Rede

Dietenbach: „EMD-Übernahme große Chance für die Stadt“

Nachdem Stadt und Sparkasse im Dezember die Verhandlungen zu einer EMD-Übernahme erfolgreich abgeschlossen hatten, hat nun der Gemeinderat über das Ergebnis zu entscheiden. In Ihrer Rede begründet die Fraktionsvorsitzende Maria Viethen, warum wir in der EMD-Übernahme eine große Chance sehen und was wir mit dem interfraktionellen Änderungsantrag zu Erbbaurechten im ersten Teil-Bebauungsplan bezwecken.

Rede von Stadträtin Maria Viethen zu TOP 23 der Gemeinderatssitzung vom 31.01.2023 „Neuer Stadtteil Dietenbach

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
sehr geehrte Damen und Herren!

Meine Fraktion wird sowohl der Vorlage zum Erwerb der Gesellschaftsanteile der Entwicklungsmaßnahme Dietenbach GmbH und Co. KG sowie der damit verbundenen GmbH von der Sparkasse Freiburg zustimmen. Das gleiche gilt für die Kenntnisnahme der vorgelegten Kosten- und Finanzierungsübersicht sowie die damit verbundenen Beschlüsse.

Wie ich schon mehrfach an dieser Stelle betont habe, sehen wir in der Übernahme der EMD eine große Chance für die Stadt, freier agieren zu können, um die für uns mit der Entwicklungsmaßnahme verbundenen Zielsetzungen auch umzusetzen. Neben dem zukunftsweisenden Mobilitätskonzept gilt dies vor allem für die Klimaneutralität im Betrieb des Stadtteils, also dem Verbrauch von Primärenergieträgern für Wärme- und Energieversorgung, wofür belastbare Berechnungen und ja bereits auch eine Vergabe an badenova Wärmeplus vorliegt – zu im übrigen sehr günstigen Preisen für die zukünftigen Bürger*innen von Dietenbach vorliegen. Zum anderen gibt es jedoch schon jetzt gute Ansatzpunkte dafür, auch bei der Errichtung des Stadtteils möglichst wenig CO2 freizusetzen. Geplant ist, dass sämtliche öffentlichen Gebäude im Stadtteil in Holzbauweise errichtet werden, wodurch CO2 gebunden und nicht freigesetzt wird. Unsere Fraktion hat eine Konzeption angestoßen, wie die notwendigen Vorräte an Holz sowie alle danach folgenden Arbeitsschritte vom Wald bis zum fertigen Haus dafür zur Verfügung gestellt werden können. Außerdem wird der geplante Ressourcenrechner bei der Konzeptvergabe darauf hinwirken, dass besonders solche Bauwilligen zum Zug kommen, die sparsam mit Ressourcen, insbesondere auch klimaschädlichen Baumaterialien umgehen. Wir streben bei der Konzeptvergabe ja keine Vergabe zum niedrigsten Preis an, sondern wollen, dass vor allem qualitative Kriterien berücksichtigt werden.

Fraktionsvorsitzende Maria Viethen (Bild: Britt Schilling)

Weiter streben wir entsprechend dem Grundsatzbeschluss des Gemeinderates aus dem Jahre 2018 den Bau von 50% öffentlich geförderten Wohnungen an. Gebraucht werden in dieser Stadt vor allem preiswerte Wohnungen, und zwar Kleinstwohnungen genauso wie größere Wohnungen für Familien. Die Einkommensgrenzen, unter denen ein Zugang zu geförderten Wohnungen gesetzlich möglich ist, umfassen mittlerweile weite Teile der Mittelschicht. Die Zielgruppe des geförderten Wohnungsbau umfasst also nicht nur Empfänger*innen von Transferleistungen, sondern einen weit größeren Teil der Gesellschaft, insbesondere Familien mit Kindern.

Soweit zu den Zielen, die wir mit Dietenbach verfolgen, nun zum konkreten Punkt der heutigen Drucksache: die Übernahme der EMD durch die Stadt. In der Öffentlichkeit wurde diskutiert, dass die Sparkasse sozusagen „kalte Füße“ bekommen und die Stadt nun mit dem Risiko der Umsetzung des Stadtteils alleingelassen habe. Dies verkennt die tatsächliche Motivationslage. Die Sparkasse hätte beim Abschluss der Abwendungsvereinbarung einen auf 20 Jahre hin geschätzten Betrag für die Entwicklung der Grundstücke zahlen müssen, und hätte diesen dann bei der Vermarktung auf die Grundstückspreise aufschlagen müssen. Dabei war es natürlich das Interesse der Sparkasse, diesen Aufschlag möglichst gering zu halten, während die Stadt darauf dringen musste, schon im Vorhinein sämtliche Entwicklungskosten auskömmlich zu schätzen, um nicht ein weiteres Delta zu produzieren. Es herrschte also kein böser Wille auf beiden Seiten, dass diese Quadratur des Kreises schlichtweg nicht funktionieren konnte.

