftungen und aus Förderprogrammen einwerben. In vielen Bereichen besteht ab einer gewissen Zuschusshöhe von der Stadt die gute Chance, auch eine 2:1-Förderung vom Land zu bekommen. Das heißt: Wenn wir z.B. den Zuschuss einer Einrichtung auf 50.000 Euro erhöhen, können 25.000 Euro vom Land dazukommen. Gerade weil wir in Freiburg nicht im Geld schwimmen, ist es wichtig, diese Chance zu nutzen.

Stadträtin Anke Wiedemann (Bild: Britt Schilling)

Ihr habt über 30 Gespräche mit verschiedenen Gruppen aus dem Kulturbereich geführt. Nach welchen Kriterien entscheidet ihr, ob ihr dann auch tatsächlich Anträge auf einen Förderung stellt?

Die Bedingungen in unterschiedlichen Bereichen der Kultur sind sehr unterschiedlich. Deshalb ist es schwierig, einheitliche Kriterien anzulegen. Für uns ist zunächst die Qualität der geleisteten Arbeit wichtig. Das sieht man z.B. daran, ob es einem Antragsteller gelingt, auch Projektmittel einzuwerben, die ja oft durch Fachjurys vergeben werden.

Der Aspekt der Fremdfinanzierung spielt für uns ohnehin eine wichtige Rolle: Bemüht sich eine Einrichtung aktiv darum, Projektmittel einzuwerben und z.B. über einen Förderverein auch Spendengelder zu bekommen. Denn die städtischen Mittel sind knapp und es kann nicht sein, dass man sich nur bei der Stadt um Gelder bemüht. Sehr wichtig ist uns auch eine klare Zukunftsperspektive: Wo will man hin? Welches Publikum will man erreichen? Welche Pläne hat man, um auch Menschen zu erreichen, die bislang nicht Kulturveranstaltungen besuchen?

Zu guter letzt muss man auch schauen, welche Bedeutung eine Einrichtung für das Kulturangebot in Freiburg hat. Mit wem kooperiert sie? Stellt Sie Räume zur Verfügung, in denen andere Gruppen auftreten können? Freiburg ist zu klein, als dass jeder für sich alleine herumwurstelt.

Welche Schwerpunkte habt ihr mit Euren Anträgen gesetzt?

Nach dem der letzte Doppelhaushalt den Schwerpunkt hatte, die Kultur unbeschadet durch die Corona-Krise zu bringen – was gut gelungen ist – setzen wir dieses Mal drei Schwerpunkte: Kulturelle Teilhabe, Sicherung von Räumen und Sicherung/Weiterentwicklung von Einrichtungen.

Es ist unser Anspruch, dass Kulturangebote nicht nur für ein älteres Bildungsbürgertum gemacht werden, sondern breite Teile der Bevölkerung ansprechen. Deswegen wollen wir kulturelle Teilhabe stärken. Wir fördern gezielt die, die niederschwellige Angebote für unterschiedliche Zielgruppen machen, sei es stadtteilbezogen, durch kostenlose Kultur im öffentlichen Raum, durch Angebote der kulturellen Bildung für Kinder und Jugendliche oder z.B. durch die Förderung der Cordiale, einem Festival, das von und für Menschen mit Migrationsgeschichte gemacht wird.

Fehlende, bezahlbare Räume bleiben ein zentrales Problem der Kulturszene. In den letzten Jahren sind einige Räume entstanden, so z.B. in der Hildastrasse die Räume des Kulturaggregats für Urban Art oder der Delphi Space mit einem breiten Angebot. Solche Räume wollen wir sichern, dazu brauchen die Trägervereine Zuschüsse, um z.B. steigende Mieten zu finanzieren. Einige Kultureinrichtungen sind ja in städtischen Räumen untergebracht, wie z.B. das E-Werk oder das Theater im Marienbad. Für notwendige Umbauten/Sanierungen haben wir hier 250.000 Euro beantragt. Hier investiert die Stadt in ihr eigenes Vermögen, damit diese Räume langfristig der Kulturszene zur Verfügung stehen. 

Unser dritter Schwerpunkt ist die Stabilisierung und Weiterentwicklung von Kultureinrichtungen. Da geht es zum einen darum, dass die Zuschüsse für die Arbeit der Einrichtung ausreichen – ich hatte das ja vorhin schon am Beispiel des Theaters im Marienbad ausgeführt. Zum anderen gibt es aber auch einzelne Einrichtungen, die erwiesenermaßen hohe Qualität bringen und sich inhaltlich weiterentwickeln wollen. So möchte sich z.B. das Literaturhaus verstärkt um kulturelle Teilhabe kümmern und benötigt dafür zusätzlich eine halbe Stelle.