Rede

Dietenbach: „Stadtteil für alle Menschen“

Mit der Anpassung des bestehenden Flächennutzungsplans 2020 stand ein weiterer wichtiger Schritt hin zum neuen Stadtteil Dietenbach auf der Agenda des Gemeinderates. Der Fraktionsvorsitzende Simon Sumbert blickt dazu aus der Perspektive eines Rieselfelders auf die Entwicklung von Dietenbach und den aktuellen Planungsstand.

Rede von Stadtrat Simon Sumbert zu TOP 25 der Gemeinderatssitzung vom 28.11.2023 „26. Änderung des Flächennutzungsplans 2020 – ‚Dietenbach'“

Sehr geehrter Oberbürgermeister,
sehr geehrte Bürgermeisterin und Bürgermeister,
liebe Kolleginnen und Kollegen und liebe Anwesende,

Es ist bald schon 5 Jahre her, dass die Menschen in Freiburg sich per Bürgerentscheid für den Bau eines neuen Stadtteils ausgesprochen haben. 

Damals habe ich mich ganz besonders über das Ergebnis im Rieselfeld gefreut, wo sich eine Mehrheit für die Bebauung der Flächen ausgesprochen hat.

Dieses Ergebnis entstand, obwohl schon damals klar war, dass gerade die kontrovers diskutierten Konsequenzen einer solchen Entscheidung, wie beispielsweise der Baulärm, aber auch die direkten Auswirkungen auf die Ökosysteme und Naherholungsgebiete in der Umgebung  für das Rieselfeld als direkter Nachbarstadtteil am spürbarsten ausfallen werden, während die positiven, sozialen Effekte eines neuen Stadtteils mit viel sozialem Wohnungsbau sich hoffentlich gleichmäßig auf die gesamte Stadt verteilen würden.

Stadtrat Simon Sumbert (Bild: Felix Groteloh)

Als Teil der ersten Generation von Kindern, die im damaligen Neubaugebiet Rieselfeld aufgewachsen sind, durfte ich davon profitieren, dass in unserer Stadt vor 30 Jahren eine politische Entscheidung für den Bau eines neuen Stadtteils getroffen wurde. Für ganz viele Menschen im Rieselfeld war diese Entscheidung ein großes Glück.

Und dass die Rieselfelder*innen vor 5 Jahren mehrheitlich für den Bau eines weiteren Stadtteils gestimmt haben, war für mich ein Ergebnis, dass gezeigt hat, dass die Menschen im Stadtteil dieses Glück auch anderen Menschen ermöglichen wollen und dass sie mit Blick auf die ganze Stadt entschieden haben und nicht nur mit Blick auf den eigenen Hinterhof.

Darauf war und bin ich als Rieselfelder mächtig stolz. 

Und gerade aus diesem Blick auf das Rieselfeld und die gesamte Stadt heraus finde ich es bei der weiteren Planung wichtig, dass wir uns immer wieder zwei Dinge ins Gedächtnis rufen, die uns bei der Planung und der Entstehung von Dietenbach leiten sollten.

  1. Wir wollen, dass Dietenbach ein Stadtteil für alle Menschen wird. Dazu gehört, dass wir so schnell wie möglich bezahlbaren Wohnraum auf den vorgesehenen Flächen schaffen wollen und dazu gehört aber auch dass wir sicherstellen, dass der Stadtteil über die notwendige Infrastruktur verfügt, die Bildung, Sport, Nahversorgung, soziale und kulturelle Angebote direkt im Stadtteil ermöglicht. 
  2. Wir glauben, dass der Gedanke eines Stadtteils für alle dann erreicht werden kann, wenn wir ihn schon bei der Planung leben und immer wieder in den sachlichen Dialog auch mit denen treten, die den Stadtteil generell oder auch einzelnen Planungsteilen kritisch gegenüberstehen.

In der heutigen Vorlage wird sichtbar, dass die Verwaltung beiden Teilen dieser politischen Richtschnur folgt und beispielsweise genau aufzeigt, welche Alternativen für die Erweiterung der Stadtbahn in Erwägung gezogen wurden und warum sich schlussendlich für die im FNP eingezeichnete Variante entschieden wurde. Ein solches Vorgehen begrüßen wir ausdrücklich und wünschen uns, dass die Arbeit am Stadtteil in jedem weiteren Planungsschritt so transparent und klar weitergeht.

