FAQ Istanbulkonvention und Gewaltschutz

Was ist die Istanbulkonvention (IK) und was regelt sie?

Die Istanbulkonvention ist das Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt und ist seit 2014 in Kraft. Der Europarat besteht aus 46 Mitgliedstaaten, darunter sind alle EU-Mitgliedstaaten sowie z.B. die Türkei, die Ukraine, Albanien, Georgien und Aserbaidschan. (Russland wurde wegen des Angriffs auf die Ukraine aus dem Europarat ausgeschlossen.)

Seit 2018 ist die Istanbulkonvention auch in Deutschland in Kraft. Damit ist Deutschland zur Prävention und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt verpflichtet. Das beinhaltet nicht nur der Schutz von Gewaltopfern sondern auch Strafverfolgung von Täter*innen. Die IK legt dabei grundlegende Begriffe fest und schafft damit klare Rechtsnormen so wird z.B. Gewalt gegen Frauen als „eine Menschenrechtsverletzung und eine Form der Diskriminierung der Frau verstanden und bezeichnet alle Handlungen geschlechtsspezifischer Gewalt, die zu körperlichen, sexuellen, psychischen oder wirtschaftlichen Schäden oder Leiden bei Frauen führen (können), einschließlich der Androhung solcher Handlungen, der Nötigung oder der willkürlichen Freiheitsentziehung, sei es im öffentlichen oder privaten Leben.“ Ebenso fallen unter häuslicher Gewalt „alle Handlungen körperlicher, sexueller, psychischer oder wirtschaftlicher Gewalt, die innerhalb der Familie oder des Haushalts oder zwischen früheren oder derzeitigen Eheleuten oder Partnerinnen beziehungsweise Partnern vorkommen“. 

Deutschland ist verpflichtet Maßnahmen auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene umzusetzen. Kommunen sind daher verpflichtet ausreichend Schutz für Betroffene Frauen und Kinder bereit zu stellen durch z.b. Frauenhäuser und Beratungsstellen. Gleichzeitig müssen Kommunen aktiv vorbeugende Maßnahmen durch Aufklärungs-und Öffentlichkeitsarbeit anbieten z.B. an Kitas, Schulen, in der Nachbarschaft, in Vereinen und am Arbeitsplatz. Diese können durch unterschiedliche Formate vermittelt werden wie z.B. Weiterbildungen, Workshops oder Seminare. 

Wie sieht die Situation in Freiburg aus? 

Der Bedarf an Schutzmaßnahmen für von Gewalt betroffenen Frauen und Kindern ist hoch. Seit 2015 haben sich Fälle sexualisierter Gewalt in Freiburg verdoppelt, die Fälle von häuslicher Gewalt sind seit langem auf hohem Niveau und steigen sogar an. Auch die Anzahl an Übergriffen auf Kinder sind besorgniserregend hoch. 2019 wurde die Stadt Freiburg durch einen interfraktionellen Antrag mit der Erarbeitung eines Gewaltschutzkonzeptes beauftragt.

Das Gewaltschutzkonzept sieht damit vor allem den Schutz und die Beratung von betroffenen Frauen und Kindern sowie die Präventions- und Öffentlichkeitsarbeit vor. Beides wird bereits durch Fachstellen wie Frauenhorizonte e.V. und FRIG (Freiburger Fachstelle Intervention gegen häusliche Gewalt) geleistet. Gewalt gegen Frauen findet in allen gesellschaftlichen Milieus statt und ist immer noch ein Tabuthema. Die Dunkelziffer der Übergriffe ist dabei hoch. Die Stärkung der Öffentlichkeitsarbeit spielt daher eine zentrale Rolle. Die Freiburger Bevölkerung zu informieren, zu sensibilisieren und Mut zu machen, nicht weg zu schauen, birgt großes Potenzial Empathie für Betroffene und unterstützende Netzwerke zu schaffen sowie falsche Toleranz mit Täter*innen entgegenzutreten. 

Wie wird die Umsetzung der IK in den Ländern sichergestellt?

Die Expert*innengruppe GREVIO (Group of experts on action against violence against women and domestic violence) überprüft die Umsetzung der Maßnahmen in den einzelnen Ländern. Eine erste Einschätzung der Maßnahmen in Deutschland wurde 2022 veröffentlichtPositiv hervorgehoben wurden eine Reihe von Strafrechtsänderungen, insbesondere die Einführung der „Nein heißt Nein“-Regel, die jede sexuelle Handlung gegen den erkennbaren Willen des Opfers unter Strafe stellt. Deutschland wird weiter ermutigt alle nicht einvernehmlichen sexuellen Handlungen zu kriminalisieren. Ebenfalls gelobt wird die explizite Kriminalisierung von technologieunterstützter geschlechtsspezifischer Gewalt, wie Cyberstalking, unbefugtes Fotografieren privater Körperteile, das Teilen von Bildern im Internet und die Verwendung von Stalkerware. Positiv hervorgehoben werden auch die seit 2016 veröffentlichten Statistiken des Bundeskriminalamts und die damit verbundenen Anstrengungen zur Sichtbarmachung von Partnerschaftsgewalt. 

GREVIO stellt jedoch auch erhebliche Lücken in Deutschland fest. Dies sind z.B. 

  • das Fehlen einer landesweiten Koordinierungsstelle der Maßnahmen zur Verhütung und Bekämpfung sämtlicher Formen geschlechtsspezifischer Gewalt.
  • das Fehlen einer langfristigen und umfassenden Strategie. Auch die Bund-Länder-Arbeitsgruppe „Häusliche Gewalt“ sei in diesem Zusammenhang nicht ausreichend
  • die Datenerhebung zur häuslichen Gewalt ist in Deutschland vorhanden aber extrem lückenhaft. Eine vollständige Erfassung, wie die IK es vorsieht, ist nicht möglich. Diese ist aber notwendig, um Maßnahmen zur Vorbeugung und Bekämpfung effektiv zu verbessern. 
  • Mangel an Schutzräumen für Betroffene von häuslicher Gewalt.
  • mangelnde Umsetzung in Aus- und Weiterbildungen bestimmter Berufsgruppen, die mit Opfern oder Täter*innen von geschlechtsspezifischer Gewalt zu tun haben z.b. Richter*innen, Staatsanwält*innen und Mitarbeiter*innen der Gesundheits- und Sozialdienste. 

Wofür setzt sich die Grüne Fraktion in Freiburg ein?

Auf Initiative der Grünen wurde Im Februar dieses Jahres ein interfraktioneller Antrag im Gemeinderat angenommen, der einen konkreten Maßnahmenplan für die kommenden Jahre fordert. Damit auch schon in diesem Jahr der Gewaltschutz für Frauen gestärkt wird, wurde auch die Finanzierung des Projekts „Stop – Stadtteil ohne Partnergewalt“ sichergestellt. Der Schwerpunkt des Gewaltschutzkonzeptes in Freiburg wird auf der Gewaltprävention von Gewaltformen liegen von denen überwiegend Frauen und Mädchen betroffen sind. Die Maßnahmen werden in unterschiedlichen Handlungsfeldern umgesetzt z.b. Sicherheit im öffentlichen Raum, Prävention sexualisierter und häuslicher Gewalt, Prävention von Gewalt gegen Kinder und Jugendliche und Sicherheit im Internet.

Wo finden Betroffene konkret Hilfe und Beratung in Freiburg?