„Beratungs- und Therapieprozesse brauchen Zeit“ 10. Dezember 201922. Oktober 2020 Stadträtin Pia Federer, Bild: Britt Schilling Der Gemeinderat hat am 10.12. ein neues Konzept zur Förderung von Beratungsstellen beschlossen. In ihrer Rede verweist Stadträtin Pia Federer auf einen interfraktionellen Antrag und der darin erläuterten Notwendigkeit, Zuschüsse für Fachkräfte zu erhöhen und den Einsatz und die Höhe der Eigenmittel zu überdenken. „Wir sind der Ansicht, trotz ausgefeilter Methoden und einer schnelllebigen Zeit: Beratungs- und Therapieprozesse brauchen Zeit,“ so Pia Federer. Rede von Stadträtin Pia Federer zu TOP 11 der Gemeinderatssitzung vom 10.12.2019: „Förderung von Beratungsstellen“ Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Horn, sehr geehrter Herr erster Bürgermeister von Kirchbach, verehrte Kollegen und Kolleginnen, meine sehr geehrten VertreterInnnen der Beratungsstellen, sehr geehrte Damen und Herren, wir entscheiden heute über die zukünftige Förderung der Psychosozialen- und ambulanten Beratungsstellen für Suchtgefährdete und- kranke. I. Was waren in dem vom GR initiierten und inzwischen mehr als 5 Jahre dauernden Prozess die zentralen Ziele? Wichtigstes Ziel: Herstellung von Transparenz und Vereinheitlichung in der Förderstruktur für die Suchtberatungsstellen. Die Förderung der Beratungsstellen war, wie viele andere Bereiche des Sozialen, historisch gewachsen, was viel Ungleichheit in der Förderung verursacht hat. Erhalt der Träger_innen- und Angebotsvielfalt, und zwar mit den Spezifika jeder PSB Bedarfsgerechte Weiterentwicklung der Hilfeangebote unter Berücksichtigung drogen- und fachpolitischer Zielsetzungen Erreicht werden sollte dies nach einem Gutachten durch Abschluss von Leistungsvereinbarungen in den Ziele pro PSB festgelegt werden Berücksichtigung der Angebote zur ambulanten Rehabilitation und ambulanten Nachsorge Einführung von Fachleistungsstunden für festgelegte Leistungssegmente II. Haben wir nun mit der in der Vorlage skizzierten neuen Förderstruktur diese Zielsetzungen erreicht? In den vergangenen fünf Jahren haben drei gut vorbereitete Fachgespräche zur Thematik stattgefunden, zu denen die Träger der Suchthilfe in Freiburg Politik und Verwaltung eingeladen sowie viele Sitzungen von Trägern und Verwaltung. Zwei Themen standen dabei immer wieder im Fokus: die Frage nach der Höhe der leistungsbezogenen Anteile, die jede Psychosoziale Beratungs- und ambulante Behandlungsstelle für Suchtgefährdete und -kranke (PSB) erwirtschaften sollte und der Umgang mit den Eigenmitteln. Die Verwaltung schlägt ein 53 % Leistungssegment vor, die Träger der Suchthilfe sehen dies bei 20 – 25 %. Eine große Kluft! Dies führe nun auch zum interfraktionellen Änderungsantrag: Der Fachkostenzuschuss soll ohne Tarifsteigerungen 30.000 Euro pro Fachstelle betragen und liegt damit um 10.000 Euro höher als die Verwaltung ihn vorschlägt. Zusätzliche Kosten von ca. 160.000 Tausend Euro, die im nächsten Doppelhaushalt über eine haushaltsrelevante Vorlage von den Antragstellern genehmigt werden. Wir sind der Ansicht, trotz ausgefeilter Methoden und einer schnelllebigen Zeit: Beratungs- und Therapieprozesse brauchen Zeit. Die Beratungsstellen behandeln und beraten vielfach traumatisierte Frauen und Männer in großen Nöten, Menschen mit psychischen Erkrankungen, Menschen in Obdachlosigkeit. Spezielle Angebote richten sich an Familien und alleinerziehende Frauen, ältere Menschen oder Menschen mit Spielsucht. Im Vordergrund stehen auch Präventionskonzepte und Beratungen in Firmen. Wir wollen aber auch, dass Beratungsstellen sowie Frauenzimmer als kleine Vereine nicht ständig eine Insolvenz befürchten müssen, weil die Mittel nicht ausreichen oder viel Zeit auf Akquise von Spenden aufgewendet werden muss. Wir wollen, dass die Arbeit der PSBs sich auf die Arbeit von Menschen mit Abhängigkeitserkrankungen konzentrieren. Ebenfalls sehr umstritten waren der Einsatz und die Höhe von Eigenmitteln, denn hier unterscheiden sich die einzelnen Träger stark. Deshalb gilt ein Umlagesystem erst ab einer Höhe von 10% Eigenanteil. Wir gehen davon aus, dass insbesondere die kirchlichen Beratungsstellen Eigenmittel über ihre Verbände erbringen können, die über Kirchensteuermittel verfügen und appellieren an deren Trägerorganisationen, die Mittel weiter zur Verfügung zu stellen. Im Laufe des Prozesses hat sich herauskristallisiert, dass der Kontaktladen in einem völlig anderen System funktioniert, sodass dessen Förderungskonzept dem Sozialausschuss in der ersten Jahreshälfte 2020 vorgestellt werden soll. III. Resümee: Nach der Neuordnung der Quartiersarbeit ist die zukünftige Förderung der Suchthilfe der zweite Prozess einer Umstrukturierung des Fördersystems: Fünf Jahre zeigen: eine Umstrukturierung benötigt Zeit. Der Prozess ist immer wieder durch ‚Freie Träger‘, Politik und Verwaltung zu reflektieren, um Weichen neu zu stellen und nach zu justieren. Statt die historisch gewaschenen Förderzuschuss in einem Umstrukturierungsprozess zu deckeln sollten drei Szenarien einer künftigen Förderstruktur entwickelt werden, um politisch abwägen zu können. Starre Zuschussvolumen in einem solchen Prozess fördern nicht mehr Transparenz und Gerechtigkeit, sondern führen zu seltsamen Blüten. Ein Umstrukturierungsprozess der Fördersysteme lohnt sich, weil er die notwendige Transparenz und eine höhere Gerechtigkeit in der Förderung erbringt. Nicht zu erwarten sind jedoch eine kritische Auseinandersetzung der Beteiligten untereinander. Für alle, die dies hofften: Geld wird dadurch nicht eingespart. Den ‚Freien Trägern‘ der Suchthilfe und der Verwaltung, insbesondere auch Herrn Gourdial möchte ich herzlich für diesen langen und intensiven Prozess einer Neuorientierung der Förderstruktur in Freiburg danken. Mit dem Ergebnis können nun die Leistungsvereinbarungen ausgehandelt werden und die Suchthilfe ist finanziell gut ausgestattet.
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