In besonderem Maße werden wir Grüne weiterhin auf den Erhalt der Ökosysteme rund um Dietenbach legen. In den vergangen Wochen hat hier der Fokus der öffentlichen Diskussion vorallem auf dem Langmattenwald, aber an dieser Stelle ist es mir wichtig zu betonen, dass das Thema größer ist und dass es wichtig ist, dass wir auch beim Thema Umwelt rund um Dietenbach das Gesamtbild im Blick behalten.

Wir haben im Nordwesten des Dietenbachgeländes das artenreiche und schützenswerte Offenlandgebiet beim Schildkrötenkopf und auf der gegenüberliegenden Seite haben wir das Dreisam mit ihrem Ufer, die bereits heute ein wichtiger Naturraum und gewissermaßen die Lebensader unserer Stadt ist. Darüber hinaus liegt das Naturschutzgebiet beim Rieselfeld in der Nähe und natürlich der vielbesprochene Langmattenwald im Süden des neuen Stadtteils.

Zu einer ehrlichen Debatte gehört: An keinem dieser wertvollen Ökosysteme wird die Entstehung eines neuen Stadtteils für 16.000 Menschen spurlos vorübergehen und je weiter der Stadtteil wächst, desto stärker werden die entsprechenden Gebiete nicht nur durch Baumaßnahmen für Wohnungsbau, Stadtbahn oder Schulcampus beeinträchtigt werden, sondern auch durch die Menschen, die in den Stadtteil bewohnen in ihrer Freizeit selbstverständlich zunehmend in die direkte natürliche Umgebung drängen werden.

Angesichts dieser Lage wäre es unredlich zu behaupten, dass es möglich wäre jeden einzelnen Baum im Langmattenwald, jede Eidechse am Schildkrötenkopf oder jeden Fisch in der Dreisam retten zu können und Dietenbach gleichzeitig in der nötigen Geschwindigkeit und Größe zu realisieren und deswegen werden wir als Fraktion das auch niemandem versprechen. Wofür wir Grünen aber sehr wohl einstehen, ist zum einen dass die Ökosysteme in jeder Himmelsrichtung um Dietenbach als Systeme überlebensfähig sind und bleiben, auch wenn der Stadtteil in einigen Jahren fertig gebaut ist. Dafür ist es natürlich notwendig, dass wir uns nicht nur immer wieder über zusätzliche Maßnahmen zur Stärkung der Resilienz und dem Artenschutz in den entsprechenden Gebieten, sondern auch in jedem weiteren Planungsschritt genau hinschauen, damit wir soviel ökologische Waldfläche wie möglich erhalten können, ohne die sozialen Ziele, die mit dem Stadtteil Dietenbach einhergehen zu gefährden.

Im Vorfeld dieser Sitzung habe ich mir nochmal die alte Spezialausgabe des Amtsblattes zum Bürgerentscheid 2019 angesehen. Wenn man den damaligen Plan ansieht und mit dem Flächennutzungsplan, den wir heute verabschieden vergleicht, dann sieht man, dass wir gemeinsam mit der Verwaltung aber auch gemeinsam mit den Umweltinitiativen schon einiges erreicht haben. Das stimmt mich auch für die Zukunft optimistisch, dass wir die Zielkonflikte immer besser auflösen können, je detaillierte die Planung wird. Dem Antrag des Eine-Stadt-Für-Alle-Fraktion werden wir heute in diesem Sinne nicht zustimmen, weil die Konsequenzen dieses Antrags für uns nicht vollständig absehbar sind. Im Angesicht der Tatsache, dass der Antrag den dritten geplanten Bauabschnitt von Dietenbach betrifft, haben wir aber ja auch noch einige Jahre Zeit, um uns im Detail anzuschauen, wie eine gute Lösung für den Walderhalt an der entsprechenden Stelle und der Schaffung von Wohnraum finden können und ich bin optimistisch, dass wir das in Zukunft gemeinsam hinkriegen können.

Dankeschön!