Rede

Beninbronzen zurückgeben!

Freiburg macht sich auf den Weg, koloniales Unrecht aufzuarbeiten. Das heisst: Rückgabe der „Benin-Bronzen“. Unser Stadtrat Simms hatte dazu eine Rede vorbereitet, die aber aus Zeitgründen nicht vorgetragen wurde.

Rede von Stadtrat Timothy Simms zu TOP 17 der Gemeinderatssitzung am 7.3.2023: Restitution der Benin-Bronzen durch Städtische Museen Freiburg

Sehr geehrter Oberbürgermeister Horn, 
Sehr geehrtes Publikum,  
Liebe Kollegen und Kollegin*en,

Stadtrat Timothy Simms (Bild: Britt Schilling)

Heute soll über die Restitution der Benin-Bronzen durch die Städtischen Museen Freiburg an die Bundesrepublik Nigeria entschieden werden. Die Stadt Freiburg hat dadurch die Chance, ihre Rolle am Verbrechen des Kolonialismus zu bekennen und die Benin-Bronzen an ihre rechtmäßigen Besitzer zurückzugeben. 

Ich könnte es mir einfach machen: Wir vollziehen hier als Kommune nur dass, was der Bund mit Nigeria vereinbart hat. Aber: Dieser Gemeinderat hat – darauf können wir stolz sein – schon vor dem entsprechenden Vertrag mit Nigeria im Grundsatz seine Bereitschaft zur Restitution geraubter Kulturgüter beschlossen

Wer sich näher mit der Sammlungsgeschichte der Ethnologischen Sammlung befasst hat, weiss, dass es hier nicht nur um die Benin-Bronzen geht, sondern dass die Stadt und ihre Museen offensiv bei deutschen Kolonialoffizieren und -beamten für die Beschaffung von Objekten für die Museen geworben hat. Und nicht jedes dieser Objekte – näheres wird die Forschung zur Provenienz zeigen – wird vermutlich auf legalem Wege erworben worden sein. 

Bei den Beninbronzen ist der Fall  jedenfalls klar. Ihr Besitz durch die Stadt Freiburg ist ein direktes Produkt des Kolonialismus. 1897 begann die Invasion des Königreichs Benin, im heutigen Nigeria, durch britische Truppen. Sie zerstörten die Hauptstadt, steckten den Palast des Königs in Brand, töteten hunderte von Einwohnern und raubten tausende von Kunst- und Kulturgütern, unter anderem die Benin-Bronzen. Es war eine systematische Zerstörung der Kultur Benins, mit dem Ziel das Land zu brechen und der britischen Kolonialmacht zu unterwerfen. Die geraubten Kulturgüter wurden daraufhin in London versteigert, um den Feldzug zu finanzieren. Es war von vorne hinein ein Raubfeldzug, mit dem Ziel der Bereicherung. 

Die Städtischen Museen Freiburg erwarben sie zwischen 1899 bis 1907 verschiedene Beninbronzen über den Kunsthandel. Dadurch finanzierten sie indirekt den Kolonialraub. 

Die Beninbronzen zeigen: Der Kolonialismus ging an Freiburg nicht einfach vorbei. Zu wenig wissen die meisten von uns über diese Zeit, ihre Aufarbeitung rollt in Deutschland erst jetzt so richtig an.

Dass Freiburg hier aktiv mitwirkt, ist einer starken Zivilgesellschaft und dem Freiburger Gemeinderat hoch anzurechnen. Bereits vor über 10 Jahren haben wir – fraktionsübergreifend – die Aufarbeitung der Freiburger Kolonialgeschichte beantragt und neben der aktuellen Ausstellung  und den Aktivitäten der Ethnografischen Sammlung wurde auch eine Studie finanziert, die deutlich gemacht hat, wie stark koloniales und rassistisches Gedankengut in der Freiburger Vergangenheit verankert war. Leider nicht nur in der Vergangenheit muss man sagen, durch den Einzug der AfD in den Freiburger Gemeinderat hat sich dies leider geändert.

Wer aber die Ausstellung „Freiburg und Kolonialismus: Gestern? Heute“ im Augustinermuseum besucht hat, weiß, dass Freiburg viele Verbindungen zu den kolonialen Verbrechen hat. Wer die Ausstellung nicht besucht hat, sollte dies nachholen.

Verbindungen durch den Kauf und die Ausstellung von Raubgut in Museum, durch Freiburger, die in die Kolonien gingen oder durch die hier betriebene „Rassenkunde“ am Institut für Anthropologie. Die Ausstellung zeigt auch die Folgen des Kolonialismus, die wir bis heute im globalen Süden sehen: die Armut, der Ungleichheit im Vergleich zum globalen Norden, die ökonomische Ausbeutung von Menschen und Natur, sowie den alltäglichen Rassismus, den People of Color auch hierzulande erleben müssen. Am Ende der Ausstellung gibt es eine Sitzecke mit Büchern. Der klare Auftrag ist: Lese! Informiere dich! Dass sei vor allem denen anempfohlen, die wie im Haupt- und Finanzausschuss mit fadenscheinigen Argumenten die Rückgabe von kolonialem Raubgut in Frage stellen.

Wir hingegen stellen uns unserer Geschichte. Wir übernehmen Verantwortung. Deshalb ist dieser Gemeinderat froh, mit der Rückgabe der Benin-Bronzen an Nigeria einen wichtigen Schritt zu gehen. Durch die Restitution können nicht die kolonialen Verbrechen ungeschehen gemacht werden. Wir können aber wenigstens die geraubten Kunst- und Kulturgüter an die rechtmäßigen Besitzer zurückzugeben. So können die Menschen in Nigeria selbst bestimmen was mit ihnen geschehen soll und gerade diese Selbstbestimmung wurde ihnen durch den Kolonialismus so oft geraubt.