„Klare Planungssicherheit!“

Im Rahmen der regionalen Schulentwicklung sollen auch duale Ausbildungsgänge aus Freiburg verlagert werden. Unsere Stadträtin Vanessa Carboni begründet in ihrer Rede, dass dies aus Gründen der Planungssicherheit und Qualitätssicherung leider unumgänglich ist.

Rede von Stadträtin Vanessa Carboni zu TOP 6 der Gemeinderatssitzung vom 30.1.2024 – Regionale Schulentwicklung – Abgabe von dualen Ausbildungsgängen an Beruflichen Schulen an andere Landkreise

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Bildungsbürgermeisterin Buchheit,
liebe Kolleg:innen,
liebe Gäste,

und was studierst du? Diese Frage begegnet jungen Menschen gerade hier in Freiburg oft. Dabei ist dies nicht der einzige Weg zu seinem Traumjob. Ganz im Gegenteil. Nur 14% haben studiert und einen akademischen Abschluss– die Mehrheit der Menschen in Deutschland macht also eine Ausbildung! Ich komme aus einer Handwerkerfamilie und bin die erste in der Familie, die an der Uni war. Ich weiß also wovon ich rede – ich bin da die Ausnahme. Meine Familie hat ihre Ausbildungszeit geliebt!

Stadträtin Vanessa Carboni (Bild: Britt Schilling)

Und deswegen war es mir persönlich ein Herzensanliegen in dieser Wahlperiode alle 8 Freiburger Berufsschulen zu besuchen. Ich habe einen Einblick bekommen, wie Schülerinnen und Schüler praxisnah unterrichtet werden, sich auf Berufsabschlüsse vorbereiten und eine Ausbildung bekommen, die sich an neusten Standards orientiert. Das Duale Ausbildungssystem, welches wir in Deutschland haben, ist ein absolutes positives Alleinstellungsmerkmal- auch das Ausland beneidet uns darum.

Die Berufsschulen stehen vor großen Herausforderungen. Die Arbeitswelt ist in einem rapiden Wandel – ich nenne beispielhaft die Digitalisierung -, neue Berufsfelder entstehen, andere gibt es nicht mehr oder müssen angepasst werden und gleichzeitig sinkt die Zahl der Auszubildenden.

Insgesamt werden im ganzen Regierungsbezirk 210 Berufe ausgebildet. Über die Hälfte davon (109) in der Stadt Freiburg. Die Florist:innen, die Hauswirtschafter:innen, und der Bereich Medientechnologie Druck, und die Mehl- und Fleischberufe sind in Freiburg bzw. den Landkreisen von Schließungen bedroht. Mit dem Ziel, die ausreichende Zahl an Schüler:innen und Schüler zu erreichen, um eine Schließung von Ausbildungsgängen zu vermeiden und Ressourcen zu bündeln hat sich das Regierungspräsidium auf den Weg gemacht der Regionalen Schulentwicklung und nach Lösungen geschaut. Ich kann mir vorstellen, dass das keine einfache Aufgabe und keine einfachen Verhandlungen mit den Landkreisen waren. Denn niemand gibt gerne ab.

Ich möchte anhand zwei Hauptpunkten erklären, wieso meine Fraktion den Vorschlag der Verwaltung schweren Herzens mitträgt:

Planungssicherheit: Aktuell ist es so, dass man erst am Anfang des Schuljahres den Azubis sicher mitteilen kann, ob der Ausbildungsgang aufgrund der Zahlen vom Regierungspräsidium geschlossen und verlagert wird (Stichwort Organisationserlass). Das bedeutet eine große Unsicherheit für alle Beteiligten. Schulen, Kammern, Ausbildungsbetriebe und die Auszubildenden selbst können nicht sicher planen, wo beschult wird. Wir bevorzugen klare Planungssicherheit. Lieber sicher sein, dass in der Region Südbaden die Ausbildung verlässlich an einem Ort stattfindet als das Risiko einzugehen, den Ort kurzfristig wechseln zu müssen. Lieber planen können statt unvorbereitet auf kurzfristige Schließungen reagieren zu müssen.

Qualität vor Nähe: Auch wenn bisher schon an jedem Standort für sich genommen es einen hohen Ausbildungsstandard gibt, bringt die neue Möglichkeit auf lange Sicht Ressourcen zu bündeln und an einem Standort Kompetenzzentren auszubauen und Mittel gezielt einsetzen. Durch die Bündelung eines Ausbildungsganges an einen Standort erhöhen sich die Schüler:innen-Zahlen.  Klappklassen, die das Regierungspräsidium nicht mehr zulassen will, können so vermieden werden. Die Qualität des Unterrichts erhöht sich, da er passgenau auf den Ausbildungsgang zugeschnitten ist. Natürlich bedeutet das für einige der Auszubildende erst einmal eine längere Anfahrt zur Schule. (Für viele Berufe findet das auch schon statt: wie zum Beispiel für die Buchhändler:innen, die entweder in Stuttgart oder Heidelberg zur Schule gehen, wenn sie in Freiburg eine Ausbildung machen.) Durch Blockunterricht soll das Pendeln reduziert werden und ein kompakteres Lernen möglich sein. Die Unterbringung im Wohnheim fördert die Eigenständigkeit und das Gemeinschaftsgefühl. Der positive Nebeneffekt: die Fehlzeiten verringern sich.

Unser Wunsch ist es: anzuerkennen, dass hier versucht wird, Resultate in der, und für die Region zu finden. Wir bedauern natürlich auch, dass Ausbildungsgänge in Freiburg wegfallen. Eine Bündlung von Ausbildungsgängen, wie sie die Verwaltung vorschlägt ist aber notgedrungen der richtige Weg für unsere Region. Nur so haben wir Planungssicherheit und eine hohe Qualität für die langfristige Zukunftssicherung unserer beruflichen Bildung in der Region. Wir tragen deshalb den Vorschlag der Verwaltung schweren Herzens mit.

Abschließend sei noch zu sagen, dass uns allen hoffentlich auch klar ist, dass die wirklichen Lösungen größer gedacht werden müssen, als die nun zu beschließende Verlagerung weniger Ausbildungsgänge. Meiner Meinung nach braucht es eine großangelegte Ausbildungsoffensive – am besten bundesweit. Wir brauchen den offenen Austausch und müssen die Menschen – die jungen Menschen – abholen, um Ausbildungszahlen wieder zu erhöhen und so dem Fachkräftemangel in vielen Bereichen entgegentreten zu können! Lassen Sie uns Ausbildung wieder sexy machen! Berufliche Bildung und das Handwerk sind ganz zentral: Für den Klimaschutz, bei der Integration von Geflüchteten, für lebendige Städte und für den gesellschaftlichen Zusammenhalt.

In diesem Sinne, lassen Sie uns mit Aristoteles schließen:
(Aus)Bildung ist der beste Reiseproviant für die Reise zum hohen Alter.

Vielen Dank!