„Neues Leitbild Migration und Integration schon längst überfällig“ 3. Oktober 2018 Der Gemeinderat hat am 2.10.2018 beschlossen, ein neues Leitbild „Migration und Integration“ für die Stadt zu erarbeiten. Stadtrat Ibrahim Sarialtin erläutert in seiner Rede, weshalb wir ein neues Leitbild brauchen und welche Hoffnungen er in ein neues Leitbild setzt. Rede von Stadtrat Ibrahim Sarialtin zu TOP 8 der Gemeinderatssitzung vom 2.10.2018: Leitbild Migration und Integration Sehr geehrter Herr Erster Bürgermeister von Kirchbach, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren, Stadtrat Ibrahim Sarialtin (Bild: Britt Schilling) ich freue mich sehr, dass wir heute den Prozess zur Erarbeitung eines neuen Leitbildes Migration und Integration auf den Weg bringen. Eine politische Auseinandersetzung darüber, wie wir das Zusammenleben in unserer Stadt zukünftig gestalten wollen, ist dringend notwendig. Ich danke unseren Stadtratskolleginnen Türkan Karakurt und Sylvie Nantcha dafür, diesen Prozess angestoßen zu haben. Den entscheidenden Impuls dafür hatten sie von der Reise einer Freiburger Delegation aus den USA mitgebracht. Ein neues Leitbild Migration und Integration ist für die Stadt Freiburg schon längst überfällig. Nicht deshalb, weil das, was im bisherigen Leitbild der Stadt steht, falsch ist, sondern deshalb, weil wir eine offene, lebendige, ehrliche und transparent angelegte Diskussion, einen Verständigungsprozess darüber brauchen, wie wir in dieser Stadt zusammenleben wollen. Was im bisherigen Leitbild an Programm und Leitsätzen steht, ist gut und richtig! Ja, Integration ist eine gesellschaftliche Aufgabe, die Einheimische und Zuwanderer gleichermaßen fordert. Richtig ist auch, dass Integration eine dauerhafte Aufgabe ist, für die die Gesellschaft insgesamt Verantwortung übernehmen muss. Nur, wer redet heute noch über das Freiburger Leitbild von 2004? Keiner! Wer redet 2021 über das Leitbild, das wir bis 2019 erarbeiten und im Gemeinderat verabschieden wollen? Das haben wir in der Hand! Ein Leitbild muss lebendig sein, es ist ein Konsensprojekt, auch wenn der Konsens auf einem kleinen, aber realistischen Nenner beruht. Und es muss partizipativ und öffentlich angelegt sein. All dies verspricht das Konzept, dass das Amt für Migration und Integration vorgelegt hat und dem wir im Fraktionsgespräch am 4. Mai zugestimmt haben. Einen solchen Prozess kann man nicht seriös ohne externe Begleitung machen. Deshalb freuen wir uns, dass es gelungen ist, hierfür die Führungsakademie Baden-Württemberg zu gewinnen. Der Prozess ist breit angelegt und bezieht erstmals auch sogenannte Zufallsbürgerinnen und -bürger mit ein. Ganz wichtig ist auch, dass der Migrantinnen- und Migrantenbeirat von Anfang an dabei ist. Wir begrüßen es, dass die Verwaltung nach der Diskussion im Migrationsausschuss Vertreterinnen und Vertreter der Muslime und der Sinti und Roma mit in den Beirat aufnehmen wird. Es geht hier aber nicht alleine um den Beirat, sondern um die Migrantenorganisationen und -vereine, denen eine tragende und ganz zentrale Brückenfunktion zukommt. Wenn wir diese in ihrer wichtigen Brückenfunktion stärken wollen, sollten wir allen die Möglichkeit geben, sich am neuen Leitbildprozess aktiv zu beteiligen. Das wäre auch eine gute Gelegenheit, die Expertise und Erfahrung der Vereine, die in Freiburg seit Jahrzehnten eine unauffällige, aber höchst wirksame Integrationsarbeit leisten, miteinzubeziehen. Uns ist es weiterhin wichtig, dass der Leitbildprozess von der Öffentlichkeit von Anfang an wahrgenommen wird und die Freiburgerinnen und Freiburger nicht erst am Ende über Ergebnisse informiert werden. Das fordert alle Beteiligten, ist aber aus unserer Sicht eine wichtige Voraussetzung dafür, dass die Stadtgesellschaft bei einem hoffentlich überzeugenden Leitbild mehrheitlich mitgenommen wird Zum Schluss sei mir der Hinweis gestattet, dass ich als Kind ehemaliger türkischer „Gastarbeiter“ über die aktuellen politischen Entwicklungen in Deutschland, vor allem das Erstarken der AFD, sehr besorgt bin und mich frage: Warum fühlen sich so viele Menschen von Populisten angezogen? Warum sind sie nicht mehr bereit, das Thema Flucht und Migration differenziert zu betrachten? Und warum schüren manche Politiker Vorurteile und Ängste, statt sie zu nehmen? Als Stadtrat mit türkischen Wurzeln möchte ich den Brückenbauern in den Migrantenvereinen Mut machen. Sie dürfen nicht nachlassen in ihrer tagtäglichen Integrationsarbeit und ihren Bemühungen, Einheimische und Eingewanderte zusammenzubringen. Auch hier in Freiburg dürfen wir uns nicht zurücklehnen. Wir müssen wachsam sein um Vorurteilen, Feindseligkeit und Hass einen Riegel vorzuschieben. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
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