Rede

Stadtbau: Transparenz & klare Strukturen

Mehr Transparenz und klarere Strukturen für eine gute Zusammenarbeit zwischen dem Aufsichtsrat der Freiburger Stadtbau und den Sanierungsbeiräten sind sinnvoll. Warum es dazu keiner Änderung der Hauptsatzung bedarf, erklärt unsere Fraktionsvorsitzende Maria Viethen in ihrer Rede.

Rede von Stadträtin Maria Viethen Hannes Wagner zu TOP 7 der Gemeinderatssitzung vom 01.02.2022: Umgang mit dem Antrag auf Änderung der Hauptsatzung in Angelegenheiten der Freiburger Stadtbau nach § 34 Abs. 1 Satz 4 GemO und Sanierungsbeiratssatzung Weingarten (G-22/036)

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
sehr geehrte Damen und Herren,

Im November 2020 haben drei Fraktionen den Antrag gestellt, das Thema Änderung der Hauptsatzung in Angelegenheiten der Freiburger Stadtbau auf die Tagesordnung zu setzen. Von den damals angekündigten beiden Anträgen wurde das Anliegen, größere Bau- und Sanierungsmaßnahmen der Städtischen Wohnbaugesellschaften stets im Gemeinderat zu verhandeln, mittlerweile offenbar fallen gelassen. Aufrechterhalten wird der Antrag, in der Hauptsatzung zu regeln, dass die Entscheidung über den Verkauf von mehr als zehn zusammenhängenden Bestandswohnungen der städtischen Wohnungsgesellschaften stets durch den  Gemeinderat zu treffen ist.

Fraktionsvorsitzende Maria Viethen (Bild: Britt Schilling)

Meine Fraktion wird diesem Antrag nicht zustimmen. Ich halte die Ausführungen der Verwaltung in der Vorlage zur heutigen Gemeinderatssitzung für richtig. Selbstverständlich gibt der Gemeinderat als oberstes Organ der Stadt die strategischen Ziele der städtischen Gesellschaften vor. Wir haben dies bei der Freiburger Stadtbau vor nicht allzu langer Zeit getan durch den Beschluss über die Stärkung der Stadtbau und das ehrgeizige Programm »FSB 2030«.

Es macht jedoch überhaupt keinen Sinn, von der grundsätzlichen Aufgabenverteilung zwischen der Stadt und den städtischen Gesellschaften Ausnahmen – und dann noch derart kleinteilige Ausnahmen – in der Hauptsatzung zu verankern. Sollte es tatsächlich ein bedeutsames Einzelprojekt geben, bei dem sich der Gemeinderat berufen fühlt, eine Entscheidung der Geschäftsführung bzw. des Aufsichtsrats zu korrigieren, so ist es jederzeit möglich, ein solches Projekt in den Gemeinderat zu ziehen und dem Oberbürgermeister Empfehlungen für seine Haltung in der Gesellschafterversammlung zu erteilen. Aber auch dabei rate ich sehr zu Zurückhaltung.

Wie mein Kollege Tim Simms bereits im Hauptausschuss ausgeführt hat, geht es bei diesem Antrag auch ganz offensichtlich nicht darum, Transparenz herzustellen. Hintergrund des Antrags war die Auseinandersetzung über die Sanierung und Privatisierung der 120 Wohnungen in der Sulzburger Straße 15 – 19. Und dieses Thema ist nun wirklich ausführlich öffentlich diskutiert worden, ohne dass es einer Änderung der Hauptsatzung bedurft hätte. Der Verfahrensvorschlag, den die Verwaltung über die Behandlung solcher Projekte der Freiburger Stadtbau unterbreitet, die das Interesse der Bürgerschaft wesentlich berühren, stellt ausreichend Transparenz her, und zwar über eine öffentliche Sitzung des Sanierungsbeirats. Dabei wird ausdrücklich ausgeführt, dass von einer wesentlichen Berührung des öffentlichen Interesses insbesondere dann auszugehen ist, wenn im Zuge von Sanierungsmaßnahmen bisherige Mietwohnungen in Eigentumswohnungen umgewandelt werden sollen. Man fragt sich also, was die antragstellenden Fraktionen überhaupt bezwecken. Ich kann mich dem Eindruck nicht verschließen, dass es in Wahrheit weniger um Transparenz geht, sondern darum, Gelegenheiten zu schaffen, um eigene ideologische Grundsatzpositionen propagandistisch zu verkünden.

