Interview

Deckungsvorschläge im Doppelhaushalt 2023/24

Tim, das ist jetzt dein siebter Doppelhaushalt. Wieso ist es den Grünen immer wichtig neben Mehrausgaben auch Deckungsvorschläge zu machen, um diese Mehrausgaben gegenzufinanzieren?

Noch immer hat die Stadt Schulden und in den letzten Jahren steigen die Schulden an. Es ist wichtig, dass auch künftige Gemeinderät*innen Handlungsspielräume haben, mit anderen Worten: Auch Finanzpolitik muss nachhaltig sein.
Es ist uns daher wichtig, dass wir nicht nur Mehrausgaben durch sinnvolle Fraktionsanträge verursachen, sondern auf der anderen Seite auch Deckungsvorschläge für diese Fraktionsanträge einbringen. Wir erwarten schließlich auch von der Verwaltung, dass sie auf die finanzielle Leistungsfähigkeit der Stadt achtet, dann sollten wir das auch selbst tun.

Stadtrat Timothy Simms (Bild: Britt Schilling)

Was sind denn Deckungsvorschläge überhaupt?

Damit sind Mehreinnahmen im Haushalt gemeint oder Minderausgaben durch Einsparungen. Zwei Beispiele aus dem Haushalt 2021/22: Da haben wir beantragt, die Anwohnerparkgebühren zu erhöhen – also eine Mehreinnahme. Und wir haben Stellenanteile beim Vollzugsdienst reduziert – also eine Minderausgabe/Einsparung. Das Problem bei Deckungsvorschlägen ist: Mehreinnahmen bedeuten, dass irgendjemand mehr zahlen muss, Einsparungen bedeuten, dass irgendjemand weniger Mittel/weniger Personal hat. Deshalb sind Deckungsvorschläge im Gegensatz zu Mehrausgaben, bei denen es oft leicht ist, Mehrheiten zu bekommen, oft unpopulär …

Welche Deckungsvorschläge habt ihr im aktuellen Haushalt gemacht?

Wir haben Mehrausgaben von 5,9 Mio. Euro beantragt. Und haben Deckungsvorschläge in Höhe von 6,20 Mio. Euro gemacht. Im Einzelnen: 1 Million Euro durch 5 zusätzliche Geschwindigkeitsmessstellen, 150.000 Euro durch die schnellere Ausweitung von Parkraumbewirtschaftung, 1,05 Millionen durch eine Erhöhung der Vergnügungssteuer auf Geldautomaten auf das Niveau anderer Städte wie Mannheim oder Breisach.

Dazukommen noch 2 Millionen jährlich Mehreinnahmen durch Verkehrskontrolle und Bußgelder. Dass hier seit Ende 2021 deutlich höhere Bußgelder verlangt werden, wurde auf Bundesebene beschlossen. Im Entwurf des Haushalts hatte man vergessen, dies zu berücksichtigen – das hat nämlich bereits im Jahr 2022 dazugeführt, dass mehr als 2 Millionen mehr eingenommen wurden. Die Verwaltung hat dann diesen Antrag auch selbst über die Änderungsliste weitgehend mit 1,5 Mio. Euro jährlich übernommen. 
Jetzt nach der Haushaltsverabschiedung können wir als Grüne zufrieden sagen: Mit erfolgreichen Deckungsvorschlägen sind alle Mehrausgaben in Kultur, Sozialem, Integration usw. seriös abgedeckt.

Wie findet man denn diese Deckungsvorschläge?

Zum einen muss man natürlich auch den Haushalt ganz genau durchlesen, denn nur dadurch kann einem ja auffallen, dass z.B. der Haushaltsansatz bei den Bußgeldern im Verkehr viel zu niedrig war.

Zum anderen hilft es auch regelmäßig die Zeitung zu lesen und sich Ideen, die sich daraus ergeben, irgendwo aufzuschreiben, wo man sie wieder findet.  Darauf, dass man die Vergnügungssteuer erhöhen könnte, sind wir bereits vor einem Jahr gestoßen, als über eine entsprechende Erhöhung in Breisach informiert wurde. 

Du hattest oben den Schuldenstand der Stadt angesprochen, wie wird es denn in den nächsten Haushalten weitergehen, irgendwann kann man ja auch nicht mehr durch Schuldenaufnahme oder Rücklagen den Haushalt ausgleichen?

Prognosen für die Zukunft sind ja immer schwierig. Um das strukturelle Defizit im laufenden Geschäft zu reduzieren, müssen wir Verwaltung und städtische Gesellschaften optimieren. Dafür gibt es ja eine eigenständige Projektgruppe zur Verwaltungsmodernisierung. Letztlich sind es zwei Dinge: Den Aufwand reduzieren durch das Schaffen von Synergien und besseren Strukturen, aber auch eine Aufgabenkritik. Und Einnahmen verbessern durch eine höhere Eigenbeteiligung der Bürger*innen. Wichtig für uns: gerade Gebührenerhöhungen oder Erhöhungen von Eintrittspreisen z.B. in Bädern oder im Theater müssen sozial gestaffelt sein. Dass eine Gebührenerhöhung trotz guter sozialer Staffelung aber immer unpopulär ist, hat man an der Debatte über die Kitagebühren gesehen.