Rede

„Wenn es die beruflichen Schulen nicht gäbe, müsste man sie erfinden“

Nach Corona und der schiefen Haushaltslage startet mit einer Machbarkeitsstudie endlich wieder die Debatte über Sanierung und ggf. Neubau unserer beruflichen Schulen. In seiner Rede, betont Stadtrat Jan Otto, wie wertvoll und wichtig die Arbeit an den Berufsschulen ist. Er erklärt, wie dringend die Schulen eine Investitionsoffensive brauchen und warum ein Neubau an der Messe nicht sinnvoll ist.

Rede von Stadtrat Jan Otto zu TOP 8 der Gemeinderatssitzung vom 27.06.2023 „Sanierung/Neubau Berufliche Schulen – Machbarkeitsstudie“ (G-23/066)

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Dezernent*innen,
liebe Kolleg*innen,
liebe Gäste,

Stadtrat Jan Otto (Bild: Britt Schilling)

wenn es die beruflichen Schulen nicht schon geben würde, müsste man sie erfinden, denn Grundsätze wie „kein Abschluss ohne Anschluss“ und das Versprechen auf „Aufstieg durch Bildung“ werden genau hier realisiert. Die großen gesellschaftlichen Herausforderungen wie Zuwanderung, Wandel in der Arbeitswelt, Digitalisierung und auch Themen wie die Energiewende finden zentral in unseren beruflichen Schulen statt. Schade, dass so oft über Gymnasien diskutiert wird als würden dort sämtliche Bildungsfragen entschieden, nur weil dort eine laute Elternschaft und die am besten organisierten Lehrerverbände beheimatet sind. Die beruflichen Schulen bieten schon lange und bis heute die Möglichkeit das Abitur in 9 Jahren zu erlangen genauso wie alle anderen Abschlüsse der Sekundarstufe und das bei mit den Grundschulen der heterogensten Schüler*innenschaft und vielfach ohne Elternarbeit uvm. Getragen vom Herzblut der Lehrer*innen, dafür ausgebildeter wie Quereinsteiger*innen. Vielfach wird hier die Berufswelt der Zukunft vorhergesehen, um die Schüler*innen fit zu machen für die Arbeitswelt der Zukunft, dies bedingt auch für Schulen hohe Investitionen in Maschinen und Gerätschaften, die wie zuletzt die Abbundmaschine in diesem Gremium zu einer Debatte führte, die hoffentlich bei vielen der Kolleg*innen das Verständnis für die beruflichen Schulen verbessert hat. 

Dies alles wissend hat Bürgermeisterin Stuchlik in ihrer letzten Amtszeit noch das Jahrzehnt der beruflichen Bildung ausgerufen, gemeint war damit einerseits, dass auf die Schulen große Herausforderungen zukommen – die sie aktuell beeindruckend meistern – wie auch eine Investitionsoffensive mit Sanierungen und Neubauten, beginnend mit der Max-Weber-Schule (nachdem Merian Schule und Staschull-Halle fertig wurden). Corona und die Haushaltslage haben diese Offensive leider ausgebremst, aber mit diesem Doppelhaushalt geht es nun wieder los.

Die Machbarkeitsstudie ist nun der nächste und folgerichtige Schritt. Das Sanierung und möglicherweise Neubau an den Bestandsorten bevorzugt werden, begrüßen wir ausdrücklich. Im Dialog mit den Schulgemeinschaften und einem gut gesteuerten Prozess liegt die Zukunft der beruflichen Schulen. Die Irrungen und Wirrungen rund um die Fusion verschiedener Teile der beruflichen Schulen in einem Gesundheitscampus, die nicht zuletzt von Land und Uniklinik mittlerweile auf die lange Bank geschoben wurden, sollten uns allen eigentlich eine Lehre gewesen sein, jetzt mit der nächsten Luftbuchung: – Neubau eines Giga-Komplexes für 8000 SuS an der Messe – wieder alle Beteiligten auf die sprichwörtlichen Barrikaden zu treiben. Gerade die eingangs erwähnten Herausforderungen und deren Bewältigung rufen nach persönlichen, kleinräumigen Strukturen in gut eingebundener Umgebung und eben nicht nach einem Neubau diesen Ausmaßes. Auch die Erreichbarkeit der Schulen darf nicht außer Acht gelassen werden: Viele der Schüler*innen kommen nicht direkt aus Freiburg und sowohl der Standort Friedrichstraße als auch Bissierstraße sind fußläufig bzw. im Rahmen eines Kurzstreckentickets vom Bahnhof erreichbar. Der Messestandort würde ziemlich sicher mehr Individualverkehr erzeugen, ist also auch in diesem Sinne nicht nachhaltig. Für tiefere Einblicke empfehle ich den Besuch der in der Drucksache aufgezählten Schulen, wir als Fraktion sind diesen Weg in der Diskussion um den Gesundheitscampus gegangen und es hat sich gelohnt. 

Zuletzt noch einige kleinere Ausführungen: Die Vorstellung der beruflichen Schulen im vergangenen Schulausschuss war selbst in ihrer der Tagesordnung geschuldeten Kürze beeindruckend und es freut mich, dass alle Seiten die gute und konstruktive Zusammenarbeit loben. Das Containerlösungen möglichst vermieden werden sollen, begrüßen wir ausdrücklich, dass durch eine mögliche Synergie auch das Lycee Turenne ertüchtigt werden könnte ebenso. 

Und noch eine Randbemerkung, die vom Kernthema wegführt aber, finde ich, nicht außer Acht gelassen werden sollte, da sie einmal mehr zeigt wie alles miteinander zusammenhängt: Wir diskutieren an diesem Ort immer wieder über die Belebung der Innenstädte. In der fachlichen Diskussion – international wie national – sind sich alle einig, dass das Halten und Rückholen von Bildungsinstitutionen einen positiven Einfluss auf die Innenstädte hat, wir sollten auch hier nicht gegenläufig handeln.

Vielen Dank an Frau Bürgermeisterin Buchheit und Herrn Bürgermeister Prof. Dr. Haag sowie ihren Mitarbeitenden in den jeweiligen Ämtern, dass sie sich dem Thema so engagiert widmen.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!