Gerade die Auseinandersetzung über eine Privatisierung der Wohnungen in der Sulzburger Straße zeigt, dass verantwortliche Politik eigentlich anders aussehen müsste. Wie Sie wissen, bin ich persönlich ebenso wie die Mitglieder meiner Fraktion der Auffassung, dass ein Verkauf dieser Wohnungen an Schwellenhaushalte, die nur mit staatlicher Förderung Wohnungseigentum erwerben können, dem Stadtteil Weingarten gut tun würde. Das Projekt würde auch der Stadtbau guttun. Die Gesellschaft benötigt dringend Liquidität, wenn sie tatsächlich, wie von uns beschlossen, innerhalb von zehn Jahren 2.500 neue Wohnungen errichten soll, davon 75 % für den eigenen Bestand. Dieses Ausbauprogramm, das Eine Stadt für alle, SPD/Kulturliste und JUPI mit beschlossen haben, ist nicht durchfinanziert. Allein für die erste Hälfte besteht noch eine Finanzlücke von mehr als 12 Millionen Euro. Dazu wären die erwarteten 7 Millionen Euro aus der Privatisierung der Sulzburger Straße ein ansehnlicher Beitrag. Vorschläge, wie diese Lücke denn anders zu schließen wäre, habe ich von den antragstellenden Fraktionen noch nicht gehört. Mit der ideologischen Forderung, dass in Weingarten keine Mietwohnungen verkauft werden dürfen, egal an wen, ist noch keine einzige Sozialwohnung finanziert.

Für mich kommt es nicht infrage, Eingriffe des Gemeinderates in das operative Geschäft einer städtischen Gesellschaft sozusagen zu institutionalisieren. Die Stadt hat mit guten Grund viele Geschäftsfelder der Daseinsvorsorge aus dem nicht hoheitlichen Bereich in städtische Gesellschaften verlagert. Dort geht es um wirtschaftliche Zielsetzungen, die in privatwirtschaftlichen Organisationsformen sachgerechter umgesetzt werden können, als in der öffentlichen Verwaltung. Der öffentlichen Verwaltung wiederum sind die hoheitlichen Aufgaben vorbehalten, wo es um staatliche Eingriffe oder die Einhaltung von gesetzlichen Vorschriften geht.

Durch a) die Festlegung der strategischen Ausrichtung einer städtischen Gesellschaft durch den Gemeinderat, b) durch die persönliche Verantwortlichkeit der Geschäftsführung gegenüber der Stadt als Gesellschafterin sowie c) durch die Überwachung der Geschäftsführung durch den mehrheitlich mit GemeinderätInnen besetzten Aufsichtsrat ist eine sachgerechte Steuerung und Kontrolle der privatrechtlich organisierten städtischen Aufgaben gegeben. Wir als GemeinderätInnen müssen unsere Möglichkeiten allerdings auch wahrnehmen.

Den Anträgen auf Änderung der von der Verwaltung ausgearbeiteten Mustersatzung für Sanierungsbeiräte schließen wir uns nicht an. Wir wollen nicht mehr Aufwand für die Verwaltung, sondern Verfahren verschlanken. Wir haben jedoch gemeinsam mit anderen Fraktionen beantragt, dass sich die Zusammenarbeit in Sanierungsbeiträten grundsätzlich weiter an den sogenannten »qualitativen Strukturvorgaben und Standards der Zusammenarbeit« aus dem Jahr 2017 orientieren soll. Wobei diese Vorgaben allerdings sehr uneinheitlich sind und noch einmal überarbeitet werden sollten.

Im Übrigen begrüßen wir den Vorschlag der Verwaltung, wie künftig Sanierungsbeiräte bei Projekten der FSB einbezogen werden sollen, insbesondere bei solchen, die das Interesse der Bürgerschaft wesentlich berühren. Das Recht des Aufsichtsrates auf erste Befassung wird durch die frühe Vorstellung eines Projektes im Bauausschuss gewahrt. Wir stellen uns ergänzend vor, dass diese erste Information auch im Finanzausschuss der FSB erfolgen soll. Denn gerade wenn im Zuge von Sanierungsmaßnahmen bisherige Mietwohnungen in Eigentumswohnungen umgewandelt werden, berührt dies weniger bauliche, sondern vielmehr finanzielle Interessen der Gesellschaft. Danach soll ein solches Projekt öffentlich im Sanierungsbeirat vorgestellt werden, der dann ausreichend Zeit hat, um sich eine Meinung zu bilden. Letztendlich entscheidet der Aufsichtsrat nach einer Vorbereitung im Bauausschuss bzw. im Finanzausschuss. Wir glauben, dass auf diese Weise die Interessen der betroffenen Mieterinnen und Mieter sowie der Öffentlichkeit auf Beteiligung bzw. Transparenz, wie auch die des – mehrheitlich mit GemeindrätInnen besetzten – Aufsichtsrats auf Kontrolle der Geschäftsführung gut gewahrt werden.  

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

Gemeinderatssitzung vom 01.02.2022

Rede von Maria Viethen