„Ob die mit der Sonntagsöffnung verbundenen Hoffnungen eingelöst werden – wir sind skeptisch!“

Stadtrat Timothy Simms (Bild: Britt Schilling)

Im Jubiläumsjahr 2020 wird es einen verkaufsoffenen Sonntag geben. Das hat der Gemeinderat beschlossen und die Grüne Fraktion hat dem mehrheitlich zugestimmt. In seiner Rede begründet Stadtrat Timothy Simms, warum die Fraktion uneinheitlich abgestimmt hat und merkt an, dass andere Maßnahmen für den Handel wichtiger wären.

Rede von Stadtrat Timothy Simms zu TOP 8 der Gemeinderatssitzung vom 3.3.2020

Sehr geehrter Oberbürgermeister Horn,
Sehr geehrte Damen und Herren,

Zuletzt war das Thema verkaufsoffene Sonntage 2012 auf der Tagesordnung. Damals ging es darum – in gewisser Weise als Entschädigung für die Sperrungen im Rahmen des Besuches des damaligen Papstes Benedikt – einen verkaufsoffenen Sonntag zu ermöglichen. An den grundsätzlichen Argumenten für bzw. gegen verkaufsoffene Sonntage im allgemeinen hat sich in den letzten acht Jahren wenig geändert, aber was seinerzeit sicherlich auch eine Rolle gespielt hat: Der Gemeinderat sollte hier im Nachhinein einem Versprechen, das die Verwaltung wohl dem Handel gegeben hatte, zustimmen. Stadträte machen so etwas ungern, sie entscheiden lieber frei. Ich habe seinerzeit – wie auch die überwältigende Mehrheit der damaligen Grünen Fraktion – gegen die Sonntagsöffnung gestimmt. Heute werde ich – wie auch die Mehrheit meiner Fraktion für die Sonntagsöffnung stimmen. Warum?

Die grundsätzlichen Argumente gegen eine Sonntagsöffnung haben sich nicht geändert und sie sind gewichtig. Der arbeitsfreie Sonntag ist ein hohes Gut in unserer Gesellschaft und eine zivilisatorische Errungenschaft, die die Gewerkschaften erstritten haben. Zahlreiche Stellungnahmen gegen eine Sonntagsöffnung – vom Einzelbürger, der eine Sonntagsöffnung aus religiösen Gründen ablehnt, bis zu Betriebsräten großer Warenhäuser wie Karstadt, Kaufhof und H&M – unterstreichen das.

Aber – so wenden manche ein: Sonntagsarbeit gibt es doch schon! Dass es immer auch Menschen gibt für die es aufgrund der herausragenden Bedeutung ihrer Berufe fürs Sicherheit und Leben – man denke an Krankenpflege, Medizin, Feuerwehr und Polizei – keinen arbeitsfreien Sonntage gibt, ist ein schwaches Gegenargument. Auch dass zahlreiche Berufe in Unterhaltung, Kultur und Gastronomie auch Sonntagsarbeit kennen, muss nicht bedeuten, dass man das auf weitere Branchen ausdehnt. Und dass das Internet 24 Stunden an 7 Tagen in der Woche geöffnet ist, trifft ja nicht nur den Handel.

Auch in unserer Fraktion schätzen wir den arbeitsfreien Sonntag hoch, für manche meiner Fraktionskolleginnen kommt daher eine Zustimmung nicht in Frage und für viele andere gilt: Ja, eine einmalige Öffnung im Jubiläumsjahr können wir unterstützen, nicht aber generell verkaufsoffene Sonntage jedes Jahr.

Trotz dieser guten Argumente wird eine Mehrheit unserer Fraktion für einen verkaufsoffenen Sonntag im Jubiläumsjahr stimmen. Denn der stationäre Handel in Freiburg ist unter Druck. Nicht nur durch den Onlinehandel. Auch die zahlreichen Umbaumaßnahmen in den letzten zehn Jahren, von der Schienenerneurung am Bertholdsbrunnen bis zur Umgestaltung des Rotteckrings haben dazu geführt, dass Freiburg im Umland als Einkaufsstadt deutlich an Boden verloren hat.

Patentlösungen gibt es sicherlich nicht, vielmehr muss jeder einzelne Händler eine eigene Strategie finden, um von den Chancen, die eine Verzahnung von online- und stationärem Handel bietet, zu profitieren. Unbestritten ist, dass der stationäre Handel darauf angewiesen ist, sich mit seinen Erlebnisqualitäten stärker darzustellen. Verkaufsoffene Sonntage gelten in vielen Städten ein erfolgreiches Mittel hierzu. Und so fordert auch der Handel seit Jahren fast schon gebetsmühlenhaft die Sonntagsöffnung. Ob die damit verbundenen Hoffnungen eingelöst werden – wir sind skeptisch!

Es ist uns aber wichtig, dem Handel bei einer seiner zentralen Forderungen das Signal zu geben: Ihr seid uns wichtig für eine lebendige Innenstadt und im Jubiläumsjahr kommen wir Euch entgegen, in dem wir diese langjährige Forderung erfüllen. Denn der stationäre Handel zahlt im Gegensatz zum Internethandel lokal Steuern und schafft lokal Arbeitsverhältnisse. Der Internethandel aber basiert stark auf prekären und schlechten Arbeitsbedingungen und belastet stark Verkehrswege mit entsprechenden Emissionen.

Wichtiger als der verkaufsoffene Sonntag werden andere Maßnahmen sein, die unsere Innenstadt attraktiver machen und damit auch das Einkaufen in Freiburg. Neue Ideen sind gefragt. Meine Kollegin, Nadyne Saint-Cast lädt nächste Woche zu einer Veranstaltung zur City-Logistik ein. Das wäre doch ein toller Service, die Einkäufe mit dem Lastenrad nach Hause geliefert zu bekommen! Viele Städte haben Stadtkümmerer oder City-Manager: gemeinsam mit Einer Stadt für Alle, FDP/BfF und Freien Wählern haben wir im Aufsichtsrat der FWTM beantragt, hierzu dieses Jahr Konzepte vorzulegen. Und gemeinsam mit FDP und CDU haben wir beantragt, dass ein gemeinderätlicher Wirtschaftsausschuss eingerichtet werden soll, damit solche für die Stadt wichtigen Fragen öffentlich diskutiert werden und nicht nur in nicht-öffentlichen Aufsichtsräten. 

Der einmaligen Sonntagsöffnung stimmen wir mehrheitlich zu.