„Selbstorganisierte Mietshäuserprojekte sind wichtig für die soziale Stabilität.“

Rede von Stadtrat Gerhard Frey zu TOP 8 der Gemeinderatssitzung vom 23.05.2017: „Vermarktungskonzept Kronenmühlenbach“

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
Sehr geehrter Herr Erster Bürgermeister,
Sehr geehrte Damen und Herren,

eine Mehrheit des Gemeinderats hat am 31.01.2017 beschlossen, das städtische Grundstück am Kronenmühlenbach nicht als Inhouse-Vergabe an die Freiburger Stadtbau zu vergeben, sondern es zum Festpreis und weitgehend analog der Vergabekriterien der Grundstücke auf Gutleutmatten auszuschreiben. Das städtische Grundstück stellt mit 2/3 der Geschossflächen als geförderter Mietwohnungsbau hohe Anforderungen.

Stadtrat Gerhard Frey
Stadtrat Gerhard Frey (Bild: Britt Schilling)

Schon vor über einem Jahr haben sich drei Projektgruppen des Mietshäuser-Syndikats beim Ersten Bürgermeister und den Fraktionen gemeldet und ihr Interesse an diesem Grundstück bekundet. Meine Fraktion hat bereits damals Unterstützung für deren Projektideen signalisiert. Die drei Gruppen möchten im Kontext der Projekte des Mietshäusersyndikats altersgerechte, geförderte Mietwohnungen mit langer Mietpreisbindung bauen, sowie Wohnungen für Behinderte, Familien und Geflüchtete.

In der Sitzung im Januar hat unsere Fraktion betont, dass wir uns durchaus vorstellen können, dass auch noch andere innovative genossenschaftsähnlich organisierte Mietprojekte sich für dieses Grundstück interessieren könnten.

Der nun vorgeschlagene Vergabepunkt unter 2.2a, nämlich ein städtisches Benennungsrecht der Mieterinnen und Mieter, d.h. nicht nur die Vorgabe, dass ein Großteil der zukünftigen Bewohnerschaft einen Wohnberechtigungsschein vorweisen muss, sondern dass die Wohnungen aus der Notfallliste der Stadt Freiburg belegt werden,  schließt selbstorganisierte, genossenschaftliche Mieterprojekte als Bewerber für das Grundstück aus.

Grundvoraussetzung für selbstorganisierte Mieterprojekte ist, dass die Erstbewohner weitgehend aus der Projektkerngruppe kommen. Die langfristige Mietpreisbindung sichert aber, über die erste Generation der Bewohnerinnen und Bewohner hinaus, preiswerten Mietwohnraum.

Meiner Fraktion ist bewusst, dass angesichts der Wohnungsnot in Freiburg, die Wohnungssucherdatei wächst. Die Erhöhung der Einkommensgrenzen im Landeswohnraumförderprogramm 2017, wie von der Verwaltung argumentiert, kann sicherlich noch zu einem weiteren Anwachsen der Wohnungssucherdatei führen. Meinem Wissen nach finden die meisten Personen der Wohnungssuchernotfallliste aber innerhalb eines Jahres selbst eine Wohnung.

Die Freiburger Stadtbau versorgt diejenigen der Notfallliste mit Wohnraum, die über einen längeren Zeitraum hinweg nicht selbst eine Wohnung finden. Für diese Personengruppe baut die Stadtbau aktuell auf Gutleutmatten ca. 150 geförderte Wohnungen. Weitere geförderte Wohnungen entstehen in der Belchenstrasse. Und der Abriss und Neubau der ECA-Siedlung wird auch zu fast 90 % als geförderter Mietwohnungsbau realisiert. D. h. Haslach bekommt einen deutlichen Zuwachs an geförderten Wohnungen der Stadtbau.

Selbstorganisierte Mietshäuserprojekte, mit engagierter Bewohnerschaft sind ein kleines Gegengewicht, bereichern das bürgerschaftliche Engagement in Haslach und sind wichtig für die soziale Stabilität.

Auch die Vorgaben in 2.2b) über die Wohnungsgrößen wollen wir streichen, weil es zusätzliche Einschränkung bezüglich des Wohnungsmix bedeutet – insbesondere da maximal nur 2.700 qm Geschossfläche zur Verfügung steht.

Letzter Punkt des interfraktionellen Antrags:

Eine rollstuhlgerechte Wohnung braucht deutlich mehr Fläche, wie eine sonstige barrierefreie Wohnung. Dem wollen wir mit einer Erhöhung der Punktzahl Rechnung tragen.

Wir bitten deshalb um Zustimmung zum interfraktionellen Antrag und hoffen auf Angebote für innovative, soziale Projekte auf dem städtischen Grundstück am Kronenmühlenbach.

Vielen Dank.