Bericht

Bericht aus dem Haupt- und Finanzausschuss

Ich bin Luis, 22 Jahre alt und Student in Freiburg an der Uni. Seit letzter Woche mache ich ein Praktikum bei der Grünen-Fraktion im Freiburger Stadtrat. Dazu zählt unter anderem, die Sitzungen des Rates und der Ausschüsse vor- und nachzubereiten und daran teilzunehmen, um einen tieferen Einblick in die Arbeit des Gemeinderates und der Verwaltung zu erhalten. An dieser Stelle möchte ich für euch aus der spannenden 3. Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses berichten.

19.02.2024, 16:00 Uhr. Ich nehme zusammen mit einigen anderen Bürger*innen Platz auf der Besuchertribüne im Freiburger Gemeinderatssaal. Bei uns oben ist zwar nicht viel los, dafür sitzen unten mehr Stadträte als eigentlich Mitglieder im Ausschuss sind und daneben reihenweise Beschäftige aus der Verwaltung. Die heutigen Tagesordnungspunkte behandeln eine interessante Vielzahl von Themen, ich verspreche mir davon eine abwechslungsreiche Debatte. Was ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht weiß: Die Sitzung wird auch viel länger dauern als vorgesehen.

Nach der Begrüßung durch Oberbürgermeister Martin Horn beschließt der Ausschuss unter Tagesordnungspunkt 1 die Annahme von Spenden und Zuwendungen. Die kommen überwiegend von Vereinen und Privatpersonen und sollen zum Beispiel an ein städtisches Amt für einen bestimmten Zweck gehen, da gibt es keinen Diskussionsbedarf von Seiten der Stadträt*innen.

Der dritte Tagesordnungspunkt ist die Entscheidung über einen Bürger*innenantrag der Initiative „Freiburg 5G-frei“, die einen Baustopp der 5G-Sendemasten und die Einrichtung von Schutzzonen und einer Beratungs- und Meldestelle für „Mobilfunknebenfolgen“ fordert. Sie hat die erforderlichen 2500 Unterschriften gesammelt, um das Thema auf die Tagesordnung des Gemeinderates zu setzen, und im HFA wird jetzt zuerst darüber beraten. Eine Mitarbeiterin aus dem Bereich Digitales und IT der Verwaltung hält eine Präsentation über Umsetzungsmöglichkeiten. Es beeindruckt mich sehr, wie ernsthaft und detailliert sich die Verwaltung mit den Forderungen auseinandergesetzt hat. Deswegen ist auch die Ablehnung der Forderungen des Antrags, die die Verwaltung empfiehlt, gerechtfertigt, gut begründet und nicht als grundsätzliche Verweigerung gegenüber „5G-frei“ zu verstehen.

Unter Tagesordnungspunkt 4 diskutiert der Ausschuss den Bau von Containeranlagen auf dem Gelände der Gärtnerei Hügin für unbegleitete minderjährige Ausländer. Auch hier gibt es einen informativen Input von Bürgermeisterin Buchheit über den starken Anstieg der Zahlen der Flüchtlinge in Freiburg. Die unbegleiteten Minderjährigen unter ihnen müssen von der Stadt in einer Notunterkunft untergebracht werden, bis sie einen regulären Betreuungsplatz finden. Übergangsweise wird dafür die Turnhalle der Max-Weber Schule genutzt, bis die Stadt ein geeignetes Gelände gefunden hat. Die Bürgermeisterin und das Fachpersonal der Verwaltung müssen sich in diesem Zusammenhang kritischen Fragen einiger Stadträte stellen, können aber überzeugend darlegen, dass das Gelände der Gärtnerei Hügin der mit Abstand geeignetste Ort ist. Außerdem werden die Notunterkünfte mehr als dringend gebraucht und die Kosten vom Land erstattet. Die Verwaltung ist zuversichtlich, die Container nur für eine Dauer von 2 Jahren zu nutzen und währenddessen die regulären Plätze zu erhöhen. Anschließend steht das Gelände wieder für die ursprünglich vorgesehene sportliche zur Verfügung. Nach intensiver Diskussion stimmt der HFA schließlich zu.

Angesichts der umfangreichen Diskussionen und der abzusehenden Verzögerung schlägt OB Horn vor, einige Tagesordnungspunkte, über die der Ausschuss sowieso nur berät und die der Gemeinderat dann in der nächsten Sitzung beschließt, schneller und ohne Diskussion abzuhandeln. Darunter fallen zum Beispiel die geplante Erhöhung der Vergütung für Pflegefamilien, der Sachstandsbericht zum Tourismuskonzept und der Bebauungsplan mit Satzungsentwurf für das erste Quartier des neuen Stadtteils Dietenbach.

