Rede

„Haushaltspolitik mit Augenmaß“

Anlässlich des 2. Finanzberichts des Jahres blickt Stadtrat Jonathan Ben-Shlomo auf die finanzielle Lage der Stadt und stellt klar: „Für die Investitionen in Bildung, Klimaschutz, Wohnen und Verkehrswende benötigen wir künftig einen starken Haushalt.“

Rede von Stadtrat Dr. Jonathan Ben-Shlomo zu TOP 10 der Gemeinderatssitzung vom 12.12.2023 „2. Finanzbericht 2023“ (G-23/167)

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
Sehr geehrtes Plenum,

Zunächst herzlichen Dank Herr Schaber für den guten Austausch und die Informationen vorab!

Am 2. August in diesem Jahr wurde der Doppelhaushalt 2023/2024 vom Regierungspräsidium Freiburg genehmigt. Die Verabschiedung des Doppelhaushalts zuvor im Gemeinderat am 9. Mai war meine erste Sitzung als Gemeinderat – das ist gut ein halbes Jahr her. Ich kann mich noch gut daran erinnern, und zwar nicht nur, weil ich dort vereidigt wurde, sondern weil es die dritte und letzte Lesung zur Verabschiedung des Doppelhaushaltes war. Warum war das so einprägsam für mich?

Weil dort sehr unterschiedliche Haltungen zum Haushalt deutlich wurden. Meine Fraktion hatte Anträge gestellt, die unterm Strich zu keiner Mehrbelastung im Haushalt führen, diese wurden großteils schon in der zweiten Lesung verabschiedet. Am 9. Mai gab es zahlreiche Anträge, die den Haushalt – insbesondere das im Ergebnishaushalt abgebildete laufende Geschäft und damit strukturelle auch künftige Haushalte – erheblich belastet hätten und diese haben wir aus genau diesem Grund auch abgelehnt.

Denn aus einer Gesamtperspektive funktioniert es nicht, jedes gewünschte Projekt zu finanzieren. Ich bin mir sicher, dass auch der eine oder andere folgende Redebeitrag darauf abheben wird.

Jonathan Ben-Shlomo
Stadtrat Dr. Jonathan Ben-Shlomo (Bild: Britt Schilling)

Ich komme zur aktuellen Prognose für den Haushalt 2023, die erfreulicherweise besser ausfällt, als noch im Frühjahr erwartet. Die Gründe dafür sind Rekord-Einnahmen bei der Gewerbesteuer, geringere Ausgaben durch Verschiebung von Bauvorhaben und Einsparungen beim Personal, weil aufgrund des Fachkräftemangels viele Stellen unbesetzt sind. Das führt insgesamt dazu, dass der vom Gemeinderat gewährte Kreditrahmen in Höhe von ca. EUR 46,4 Mio. nicht vollständig ausgeschöpft werden muss und die Neuverschuldung „nur“ ca. EUR 12,6 Mio. betragen wird.

Aber: Was manche vergessen, ist, dass wir kein zusätzliches Geld dadurch zum Verteilen haben – erst recht nicht, da es sich bei der Verschiebung von Bauvorhaben und offene Stellen ja nicht um planbare Minderausgaben handelt – wir wären alle froh, wenn keine Verschiebungen stattfänden und auch alles Stellen besetzt werden könnten. Auch die sprudelnden Gewerbesteuern werden keineswegs bei eintrübender Konjunktur automatisch immer weiter steigen. Um es deutlich zu sagen: Wir machen immer noch neue Schulden, nur eben glücklicherweise in diesem Haushalt deutlich weniger. Das ist angesichts des gestiegenen Zinsniveaus auch dringend nötig. Denn weniger Schulden bedeuten: Weniger Zinszahlungen, die den Haushalt belasten und dafür etwas mehr Spielraum für Ausgaben in künftigen Haushalten.

Denn perspektivisch brauchen wir einen starken Haushalt, um die geplanten Zukunftsinvestitionen zu stemmen.

  • Dazu gehört: Der Ausbau des ÖPNV – mit steigenden Verlusten der VAG in zweistelliger Millionenhöhe
  • Dazu gehört: die Fokussierung auf Klimaschutzmaßnahmen mit dem verabschiedeten Klimaschutzpaket in Höhe von EUR 120 Mio. in den nächsten 6 Jahren
  • Dazu gehört: Der Ausbau der Ganztagsschulen und Schulbausanierungen, z.B. der Gewerbeschulen
  • und dazu gehört auch: Die Schaffung bezahlbaren Wohnraums

Neben diesen politischen Schwerpunkten, die Investitionen mit großen Auswirkungen auf die zukünftigen Haushalte bedeuten, gibt es zudem noch Haushalts-Risiken. Dazu gehört z.B. die Tarifentwicklung oder auch die Baukostensteigerungen, die sich ja auch bereits bei einigen Projekten bemerkbar machen. Auf die unsichere wirtschaftliche Entwicklung, die sich auf die Gewerbesteuer auswirken kann, habe ich schon hingewiesen. Die letzten Jahre haben gezeigt, dass die multiplen Krisen, die sich auch auf die Stadt auswirken, sei es Corona, sei es der Angriffskrieg Putins auf die Ukraine, nur finanziell stemmbar waren, weil es zahlreiche Finanzhilfen des Bundes gab – ich nenne hier nur den ÖPNV-Rettungsschirm.

Ich komme zum Ende und fasse nochmal zusammen: Es ist sinnvoll, ja notwendig, eine Haushaltspolitik mit Augenmaß zu betreiben und Mehrausgaben durch mehrheitsfähige Deckungsvorschläge gegenzufinanzieren – insbesondere, wenn es sich nicht um Investitionen handelt, sondern um den laufenden Betrieb. Die aktuelle Prognose, mit neuen Schulden von EUR 12,6 Mio. statt des maximal gewährten Kreditrahmens von EUR 46,4 Mio. ändert daran nichts. Für die Investitionen in Bildung, Klimaschutz, Wohnen und Verkehrswende benötigen wir künftig einen starken Haushalt und auch ausreichend finanzielle Unterstützung von Bund und Land.