Stadtrat: „Eines der spannendsten Ehrenämter in dieser Stadt“

Oberbürgermeister Martin Horn verabschiedet am 25.07.2023 Jan Otto aus dem Gemeinderat. Foto: Patrick Seeger, Stadt Freiburg

Anlässlich seines berufsbedingten Ausscheidens hat sich Jan Otto mit einer Rede in der Sitzung am 25.07. vom Gemeinderat verabschiedet. Auch wir blicken sowohl mit Freude über die verantwortungsvolle neue Aufgabe als auch Wehmut über sein Ausscheiden aus der Fraktion auf den Abschied und sagen: „Danke Jan“!“

„Es muß das Herz bei jedem Lebensrufe
Bereit zum Abschied sein und Neubeginne,
Um sich in Tapferkeit und ohne Trauern
In andre, neue Bindungen zu geben.
Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne,“

Ich freue mich sehr, genau in einer Woche meine neue Stelle im Amt für Schule und Bildung anzutreten – und doch schwingt auch Wehmut mit, den Gemeinderat zu verlassen. Einerseits weil ich den Auftrag der Bürger*innen dieser Stadt, also das Resultat der Kommunalwahl nicht bis zum Ende ausfüllen werde und andererseits auch weil Stadtrat zu sein sicher eines der spannendsten Ehrenämter in dieser Stadt ist.

Stadtrat Jan Otto (Bild: Britt Schilling)

Ich habe in den letzten 4 Jahren unglaublich viel gelernt, im Austausch mit neuen und erfahrenen Kolleg*innen, in Kontakt mit Verwaltung, Bürger*innenschaft und Institutionen. Ein Kollege hat es mal in ein schönes Bild gefasst: als Stadtrat kann jeder Tag der „Sendung mit der Maus Türöffner Tag“ sein. Überall in dieser Stadt arbeiten Menschen mit Herzblut daran die Gesellschaft zusammenzuhalten und unsere Stadt voranzubringen, diese Menschen kennenzulernen, ihre Ideen zu diskutieren und ihre Arbeit zu unterstützen war mir immer eine große Freude und ich glaube auch, dass gerade dieses direkte Vor-Ort-Sein neben den Pflichten der Sitzungsteilnahme etc. elementar ist, um dieses Ehrenamt auszufüllen.

Dies führt aber auch direkt in eines der größten Problemfelder: Die Vereinbarkeit – und ich meine hier explizit nicht nur die Vereinbarkeit von Ehrenamt und Familie – sondern ebenso die Vereinbarkeit mit normaler Erwerbsarbeit aber auch Hobbies und vielem anderen, was das Leben reicher macht. Ich fürchte eine Patentlösung dazu gibt es nicht, die vielen Runden die wir in unserer eigenen Fraktion aber auch interfraktionell und mit der Verwaltung gedreht haben, zeugen davon, dass wir alle das Problem bemerken, aber noch keine Lösung gefunden haben. 

Ich möchte die Chance aber auch nutzen noch einige inhaltliche Punkte anzureißen, die uns gemeinsam beschäftigen werden: 

  • Rechtsanspruch Kinderbetreuung: Freiburg ist für eine westdeutsche und vor allem südwestdeutsche Stadt sehr weit was die Versorgung mit Plätzen angeht und doch stehen uns hier neben dem Arbeitskräftemangel auch noch einige bauliche Themen bevor. Auch wenn viele hier lieber über Gebühren und deren Höhe streiten. Wir gewinnen und verlieren bei diesem Thema aber auch nur gemeinsam mit guten strukturellen Weichenstellungen in den Haushalten und darüber hinaus. Das Konnexitätsproblem, dass der Bund immer wieder Rechtsansprüche einführt und die Kommunen dann oft im Regen stehen lässt, ist ja hinlänglich bekannt.
  • Berufliche Schulen: ich habe in meiner letzten regulären Rede hier im Haus schon vieles Grundsätzliches gesagt aber getreu dem Motto „tue Gutes und Rede darüber“, kann man glaube ich nicht häufig genug darauf hinweisen, welche wertvolle Arbeit an unseren beruflichen Schulen geleistet wird und ich bin froh und dankbar, dass wir gemeinsam im letzten Haushalt einen wichtigen Schritt in die richtige Richtung gegangen sind. Jeder investierte Euro wird hier eine große gesellschaftliche Dividende bringen.
  • Und wie könnte es anders sein: der zukünftige Projektleiter Ganztagsschulausbau für Kinder im Grundschulalter hat natürlich auch noch 1-2 Worte zu den Grundschulen auf dem Herzen: Wenn ich mich an unsere strittigen Debatten im Bildungsbereich der letzten 4 Jahre erinnere, erinnere ich mich an sehr viel Gymnasium und auch wenn diese Schulform ebenso ihre Berechtigung hat, sind unsere Gymnasien dann doch nicht der Ort wo Bildungsgerechtigkeit für alle Schüler*innen verhandelt wird – denn auf den Anfang kommt es an: wenn es weiterhin nicht gelingt die Zahlen der Kinder, die die Grundschule ohne die basalen Fähigkeiten und Fertigkeiten wie Lesen, Schreiben und Rechnen verlassen, in den Griff zu bekommen und zu senken, dann können wir uns keine weitere G8/G9 Debatte leisten. Wir sind alle gefragt, unsere Grundschulen so aufzustellen, dass uns niemand verloren geht und ich glaube das ist auch Konsens hier im Haus. Der Ganztag kann – und das zeigen auch die einschlägigen wissenschaftlichen Untersuchungen – ein wichtiger Baustein sein, ist aber natürlich auch kein Allheilmittel. Ich freue mich schon auf das gemeinsame Ringen um gute Lösungen und als Nebenfachsoziologe hoffe ich natürlich stets auf den Habermas’schen zwanglosen Zwang des besseren Arguments 😉

Aber um sie und euch nicht länger von der Sommerpause fernzuhalten komme ich zum Schluss: 

Ich bedanke mich für die vergangenen 4 Jahre bei Ihnen allen aber insbesondere auch bei meiner Frau für ihre Geduld, ich wünsche euch allen gute Nerven beim Jonglieren aller Anforderungen und dem Einsatz für das hier vielbeschworene „Stadtbeste“.