Ich persönlich kann gut damit leben, dass die Sparkasse beim Abschluss der Übertragungsvereinbarung die Zusicherung verlangt, dass die Stadt den Grundstücksanteil, der über die EMD im Gesamtpool landet, zu verkaufen und nicht im Erbbaurecht zu vergeben hat. Sie steht bei ihren Kunden im Wort, denen sie bereits in Aussicht gestellt hatte, die Grundstücke der EMD zu verkaufen. Wäre die Sparkasse weiterhin Inhaberin der EMD geblieben, so wären diese Grundstücke ohnehin verkauft worden. Weiter kann ich auch damit leben, dass von diesen knapp 58% der gesamten bebaubaren Fläche, die aus der EMD stammt, 30% an gewerbliche Investoren vergeben werden soll. Meine Damen und Herren, ich gehe davon aus, dass wir Dietenbach nicht nur mit gemeinwohlorientierten Unternehmen werden umsetzen können, so gern dies auch der eine oder die andere sehen würde. Aber Genossenschaften, Baugruppen, Mietshäuser Syndikat und weitere nicht gewinnorientierte Bauwillige werden dieses Projekt alleine nicht stemmen können. Im Gegenteil, wir werden wohl mehr Investoren benötigen, die Grundstücke übernehmen und den Stadtteil voranbringen.

Es ist meiner Fraktion auch durchaus bewusst, dass nunmehr in der Kosten- und Finanzierungsrechnung die – je nach Betrachtungsstandpunkt – 300 oder 400 Millionen Euro fehlen, die die Sparkassen-Gesellschaft für die Entwicklungskosten der von ihr gehaltenen Grundstücke gezahlt hätte. Es besteht also ein enormer Liquiditätsbedarf um die Entwicklung des Stadtteils erstmalig in Gang zu setzen, der keinesfalls über den städtischen Haushalt abgebildet werden kann. Wir wissen, dass der städtische Haushalt im Lauf der Jahre sukzessive ohnehin insgesamt 100 Millionen Euro Kosten für Dietenbach übernehmen muss. Deshalb sind wir grundsätzlich auch einig mit dem Beschlussantrag Ziffer 7 der Vorlage G-23/024, der die letzten Wochen für Diskussionen gesorgt hat. Die Verwaltung hat diesen Beschlusssantrag umgeschrieben, sodass der Liquiditätsbedarf mittlerweile auch durch Vergaben im Erbbaurecht gedeckt werden kann, wenn der Erbbauzins komplett vorfinanziert wird. Ohnehin hat auch die Stadt angekündigt, sogenannte Schlüsselgrundstücke im ersten Bauabschnitt auf jeden Fall im städtischen Eigentum zu behalten und nur im Erbbaurecht zu vergeben, um die Interessen der Stadt zeitlich unbegrenzt sichern zu können. Bei einem Verkauf solcher Grundstücke wäre eine solche Interessen-Wahrung rechtlich nur für 30 Jahre möglich.

Die einzige Änderung, die wir am Vorschlag der Verwaltung vorgenommen haben, ist, dass der Gemeinderat nicht beschließen soll, die übrigen Grundstücke im ersten Teil-Bebauungsplan der Entwicklungssatzung Dietenbach komplett zu verkaufen oder im Erbbaurecht mit Vorabzahlung der Erbbauzinsen (Ablösemodell) zu vergeben. Die Verwaltung selbst hat angekündigt, dass hierzu noch eine weitere Vorlage erstellt wird, in dem die Modalitäten der Vergabe sowie Kriterien für die sogenannten Schlüsselgrundstücke festgelegt werden sollen. Es wäre inkonsistent, wenn der Gemeinderat sich schon heute festlegen sollte, während die Verwaltung dies ihrerseits nicht tut.

Alles in allem: ein weiterer Schritt auf einem sicherlich schwierigen Weg. Angesichts der gestiegenen Zinsen, wie auch der Baukostensteigerungen wird eine Umsetzung der politischen Ziele ambitioniert sein. Angesichts des Wohnungsbedarfs in Freiburg und der Region sind wir jedoch nach wie vor der Meinung, dass wir erfolgreich sein können. Lassen Sie uns zusammenstehen und das Beste für Dietenbach anstreben.

Ich danke für die Aufmerksamkeit.

Interfraktioneller Änderungsantrag

Rede von Maria Viethen Gemeinderatssitzung vom 31.01.2023