Rede Straßenkunst für ein lebendiges Freiburg 1. Juli 202021. Februar 2022 Stadträtin Anke Wiedemann (Bild: Britt Schilling) Die bisherigen Regelungen für Straßenmusik und Straßenkunst in Freiburg waren sehr restriktiv. Wir haben uns erfolgreich für eine Liberalisierung eingesetzt. In ihrer Rede begründet Anke Wiedemann, wieso es einen attraktiven öffentlicher Raum für eine lebendige Stadt braucht. Rede von Stadträtin Anke Wiedemann zu TOP 8 „Straßenmusik und Straßenkunst in Freiburg“ der Gemeinderatssitzung vom 30.06.2020 Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Horn, Liebe Kolleginnen und Kollegen, Sehr geehrte Damen und Herren, Ich habe mich ausführlichst auf diese heutige Rede vorbereitet und viel geübt: Ich hatte geplant jetzt auf die Bühne zu springen und ein paar coole Breakdance-Moves hinzulegen, um dann dem Finanzbürgermeister einige Jubiläumsmünzen hinter den Ohren hervorzuzaubern, um daraufhin dem Kollegen Sergio Pax noch ein Geburstagsständchen zu singen, begleitet von Didgeridoo-Klängen. Irgendwie hat aber das Üben nichts geholfen, ich erspare Ihnen diese Vorstellung und überlasse das Feld den Freiburger Straßenkünstlerinnen und -künstlern, den Musikerinnen und Musikern, die diese Bereiche deutlich besser abdecken. Natürlich gibt es auch hier qualitative Unterschiede und Geschmäcker sind bekanntlich verschieden – nachdem es in den letzten Tagen einige Diskussionsbeiträge in den sozialen Medien gab, möchte ich an dieser Stelle darauf hinweisen, dass wir hier heute NICHT über den Ausschluss einzelner Musiker oder Musikerinnen oder gar über die Einrichtung einer Qualitätskommission entscheiden. Ich habe die meiste Zeit meines Lebens in der Freiburger Innenstadt gelebt und war oft selbst von den ein oder anderen Klängen „betroffen“, genauso gehören andere MusikerInnen und KünstlerInnen schon teilweise sehr lange zu „meinem persönlichen“ Stadtbild dazu und ich freue mich, wenn sie da sind und frage mich, ob alles OK ist, wenn man sie eine Zeitlang nicht sieht. Ein attraktiver Öffentlicher Raum, der vielfältig genutzt wird, schafft die Umgebung für eine lebendige Innenstadt und dazu tragen Kunst und Kultur entscheidend bei – da denken wir an Baudenkmäler und Skulpturen, aber auch –oder besonders – an die Kunst, die auf der Straße selbst stattfindet. Wir beschäftigen uns nun schon eine ganze Weile mit dem Thema. Im August letzten Jahres hatten wir, gemeinsam mit der FDP und dem Bürger für Freiburg – eine erste Anfrage zum Thema gestellt – und heute geht es nach einigen Diskussionsrunden darum, mehr Straßenmusik und Straßenkunst zu ermöglichen. Denn das soll doch Politik: Es den Menschen ermöglichen, den öffentlichen Raum zu nutzen und aktiv zu gestalten. Wir danken der Verwaltung für die Überarbeitung des Merkblattes und dafür, dass sie zahlreiche Änderungsvorschläge unseres Antrages umgesetzt hat, etwa was die Verkürzung der Mittagspause oder längere Spielzeiten am Abend oder die räumliche Ausbreitung betrifft. Viele Straßenmusikerinnen und Musiker verdienen einen guten Teil ihres Lebensunterhalts mit Musik – und das ist so besser möglich. Kurz vor der Sitzung heute erhielt ich die Nachricht, dass als Teil der Straßenkunst Tanz mit eingeschlossen werden soll, was uns sehr freut. Denn die kulturelle Nutzung des öffentlichen Raums ändert sich: So haben uns im Vorfeld der heutigen Entscheidung zahlreiche Tanzgruppen angeschrieben. Diese befürchteten, künftig nicht mehr auftreten zu können. Hip-Hop gehört seit Jahrzehnten zur Jugendkultur und wir freuen uns darüber, dass im öffentlichen Raum getanzt wird. Auch möchten wir auf dem Europaplatz Musik vom Band, also mit der Unterstützung von elektronischen Tonwiedergabegeräten, oder Verstärkern bei maximal Zimmerlautstärke erlauben. Auch die Verwendung von Seifenblasen soll bei Darbietungen nun möglich sein –ganz im Sinne der Eingabe der Kolleginnen und Kollegen im Antrag zum Thema im März ist „Eine Kindheit ohne Seifenblasen möglich, aber sinnlos“. In diesem Sinne begrüßen wir die Änderung und freuen uns auf die Seifenblasen. Auch Blechblasinstrumenten, Dudelsäcken und – für viele das absolute Lieblingsinstrument – Didgeridoos möchten wir die Möglichkeit zur Straßenmusik (weiterhin) geben und damit ein breites Repertoire an Musikrichtungen ermöglichen. Im Ältestenrat vor dieser Sitzung heute hat man sich nun auf den Kompromiss geeinigt, dass der Standort mit Instrumenten nach 45 Minuten um mindestens 100 m gewechselt werden muss. Die Streichung des Zusatzes „jeder Standort darf nur einmal am Tag belegt werden“ möchten wir beibehalten. Es ist auch nicht wirklich kontrollierbar, ob ein Platz nur einmal am Tag belegt wird, oder nicht. Entscheidend ist doch, dass die Abstände so sind, dass die Musikerinnen und Musiker sich nicht gegenseitig mit der Musik übertönen. Da haben wir Vertrauen, dass das unsere StraßenmusikerInnen auch untereinander geregelt bekommen. Für die Zukunft wünschen wir uns, dass auch mehr Kunst und Kultur auf dem Platz der Alten Synagoge möglich ist und die Stadt Freiburg dazu den Dialog mit der Universität weiterhin sucht – dies betrifft besonders die Zeit der Umbauarbeiten des Kollegiengebäudes II. Vielleicht bieten sich hier mit dem kommenden Wechsel an der Universitätsspitze auch neue Möglichkeiten. Eine Lösung, die nicht zuletzt im Interesse der jungen Menschen ist, die an der Universität studieren und den Platz der Alten Synagoge nutzen und ein Interesse an einem lebendigen öffentlichen Raum mit Kunst und Musik haben, wäre hier wünschenswert. Wir hoffen, dass Straßenmusik und Straßenkunst in Freiburg durch die neuen Möglichkeiten weiter aufblüht. Wir danken der Musikerinnen- und Musikerinitiative multicore dafür, dass sie den Anstoß gab, sich mit dem Thema zu befassen, dem Freiburger Popsupport und den anderen Fraktionen für die gute Zusammenarbeit. Schön, dass sich nun eine sehr große Mehrheit abzeichnet, die Regelungen zur Straßenmusik und Straßenkunst so zu gestalten, dass möglichst viel möglich ist! Ich freue mich auf einen lebendigen Freiburger Sommer mit Musik und Kunst an viele Ecken und auf noch mehr Plätzen. Herzlichen Dank. Und ich übe weiter! Gemeinderatssitzung vom 30.06.2020 Rede von Anke Wiedemann
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