„Konstruktive Zusammenarbeit in Migrationsfragen“

Wir unterstützen die Erweiterung der bestehenden Gemeinschaftsunterkunft in der Merzhauser Straße. In seiner Rede betont Stadtrat Karim Saleh die konstruktive Zusammenarbeit in Migrationsfragen zwischen Stadtrat, Stadtverwaltung und Stiftungsverwaltung.

Rede von Stadtrat Karim Saleh zu TOP 7 der Gemeinderatssitzung vom 30.1.2024: Grundsatzbeschluss zur Erweiterung der bestehenden Gemeinschaftsunterkunft für Geflüchtete in der Merzhauser Straße

Sehr geehrter Herr Oberbürgemeister,
sehr geehrter Herr Erster Bürgermeister,
Liebe Dezernent*innen,
Liebe Kolleg*innen,
Liebe Gäste,

der Grundsatzbeschluss zur Erweiterung einer Gemeinschaftsunterkunft ist ein eigentlich eher formaler Akt. Dennoch schadet es nicht, ab und an, solche Entscheidungen zu erklären. Insbesondere beim politischen Dauerthema Migration. 

Die Unterbringung von Geflüchteten ist eine kommunale Pflichtaufgabe. Die Realität ist, dass Menschen nach Deutschland fliehen – im Moment vor allem aus der Ukraine. Sie fliehen vor einem Krieg, an den man sich leider fast schon gewöhnt hat. 

Stadtrat Karim Saleh (Bild: Britt Schilling)

Zur Freiburger Realität gehört, dass wir in den kommenden Jahren Kapazitäten wahrscheinlich abbauen werden und Standorte dauerhaft geschlossen werden. 

Es macht daher politisch sehr viel Sinn, den Standort an der Merzhauserstraße zu erweitern. Erfreulich ist dabei auch die Perspektive von 10 Jahren. Der Dank gilt dabei der Stiftungsverwaltung, die das möglich macht.

Eigentlich bräuchten wir mehr solcher innerstädtischen Standorte, in Holzbauweise, mit Energiekonzept und einem langfristigen Bestand – statt immer wieder Containerunterkünfte an Randlagen auf – und abzubauen.

Zur Realität gehört auch anzuerkennen, dass die Fluchtmigration nach Europa in den kommenden Jahren und Jahrzehnten nicht nachlassen wird. Wir können unseren Kontinent und unser Land gar nicht so unattraktiv machen, dass niemand mehr kommen möchte. 

Ich bin daher froh, dass die übergroße Mehrheit dieses Rates versucht, mit der Stadtverwaltung die Themen Migration und Integration aktiv und konstruktiv zu gestalten, statt passiv zu verwalten. 

Mit der Unterbringung allein ist es denn auch nicht getan. Sie steht am Anfang eines Prozesses des Ankommens und der beruflichen und gesellschaftlichen Teilhabe. Auch deswegen macht es sehr viel Sinn einen gut angebundenen Standort wie die Merzhauserstraße zu erweitern. 

Zur Realität gehört auch, dass unser Land Zuwanderung braucht, um seinen Wohlstand und seine Leistungsfähigkeit zu sichern. Das Institut der BA schätzt, dass wir bis 2060 eine Nettozuwanderung von 400000 Personen pro Jahr benötigen. Aktuelle bedeutet dass, das wir eine Bruttozuwanderung von 1,5 Millionen Menschen pro Jahr benötigen. Das war im vergangenen Jahr nur durch die Geflüchteten aus der Ukraine möglich.

Wir brauchen Erwerbsmigration und wir müssen denjenigen, die über die Fluchtmigration kommen einen schnelleren Zugang zu Arbeit und Ausbildung ermöglichen. 

Das ist das, was uns Arbeitgeber*innen sämtlicher Branchen in Freiburg permanent sagen. Auch bei den Berichten neulich zu den städtischen Beteiligungen wurde deutlich, wo Personal fehlt – Fahrer*innen bei der VAG und der ASF zum Beispiel.

Ich durfte nach einem Fahrradunfall kürzlich ein paar Tage im Josefskrankenhaus verbringen, dass Personal hatte in manchen Teilen der Klinik 80 bis 90 Prozent Migrationshintergrund – und die allermeisten davon waren in den vergangenen Jahren zugewandert.

Hier schließt sich dann wieder der Kreis zum Thema Wohnen. Das Josefskrankenhaus sucht mit Plakaten händeringend nach Wohnraum für seine Pflegekräfte. 

Wir brauchen in dieser Stadt Wohnraum für Geflüchtete, Studierende, Auszubildene, Obdachlose oder eben für bestimmte Berufsgruppen wie Pflegekräfte oder Erzieherinnen. 

Ich bin an dieser Stelle froh und dankbar, dass die übergroße Mehrheit des Rates sich nicht dazu herablässt unterschiedliche Gruppe gegeneinander auszuspielen.

An dieser Stelle der kleine Impuls, die Errichtung solcher Unterkünfte immer auch so zu denken, dass der Wohnraum auch für andere Gruppen nutzbar ist. Es ist zum einem notwendiger Raum und zum anderen kann man darüber vielleicht auch die Akzeptanz in der Bevölkerung weiter steigern. 

Die GU in der Merzhauserstraße ist m.E. schon so gebaut, dass sie im Bedarfsfall auch für andere Zielgruppen zumutbar sein könnte, wenn es in den nächsten 10 Jahre eine Phase mit geringerer Fluchtmigration geben sollte. Auch deswegen macht es sehr viel Sinn, diesen Standort zu erweitern.

Ich hoffe, der kleine Exkurs hat die Entscheidung über die Erweiterung in einen größeren Kontext setzen können. Manchmal muss man eben ein wenig ausholen, um politische Entscheidungen in ihren unterschiedlichen Facetten erklären zu können. 

Zum Abschluss nochmals vielen Dank an die Stadtverwaltung, die Stiftungsverwaltung und allen hier im Raum, denen an einer konstruktiven Zusammenarbeit in Migrationsfragen gelegen ist.

Vielen Dank