Eine kontroverse Debatte entsteht dann wieder bei der Entscheidung über die Aufhebung des Sperrvermerks über die Förderung des Vereins Clubkultur e.V. Der Verein hatte im Haushalt 20.000 € zugeteilt bekommen. Wenn in der Haushaltsplanung Gelder für ein Projekt beschlossen werden, dessen Umsetzung oder Ausgestaltung noch nicht klar ist, kann der Gemeinderat es mit einem Sperrvermerk versehen. Clubkultur e.V. möchte in Freiburg ein Gelände für Kunst- und Kulturschaffende aller Art inklusive einer „Kulturstraßenbahn“ betreiben. Da eine geeignete Fläche gefunden wurde und der Verein nun einen umfassenden Bauantrag einreichen muss, benötigt er die finanzielle Sicherheit, um Fachleute für die Planung zu engagieren. Deshalb sollten die 20.000 € jetzt freigegeben werden, so die Begründung der Stadt. Einige Politiker der CDU, Freien Wähler, FDP und AfD finden, der Verein sollte zuerst ein Betreiberkonzept vorlegen, bevor Gelder bewilligt werden. Sonst wisse man ja nicht, ob die öffentlichen Gelder verschwendet seien, weil es vielleicht nie zur Umsetzung des Projekts komme. Dem entgegen halten die Stadträte von JUPI und Eine Stadt für alle, dass der Verein die Mittel brauche, um überhaupt ein Betreiberkonzept vorlegen zu können. Würden sie jetzt nicht bewilligt, würde der ehrenamtliche Verein scheitern, da teure, professionelle Planung notwendig sei, die er aus eigenen Mitteln nicht stemmen könne. Da der Gemeinderat im Haushalt die grundsätzliche Förderung beschlossen hatte, sollten die Mittel jetzt freigegeben werden. Nachdem lange hin und her diskutiert wird, gibt hebt der HFA den Sperrvermerk schließlich mit großer Mehrheit auf.

Nächster Punkt: Um die Istanbul-Konvention umzusetzen, die Gewalt gegen Frauen und häusliche Gewalt verhindern soll, arbeitet das Amt für Soziales an einem ämter- und dezernatsübergreifenden Gewaltschutzkonzept. Über die letzten Monate fand diesbezüglich ein Beteiligungsprozess statt, bei dem Fachwissen eingeholt, Umfragen durchgeführt und mit den betreffenden Akteuren, insbesondere Schulen, gesprochen wurde. Viele verschiedene Stellen arbeiteten am Gewaltschutzkonzept mit und dessen Ergebnisse können jetzt vorgestellt werden. Aus dem Gemeinderat gibt es Kritik daran, dass in der Drucksache, die die Verwaltung den Stadträt*innen zur Information vorlegte, irreführenderweise die vorgeschlagenen Maßnahmen nicht aufgeführt waren. Gleichzeitig wird die Mitarbeiterin im Amt, die maßgeblich am Prozess beteiligt war, für ihre gute Arbeit gelobt. Leider sind die Maßnahmen noch nicht wirklich konkret und auch nicht mit einem präzisen Finanzierungsbedarf bestückt, weshalb noch weitere Arbeit daran erforderlich ist.

Der letzte Tagesordnungspunkt des öffentlichen Teils ist die Aufhebung der Sozialen Erhaltungssatzung für Brühl und Zähringen. Das ist ein Instrument der Stadtentwicklung, um der Gentrifizierung entgegenzuwirken, und es beinhaltet starke regulatorische Möglichkeiten. Ein Gutachten im Auftrag der Stadt kam jetzt zu dem Schluss, dass die rechtlich zwingend notwendigen Voraussetzungen für eine soziale Erhaltungssatzung nicht gegeben sind, der Gemeinderat sollte also in der nächsten Sitzung die Aufhebung beschließen. Auch das wird wegen der Verspätung und der lediglich beratenden Funktion des HFAs nicht weiter besprochen, Baubürgermeister Haag sichert allerdings zu, dass die Stadt die Viertel im Blick behält und im Falle einer Zuspitzung der Situation das Thema wieder aufnimmt.

Anschließend müssen die Zuschauer*innen inklusive mir die Tribüne verlassen, da der nicht-öffentliche Teil der Sitzung beginnt. Ich bin dann nach über zweieinhalb Stunden Sitzung doch relativ froh darüber. Gemeinderät*in zu sein, ist ein Ehrenamt – man muss sich mal vorstellen, wie anstrengend das neben der Berufstätigkeit werden kann. Für die Mitglieder der Grünen-Fraktion startet im Anschluss noch die Fraktionssitzung. Gegen 21:15 Uhr sind wir dann schließlich entlassen 😀